Thomas Dienel: Von der FDJ in den braunen Sumpf

05. Januar 2016, 09:32 Uhr

Thomas Dienel gehört zu den umtriebigsten Personen des ostdeutschen Rechtsextremismus Anfang der 90er-Jahre. Sein Weg führte von den Jungen Pionieren über die "Deutsche Sex-Liga" in die NPD. Später gründet Dienel seine eigene "Deutsch-Nationale Partei" (DNP) in Thüringen, die fester Bestandteil des neonazistischen Netzwerkes um Michael Kühnen wird.

Im Gegensatz zu westlichen Neonazis bedient sich Thomas Dienel immer sozialistischer Anleihen, die er geschickt in seine rechtsextreme Propaganda einbaut. Beleg hierfür ist unter anderem das Parteiprogramm der DNP, dass Dienel maßgeblich geprägt hat. In ihrem Programm fordert die DNP, die "Gewinne der Industrie, die Profite aus der produktiven Arbeit unter der Arbeitnehmerschaft zu teilen" und "deutsche Arbeitnehmer in Wirt­schaftsgesellschaften und deren Gewinnausschüttungen einzubeziehen." An anderer Stelle sagt die DNP "der Wohnraum- und Mietspekulation" den Kampf an. Die antikapitalistische Ideologie ist gepaart mit offenen Rassismen. So habe der Mensch durch die "von ihm erdachte Vermischung von Arten und Rassen zu deren Ausrottung beigetragen". Nur konsequent erscheint, dass im Anschluss an die DNP-Gründungsversammlung im sächsischen Wechselburg die Hakenkreuzfahne aufgezogen und mit Hitlergruß gegrüßt wird. Das Programm der militant-extremistisch ausgerichteten DNP widmet sich auch ausführlich der Bekämpfung politischer Gegner. Als "Hauptfeinde" nennt die Gruppe "Kommunisten, Stalinisten, Bolschewisten, Anarchisten und Autonome". 

Zur Bekämpfung ihrer politischen Gegner bildet die DNP ein sogenanntes Sicherheitsamt, das folgende Aufgaben hat:
Aufklärung der PDS, marxistischen Gruppen und Zellen, Anarchisten und Autonomenszene Öffentlichmachung ihrer führenden Köpfe Ausschaltung dieser führenden Köpfe und besonders gewaltbereiter Gruppen
     
  Quelle: DNP-Programm, S. 7

Vom Agitator zum V-Mann

Thomas Dienels Karriere in Thüringens Neonazi-Szene dokumentiert einen rasanten Radikalisierungsprozess. Während die NPD, der er zeitweise als Thüringer Landesvorsitzender angehörte, sich noch bemühte, mit Wahlen politische Veränderungen herbeizuführen, steht die "Deutsch Nationale Partei" (DNP) Dienels für eine besonders aggressive Form des Neonazismus. 1992 trainieren Anhänger auf einem Truppenübungsplatz bei Erfurt den Sturm auf Asylbewerber und Ausländerunterkünfte mit selbstgebastelten Sprengmitteln und anderen Waffen. Wegen seiner rassistischen und antisemitischen Agitation wird Dienel 1992 zu zwei Jahren Haft verurteilt. Der damalige Bundesinnenminister Rudolf Seiters beantragt damals vor dem Bundesverfassungsgericht, Dienel wegen seiner nachhaltigen Hetze die bürgerlichen Grundrechte  abzuerkennen, nämlich die, seine politische Meinung zu verbreiten, an politischen Versammlungen teilzunehmen und sich wählen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht lehnt den Antrag jedoch ab. Wegen einer angeblich guten Sozialprognose setzt das Oberlandesgericht Jena die Haftstrafe wegen Volksverhetzung 1995 zur Bewährung aus.

Später sorgt Dienel noch einmal als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes für Schlagzeilen. Als bezahlter Informant besucht er das Landesamt für Verfassungsschutz von Januar 1996 bis August 1997 insgesamt 93 mal. Als V-Mann "Küche" soll er insgesamt rund 22.000 D-Mark Spitzellohn und rund 6.800 D-Mark für "Essensaufwendungen" erhalten haben.