16. November 1632 Lützen 1632 – Eine der blutigsten Schlachten im Dreißigjährigen Krieg
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30. Oktober 2024, 16:22 Uhr
Am 16. November 1632 treffen bei Lützen die Heere des Schweden-Königs Gustav II. Adolf und des kaiserlichen Feldherren Albrecht von Wallenstein aufeinander. Es ist nicht die größte, aber eine der blutigsten Schlachten des Dreißigjährigen Krieges. Ein brutaler Kampf, der keinen klaren Sieger, aber Tausende Verlierer kennt. 47 von ihnen werden 379 Jahre später in einem Massengrab gefunden.
Es ist eine Hölle aus Bleikugeln, Rauch, Blut, Kampflärm und Geschrei, in die die Söldner der Alten Blauen Brigade am 16. November 1632 geraten. Das schwedische Infanterieregiment kämpft im Zentrum der Schlacht bei Lützen mit Piken und Musketen gegen kaiserlich-katholische Fußtruppen, als es gegen 13 Uhr an seiner rechten Flanke von kaiserlicher Kavallerie attackiert wird. Viele der blau uniformierten Infanteristen werden von Kugeln aus Reiter-Pistolen und Karabinern tödlich getroffen, nicht wenige direkt in den Kopf. Bis 13:15 Uhr verliert das schwedische Regiment, das überwiegend aus Norddeutschen besteht, zwei Drittel seiner Männer. Die Reste der Blauen Brigade müssen sich zurückziehen.
Siegeslauf des Schweden-Königs
Die Blaue Brigade ist eine Eliteeinheit der schwedischen "Royal Armee", mit der König Gustav II. Adolf von Schweden im Juli 1630 in den Dreißigjährigen Krieg eintritt. Der selbsternannte Retter der Protestanten beendet die seit 1619 dauernde Siegesserie der katholischen Liga unter Kaiser Ferdinand II. gegen die protestantische Union. Bei Breitenfeld nördlich von Leipzig schlägt Gustav Adolf im September 1631 ein Heer unter dem kaiserlichen Feldherrn Johann T’Serclaes von Tilly vernichtend. Er marschiert nach Süddeutschland, plündert Bayern und bedroht von dort den Kaiser in Wien. Das treibt Ferdinand II. dazu, den im September 1630 nach Intrigen entlassenen kaiserlichen Generalissimus Albrecht von Wallenstein wieder zu reaktivieren.
Wallensteins Rückkehr
Wallenstein stellt ab Anfang 1632 in Böhmen ein großes Heer auf. Er bedroht nun die Verbindung des in München sitzenden Schweden-Königs in seine Heimat. Statt auf Wien zu marschieren, zieht Gustav Adolf mit 18.000 Mann wieder nach Norden. Bei Zirndorf nahe Nürnberg kommt es im September 1632 zum Kampf mit Wallensteins Heer. Die Schlacht endet in einem Remis. Doch der Nimbus der Unbesiegbarkeit des "Löwen aus Mitternacht", wie Gustav Adolf von der protestantischen Propaganda genannt wird, ist dahin. Er wendet sich nach Südwesten. Wallenstein hingegen zieht in das mit dem Schweden-König verbündete Sachsen. Dort sollen sich seine Truppen in Winterlagern schadlos halten. Als Gustav Adolf erfährt, dass Wallenstein sein Heer in Sachsen aufteilt, sieht er die Chance, seinen Kontrahenten in geschwächter Position zu schlagen. Er folgt ihm in Eilmärschen über Erfurt nach Sachsen.
