Solar Valley Q-Cells oder vom Ende eines Märchens
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11. April 2012, 13:33 Uhr
2001 bauten vier Kreuzberger Solarenthusiasten in Sachsen-Anhalt eine Solarfabrik. 2007 war sie der weltweit größte Solarzellenproduzent und acht Milliarden Euro wert. Ihr Name: Q-Cells. 2009 kam die Krise und nun wurde das Unternehmen an einen südkoreanischen Investor verkauft.
Bis vor wenigen Jahren hätte sich die Geschichte des Solarzellenherstellers Q-Cells als ein modernes Märchen erzählen lassen. Ein Märchen von drei Ingenieuren, die in ihrer kleinen Solarzellenfirma in Berlin-Kreuzberg an der Realisierung eines Menschheitstraumes arbeiteten - dem von einer nie zu Ende gehenden grünen Energie. Gut 20 Jahre später setzten sie mit sechzigtausend Euro Eigenkapital in Thalheim bei Bitterfeld (heute Stadtteil von Bitterfeld-Wolfen) eine Fabrik auf einen Acker. Vierzig Arbeiter stellten im ersten Jahr gerade einmal soviel Solarzellen her, dass sich mit ihnen ein Dorf versorgen ließ. Nur sechs Jahre später, 2007, beschäftigte Q-Cells 2.300 Mitarbeiter, galt als größter Solarzellenproduzent weltweit und wurde an der Börse mit acht Milliarden Euro gehandelt. Um die Produktionsstätten von Q-Cells herum, im ehemaligen Chemiedreieck der DDR, entstand das sogenannte "Solar Valley", das "Sonnental", eines der wirtschaftlichen "Leuchttürme" im Osten Deutschlands.
"Scheiß auf den Kommerz. Lass uns was Richtiges machen!"
Begonnen hatte alles 1978 in Westberlin, als Reiner Lemoine mit einigen Gleichgesinnten das "sozialistische Ingenieurskollektiv Wuseltronik" ins Leben rief. Lemoine, der ein bisschen wie John Lennon aussah, hatte Luft- und Raumfahrttechnik an der FU Berlin studiert; er war Marxist und entschiedener Atomkraftgegner. Aber nur dagegen zu sein, war ihm zu wenig. Im "Ingenieurskollektiv" beschäftigten sie sich mit der Gewinnung von Wind- und Sonnenenergie – wegweisende Arbeiten für die spätere Solarbranche.
1996 gründete Lemoine gemeinsam mit Holger Feist und Paul Grunow die Firma "Solon", in der sie Solarmodule herstellten. Doch Kapital fehlte, die gefertigten Stückzahlen blieben gering. Zwei Jahre später beschloss Lemoine, in größerem Stil Solarzellen zu produzieren, um seinem Traum von einer Welt, die ihre Energie aus der Sonne bezieht, näher zu kommen. Eine kleine Fabrik mit etwa vierzig Mitarbeitern stellte er sich vor. "Scheiß auf den Kommerz", sagte er damals, "lass uns was Richtiges machen!" Um "was Richtiges" in die Welt setzen zu können, brauchten er und seine beiden Mitstreiter allerdings Geld. Viel Geld. Zwölf Millionen Euro etwa. Sie holten sich Anton Milner, einen ehemaligen McKinsey-Manager ins Boot, und gerieten 1999 in das anhaltische Dorf Thalheim.