Im Glanz einstiger Erfolge: Russlands Nationalelf
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15. November 2018, 10:42 Uhr
Einst galt die sowjetische Fußballnationalelf als eine der besten der Welt. Ihre größten Erfolge feierte sie in den 60er- und 70er-Jahren. Bei der WM 1966 in England wurde sie Vierter. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR ging aber der Glanz der "Sbornaja" verloren. Heute spielt Russland in Leipzig in einem Freundschaftsspiel gegen Deutschland.
In der Sowjetunion galt Fußball nicht gerade als das Maß aller sportlichen Dinge - diese Rolle nahm eindeutig Eishockey ein. Hier konnten die Auswahlmannschaft, die "Sbornaja", und mit ihr auch die Kommunistische Partei, Erfolge feiern. Die stärksten Gegner waren neben Kanada und der ČSSR die USA - umso wertvoller waren hier die Siege. Und da umgekehrt im Fußball die Nordamerikaner zweitklassig waren, interessierte dieser Sport die Parteispitze in der UdSSR auch weniger, zumindest auf internationaler Ebene.
Fußball war beliebt in der UdSSR
Allerdings war Fußball unter der Bevölkerung durchaus beliebt und konnte gut für den "inneren Gebrauch" genutzt werden. Die Spiele boten ein Ventil für Leidenschaften und die Klubs eine gute Identifikationsfläche. Zumal fast jeder Klub einer Institution oder einem Produktionsbetrieb angegliedert war: Dynamo Moskau etwa war ein Polizeiklub, ZSKA gehörte zur Armee. Diese Klubs mussten auch nicht auf dem "Transfermarkt" um interessante Spieler buhlen, sie konnten sie einfach dienstverpflichten. Spartak Moskau dagegen war einer der wenigen "freien" Klubs, hatte auch die meisten Fans – und den leisen Ruch der Opposition.
Wildes Jahrzehnt
In den 1990er-Jahren veränderte sich alles. In Russland war gerade das wilde Jahrzehnt angebrochen, auch der Fußball musste sich nun den Gesetzen der Marktwirtschaft unterwerfen. In den allermeisten Fällen bedeutete das, den Gürtel enger zu schnallen. Die Klubs konnten teilweise keine Gehälter zahlen, von den heutigen Summen waren die Spieler damals sowieso Lichtjahre entfernt. Gehälter von mehreren Tausend Dollar galten schon als riesig.
Erfolge liegen weit zurück
Auch das Niveau der "Sbornaja" sank. Die Sowjetunion zerbrach und mit ihr auch die sowjetische Nationalmannschaft. 1992 wurde als deren Nachfolgerin die "Sbornaja" der Russischen Föderation neu gegründet. Die goldenen Jahre lagen weit zurück - 1960 mit einem ersten Platz sowie mehreren Zweitplatzierungen (1964, 1972, 1988) bei Europameisterschaften. Die Situation verbesserte sich lediglich in den 2000ern und erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt, als Russland unter Guus Hiddink die Niederlande schlug und das Halbfinale der EM 2008 erreichte. Dort schied die Mannschaft gegen den späteren Europameister Spanien aus.
Fußball und Politik
Unter Putin wurde der Fußball für politische Ziele wiederentdeckt. Schließlich ist der weltweit populäre Sport bestens geeignet, um Imagepflege zu betreiben. Auf Großereignisse wie Champions League oder internationale Turnieren blickt die Welt. 2005 übernahm der staatlich kontrollierte Konzern "Gazprom" die Mehrheit an Zenit St. Petersburg, dem Lieblingsklub von Putin und Medwedew. Heute zählt "Gazprom" außerdem Schalke 04, den serbischen Rekord-Meister Roter Stern Belgrad und Chelsea London zu seinen Partnern.
Putins Coup
Putins größter Coup war die Vergabe der WM 2018 an Russland: Im Lichte des FIFA-Korruptionsskandals galt diese Wahl zwar als umstritten, doch Russland konnte die Ausrichtung des Turniers nicht streitig gemacht werden. Die Korruption in der FIFA ist zwar im Zusammenhang mit der WM mittlerweile in den Hintergrund gerückt, allerdings ist im Vorfeld des Turniers immer wieder die russische Außenpolitik thematisiert worden – von der Krim-Annexion und dem Abschuss des Flugs "MH17" über der Ostukraine bis hin zu Vorwürfen im Zusammenhang mit mutmaßlich russischen Hackerangriffen weltweit. Am Ende war die WM ein großer Erfolg für Putin.
"Sbornaja" überraschte bei der WM
An einen Erfolg der russischen Nationalmannschaft hatte aber kaum einer geglaubt. Die "Sbornaja" hatte in den letzten sieben Spielen vor der WM keinen Sieg feiern können und war auf Platz 70 der FIFA-Weltrangliste abgerutscht. Doch es kam anders. Das russische Team begeisterte die russischen Fans und überraschte die internationale Experten. Erst im Viertelfinale schied das Team um Trainer Stanislaw Tschertschessow gegen Kroatien, den späteren Vizeweltmeister, im Elfmeterschießen äußerst unglücklich aus.
Über dieses Thema berichtete der MDR in:
MDR Aktuell | 29.05.2018 | 17:45 Uhr
MDR KULTUR | 14.06.2018 | 10:40 Uhr