Entscheidung vor Leipzig
Wallenstein versammelt daraufhin sein Heer 15 Kilometer südwestlich von Leipzig bei Lützen. Allerdings fehlen 3.000 Kavalleristen und 3.000 Infanteristen des Marschalls Gottfried Heinrich zu Pappenheim, die der Generalissimus zuvor nach Westen geschickt hatte. Als Wallenstein vom Anrücken Gustav Adolfs erfährt, befiehlt er Pappenheim "Cito citissime" – mit größter Eile – zum Hauptheer zurückzukehren. Als die Schlacht bei Lützen am Morgen des 16. November 1632 beginnt, fehlen die Pappenheimer jedoch. Wallenstein kann zunächst nur 17.000 Mann gegen 19.000 Schweden aufbieten. Er wählt eine defensive Aufstellung und besetzt Lützen und das dortige Schloss. Nördlich des von Lützen nach Leipzig verlaufenden Hohlwegs stellt er Infanterie und Kanonen auf. Die Kavallerie-Flügel platziert Wallenstein links und rechts um 45 Grad nach hinten abgewinkelt, wobei der linke Flügel sein Schwachpunkt ist.
Schweden entblößen ihr Zentrum
Gustav Adolf marschiert südlich davon auf: im Zentrum Infanterie und Kanonen, links und rechts die Reiterei. Starker Nebel verhindert einen frühen Angriff des Schweden-Königs. Erst um 10:30 Uhr rücken seine Infanterie-Brigaden im Zentrum vor.
Gegen 11:45 Uhr gelingt es Gustav Adolf mit dem rechten Kavallerie-Flügel nach Norden vorzustoßen. Ziel ist es, den schwächeren linken Flügel Wallensteins zu überflügeln. Doch dabei hebt die Kavallerie der Schweden die rechte Deckung ihrer im Zentrum kämpfenden Infanterie-Brigaden auf. In diese Lücke stoßen kaiserliche Kürassiere (Schwere Panzerreiter mit Pistolen) und berittene Arkebusiere (Leichte Reiter mit Karabinern) hinein. Sie greifen die schwedischen Brigaden, die im Gefecht mit den kaiserlichen Infanteristen an der Straße Lützen-Leipzig stehen, in deren rechter Flanke an.
Caracolla-Angriffe dezimieren Infanterie
Die kaiserlichen Kavalleristen wenden dabei vermutlich die sogenannte Caracolla an. Sie reiten in mehreren Reihen auf ihre Gegner zu, wobei jede Reihe ihre Radschlosspistolen und Karabiner auf die Schweden abfeuert, bevor sie Platz für die nächste Reihe macht. Die Folgen für die angegriffenen Infanteristen sind verheerend. Durch das Kreuzfeuer von vorn und aus der Flanke verlieren die schwedischen Infanterie-Brigaden in kürzester Zeit einen Großteil ihrer Mannschaften und müssen sich zurückziehen. Als letzte räumt die Blaue Brigade das Feld, nachdem nur noch jeder Dritte ihrer ursprünglich 1.200 Söldner am Leben ist.
Gustav Adolfs Tod in der Schlacht
Gustav Adolf entgeht nicht, dass sein Zentrum zu kollabieren droht. Während sein rechter Kavallerie-Flügel noch immer versucht, Wallensteins linken Flügel einzudrücken, reitet er mit einer Schwadron Smålander-Kavallerie in Richtung Zentrum. Der kurzsichtige König gerät im dichten Nebel in die vorderste Kampflinie und wird von einer Musketenkugel am Arm getroffen. Kurz darauf trifft ihn die Pistolenkugel eines kaiserlichen Kürassiers in den Rücken. Sein Pferd geht durch, er stürzt und verfängt sich im Steigbügel. Ein kaiserlicher Reiter soll ihn später gefunden und mit einem Kopfschuss getötet haben. Da ist es ungefähr 13 Uhr. Vieles am Tod des schwedischen Monarchen ist aber ungewiss. Fest steht nur, dass er ausgeplündert und später fast nackt auf einem Feld gefunden wird.
