Netflix "Made in Poland" "1983": Erste polnische Netflix-Serie feiert Premiere
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03. Dezember 2018, 12:49 Uhr
Die erste polnische Thrillerserie "1983" hat am 30. November ihre weltweite Premiere bei Netflix gefeiert. Was wäre, wenn der Eiserne Vorhang nie gefallen wäre? "1983" zeigt Polen als kommunistischen Staat nach einem Terroranschlag im titelgebenden Jahr. Und es steht eine weitere Netflix-Produktion mit polnischen Wurzeln in den Startlöchern: Die Hexer-Saga "The Witcher".
Polen kann Netflix
Mit "1983" hat der amerikanische Streaming-Anbieter Netflix nun auch die erste polnische Originalserie im Programm. Seit dem 30. November flimmert die Serie weltweit in über 190 Ländern über die Bildschirme. Die erste Staffel startete vorerst mit acht Folgen. Polen will sich jetzt mit "1983" als TV-Nation international aufstellen.
Horrorszenario: Ein Polen ohne "Solidarność"?
Was wäre, wenn der Eiserne Vorhang in Polen nie gefallen wäre? Die Thrillerserie "1983" spielt im Jahr 2003 in einer alternativen Realität und zeigt Polen als kommunistischen und repressiven Polizeistaat.
In Polen herrscht weiterhin der Kalte Krieg. Genau 20 Jahre zuvor, im titelgebenden Jahr "1983", stoppte ein großer Terroranschlag in Warschau, Danzig und Krakau die polnische Freiheitsbewegung und verhinderte den Zusammenbruch der Sowjetunion.
Der deutsche Serientrailer von "1983" zeigt Aufnahmen aus der Luft, wie riesige Stalinbauten einstürzen und sich die polnische Hauptstadt in Schutt und Asche verwandelt. Man könnte behaupten, "1983" sei Polens "9/11". Wer das Attentat geplant und ausgeführt hat, erfährt der Zuschauer nach und nach, wenn der in Ungnade gefallene Polizist Anatol und Jurastudent Kajetan über eine Verschwörung stolpern und sie aufzudecken beginnen.
Während Robert Więckiewicz den Polizisten als resignierten Zyniker spielt, schlüpft Maciej Musiał in die Rolle des jungen Studenten und energischen Idealisten. Auf den Straßen Warschaus, wie in den Köpfen der Bürger, herrscht Tristesse.
Düstere Kommunistendystopie als Erfolgsrezept?
Als Filmkulisse dienten für die Thriller-Serie ausschließlich polnische Städte wie Warschau, Breslau und Danzig. Gedreht wurde an über 180 Schauplätzen, darunter im Schloss Fürstenstein im niederschlesischen Stadtteil "Książ". Die Filmarbeiten haben rund 150 Schauspieler und 5.000 Statisten begleitet.
Talentiere Schöpfer: Inszeniert wurde die Serie mitunter von der preisgekrönten polnischen Regisseurin Agnieszka Holland und ihrer Tochter Kasia Adamik. Für Regisseurin Holland ist die Zusammenarbeit mit Netflix nicht neu.
Holland inszenierte bereits zwei Folgen des Polit-Thrillers "House of Cards". Tochter Kasia Adamik sorgte mit "Wataha" bereits 2013 für einen Überraschungs-Serienerfolg aus Polen. "Wataha" handelt von Mord, Fremdenfeindlichkeit und dem rauen Leben an der polnischen Ostgrenze zur Ukraine. Die zweite Staffel, die 2017 beim Pay-TV-Sender HBO lief, wurde in 19 Länder verkauft. Mit "1983" hat Konkurrent Netflix noch größere Ziele.
Als TV-Seriennation hat sich Polen international bislang noch nicht groß hervorgetan. Mit "1983" soll sich das ändern. Und es kommt noch mehr: Netflix dreht an einer weiteren Großproduktion mit "polnischen Wurzeln" namens "The Witcher".
The Witcher-Bücher werden zur Netflix-Serie
Die Netflix-Serie "The Witcher" (polnischer Originaltitel: Wiedźmin) basiert auf der erfolgreichen, gleichnamigen Buchreihe des polnischen Autoren Andrzej Sapkowski. Darin besteht der Hexer Geralt von Riva diverse Abenteuer in einem von Zwergen und Drachen bevölkerten Fantasy-Universum.
PC-Spiel erobert die Welt
Den globalen Durchbruch schaffte "The Witcher" durch eine Computerspiele-Adaption. Seit dem Verkaufserfolg von "The Witcher 3" ist auch das Interesse an den Büchern massiv gestiegen. Sapkowski kündigte bereits an, neue Romane des Hexers zu verfassen.
Die Spielereihe der Warschauer Entwicklerfirma "CD Projekt Red" avancierte seit ihrer Erstveröffentlichung 2007 zum Publikums- und Kritikerliebling. So hält der 2015 veröffentlichte dritte Teil der Reihe "The Witcher 3 - Wild Hunt" den Titel des meistprämierten Spiels aller Zeiten.
Für das Computerspiel vergab die Fachpresse 251 Preise, auch den des "Spieles des Jahres". Inklusive Erweiterungen wurde die Witcher-Trilogie weltweit mehr als 33 Millionen Mal verkauft.
Netflix entdeckt Osteuropa
Nun will Netflix mit seiner "The Witcher" Serienadaption den Welterfolg auf seine Eigenproduktion-Angebote, die sogenannten "Netflix Originals" übertragen und die Hexer-Saga verfilmen. Im Auftrag von Netflix produziert die polnische Firma "Platige Image" die englischsprachige Serie "The Witcher".
Die Fantasyserie wird in Ungarn gedreht, wie Erik Barmack, Vice President of Original Series bei Netflix bestätigte. Auch wenn sich viele Fans sicherlich gewünscht hätten, dass die Abenteuer des Hexers Geralt von Riva in Polen gedreht werden würden.
Denn Polen hat als Filmkulisse so einiges zu bieten, unter anderem die tiefen Wälder, die vielen pittoresken Ritterburgen oder die Großen Masurischen Seen. Zudem hat Polen eine florierende und preisgekrönte Filmwirtschaft. Erst 2013 gewann das Drama "Ida" einen Oscar als bester fremdsprachiger Film.
Ungarn: Netflix Mekka?
Doch auch Ungarn bietet eine entsprechende Alternative: Die ungarische Hauptstadt hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wahren Mekka für große Hollywood-Produktionen entwickelt.
Aktuell dreht Will Smith seinen futuristischen Actionfilm "Gemini Man" dort. Das Land diente bereits als Kulisse für Filme wie "Blade Runner 2049", "Atomic Blond" und "Bad Spies".Außerdem kommt das steuerlich günstige Filmfördersystem den Filmproduzenten für internationale wie für ungarische Projekte zugute.
Netflix dominiert
Unterdessen wird gerade Polen nicht nur als Produktions-, sondern auch als Vermarktungsgebiet interessant. Nach Angaben von "Ampere Analysis" Statistik nutzen in Polen derzeit rund 760.000 User das Netflix-Angebot. Durch die neuen Hochglanzserien "Made in Poland" dürfte sich die Nachfrage noch verstärken. Nach Einschätzung von "screenlovers.pl" soll die Nutzerzahl von Netflix 2019 die "1 Million Marke" knacken.
Über dieses Thema berichtete MDR KULTUR auch im: Radio | 08.05.2017 | 07:40 Uhr