Energieversorgung heute Über die Druschba zur Gazprom
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15. Juni 2011, 15:15 Uhr
Auch nach dem Ende der DDR wurde die Gastrasse in der Sowjetunion weitergebaut. Heute bezieht Deutschland 40 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland.
Die vereinbarte Gas-Trasse in der Sowjetunion wurde auch nach dem Ende der DDR weitergebaut. Die Hoheit hatte jetzt das Bundeswirtschaftsministerium. "Wir haben ein riesiges Projekt vorgefunden, das voll lief: 10.000 Leute auf den Baustellen, ein Alkohol- und Bierkonsum von ein bis zwei Tanks, also große Lastzüge, pro Tag, eine eigene Infrastruktur, im großen Umfang Transportleistungen in die UdSSR und etwas, was viel Geld kostete", erinnert sich Dr. Herbert Junk, damals Referatsleiter für Verkehrspolitik und Bundesbeteiligungen im Bundeswirtschaftsministerium.
"Ich habe am Anfang, als ich das Projekt übernahm, von Bundesmitteln pro Monat über 100 Millionen DM Auszahlungen unterschrieben und wusste offen gesagt nicht, was ich da unterschrieben habe. Das haben wir dann erst im Nachhinein klären können. Also wirklich eine ganz, ganz ungewöhnliche Aufgabe für ein Ministerium, wie man sie, glaube ich, nur bei der Wiedervereinigung bekommen kann. Das war auch faszinierend."
Erst 1993 war das Trassenprojekt beendet
1993 waren die Verträge, deren Übernahme die Bundesrepublik zugesagt hatte, mit den letzten Arbeiten an der Trasse abgeschlossen. Fast 25.000 DDR-Bürger hatten an den beiden Trassen gearbeitet, am Ende waren es noch ganze zehn. Und nicht jeder wollte zurück in eine unsichere Zukunft im wiedervereinten Deutschland - und kehrte an die Trasse zurück. So auch der Chemnitzer Peter Barth, der in den Achtzigerjahren an der Erdgastrasse gearbeitet hatte: "Die Herzlichkeit und die Freude bei den Menschen hier, die ist noch irgendwo vorhanden. In Deutschland regiert immer mehr der Frust. Ich bin selten in Deutschland, aber immer wenn ich mal da bin, von Mal zu Mal wird der Frust größer."
Russisches Gas für den Westen
Die bestehenden Trassen wurden von der Sowjetunion und nach deren Auflösung durch Russland in die Privatisierung von Staatseigentum übergeben. Als zentraler Gasversorger etablierte sich letztlich die Gazprom, nachdem missliebige Konkurrenten mit Hilfe der Politik und Justiz ausgeschaltet waren.
Gazprom betreibt Trassen aus DDR-Zeit
Öl und Gas sind die zentralen Rohstoffe Russlands für den Weltmarkt geworden. Die Explosion der Energiepreise ist das Rückgrat des wirtschaftlichen Aufstiegs in den letzten Jahren. Dabei hat die Gazprom sich als echter Global Player am Weltenergiemarkt etabliert, zumal sie das alleinige Recht zum Gasexport aus Russland per Gesetz erhalten hat. Die alten Trassen aus Sowjetzeiten werden von einer Tochtergesellschaft der Gazprom betrieben – der "Permtransgaz". Sie verwaltet auch die Trassen, die die DDR gebaut hat.
Deutsche Gründlichkeit - pannenfreie Trassenabschnitte
Viktor Tschitschelow ist der Generaldirektor der "Permtransgaz". In der MDR-Produktion "Die Jahrhunderttrasse - Gas um jeden Preis" von 2004 zeigt er auf die Karte Russlands und sagt lachend: "Alles meins!" Und meint 10.000 Kilometer Erdgastrasse, durch die dreimal so viel Gas fließt wie Deutschland im Jahr importiert. Tschitschelow erzählt, wie sie sich damals über die pedantisch planvolle Arbeitsweise der Deutschen gewundert haben. Gleichzeitig lobt er die Qualität ihrer Arbeit. Noch nie sei es an den Abschnitten, die die DDR-Trassenbauer errichtet haben, zu einer Havarie gekommen.
Energierohstoff als politisches Druckmittel
Die Gasweiterleitung war zu Sowjetzeiten durch die Dominanz Moskaus nie gefährdet. Aber seit der Auflösung des Ostblocks kam es immer wieder zu Unterbrechungen von Gaslieferungen gen Westen: Aufgrund politischer Streitigkeiten mit Weißrussland und seit 2006 immer wieder der Ukraine und Russland wegen Streits um die Höhe des Ölpreises. Die letzte Unterbrechung der Gaslieferungen gab es vom 07. bis 20. Januar 2009. In der EU wurde daraufhin verstärkt diskutiert, sich endlich von der Abhängigkeit der russischen Energieexporte zu lösen.
Ausbaupläne: Pipeline durch die Ostsee
Ein zentraler Punkt der russischen Ausbaupläne des Pipelinenetzes stellt die geplante "Nordstream"-Leitung vom russischen Wyborg ins deutsche Greifswald quer durch die Ostsee dar. Damit könnte der Anteil des russischen Gases an der deutschen Gasversorgung von 40 Prozent auf 60 Prozent steigen. Kritiker vermuten, dass Russland damit vor allem missliebige Transitländer wie Polen, Weißrussland und die Ukraine langfristig ausschalten will. Die Pipeleine, die unter Beteiligung deutscher Firmen wie der BASF und E.ON Ruhrgas AG errichtet werden soll, wird laut Gazprom ab 2012 Erdgas nach Deutschland liefern.