Angriff der Pappenheimer
Etwa zur selben Zeit greift der mittlerweile bei Wallensteins Heer angelangte Pappenheim mit seinen 3.000 Reitern den rechten schwedischen Kavallerie-Flügel an. Zwar wird der Marschall bei dem Angriff tödlich verwundet, doch können die kaiserlichen Reiter die schwedische Kavallerie auf dieser – östlichen – Seite des Schlachtfelds zurückwerfen. Zeitgleich gelingt es jedoch den Schweden, ihr Zentrum durch frische Brigaden zu stabilisieren und Wallensteins Truppen aus Lützen zu vertreiben. Der linke – westliche – Kavallerie-Flügel der Schweden unter Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar greift daraufhin den gegenüberliegenden rechten kaiserlichen Kavallerie-Flügel unter Wallenstein an. Doch in dem wilden Gefecht behalten die Kaiserlichen die Oberhand. Auch die schwedischen Infanterie-Brigaden im Zentrum werden erneut zurückgeworfen.
Kampf bis zur totalen Erschöpfung
Kurz nach 15 Uhr finden schwedische Soldaten die Leiche ihres Königs. Der Feldherr Dodo von Knyphausen ist für einen Abbruch der Schlacht, Herzog Bernhard hingegen peitscht die Schweden zu einem letzten wütenden Angriff an. Beide Seiten führen ihre letzten Reserven in die Schlacht. Als den Musketieren die Munition ausgeht, schlagen sie mit ihren Gewehrkolben aufeinander ein. Erst als es gegen 17 Uhr dunkel wird, lassen die Gegner allmählich voneinander ab. Nachdem am Abend auch die Pappenheimsche Infanterie am Schlachtfeld eintrifft, lässt Wallenstein seine abgekämpften Truppen gegen 22 Uhr nach Leipzig abmarschieren. Die Schweden räumen das Schlachtfeld am nächsten Morgen und ziehen nach Westen ins Winterquartier.
Schlacht ohne Sieger
Einen wirklichen Sieger hat die Schlacht bei Lützen nicht. Dafür zahlreiche Verlierer, die den Kampf um den rechten Glauben und die Macht in Deutschland und Europa mit ihrem Leben bezahlen. Schätzungsweise 6.000 bis 9.000 Gefallene bleiben auf dem Schlachtfeld von Lützen zurück. Es ist die lokale Bevölkerung, die die Toten einige Tage später vergraben muss. Die gefallenen Soldaten werden in Massengräbern unweit der Stellen verscharrt, an denen sie am 16. November 1632 hinweg gerafft wurden.
Massengrab der Blauen Brigade
Südlich der Straße von Lützen nach Leipzig entdecken Archäologen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt 379 Jahre später – also im Jahr 2011 – ein Massengrab mit 47 Toten der Schlacht. Archäologische Untersuchungen ergeben, dass die Männer zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen etwa 14 und 50 Jahren – die meisten aber zwischen 20 und 30 Jahren – alt sind. Mehr als die Hälfte weisen tödliche Schussverletzungen, 21 der Männer sogar Kopfschüsse auf.
Historische Aufzeichnungen und Rekonstruktionen des Schlachtverlaufs deuten darauf hin, dass die meisten der Männer der Alten Blauen Brigade angehörten, die in der Schlacht bei Lützen im Gebiet des späteren Massengrabs durch einen überraschenden Flankenangriff der kaiserlichen Kavallerie vernichtet wurde. Sie gehören damit zu jenen gut 800 meist deutschen Söldnern dieses schwedischen Regiments, die hier um die späte Mittagszeit des 16. November 1632 in einer Hölle aus Bleikugeln, Rauch, Blut, Kampflärm und Geschrei ihr Leben aushauchten.
Literatur
- Nicklisch, Nicole und Frank Ramsthaler, Harald Meller, Susanne Friederich, Kurt W. Alt: The face of war: Trauma analysis of a mass grave from the Battle of Lützen (1632), Studie in PLOS ONE 2017.
- Schmidt, Georg: Der Dreißigjährige Krieg, München 2018.
- Wilson, Peter H.: Lützen 1632: Die berühmteste Schlacht des 30-jährigen Krieges, Berlin 2021.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. Oktober 2024 | 14:45 Uhr