Widerstand zur NS-Zeit: Frauen gegen Hitler
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03. August 2022, 15:03 Uhr
Beim Stichwort Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus fällt in der Regel der Name von Sophie Scholl und der Widerstandsgruppe "Weiße Rose". Dabei haben viele andere Frauen genau wie Sophie Scholl ihr Leben im Widerstand gegen die Nazis riskiert. Doch viele Namen und ihre Geschichten waren und sind, wenn überhaupt, oft nur regional bekannt.
Warum (weiblicher) Widerstand nicht erzählbar war
Weiblicher Widerstand wurde lange nicht näher beleuchtet. Da ist die Fokussierung beim Stichwort Widerstandskämpferin auf Sophie Scholl. Ihre Schwester Inge schreibt 1952 ein Buch über ihre Geschwister Sophie und Hans und nennt es die "Weiße Rose". Im Wesentlichen zwar eine Familiengeschichte, aber gleichzeitig das erste Buch, das deutschen Widerstand gegen das NS-Regime schildert. Die Taten der Frauen, die zum Beispiel in Hamburg im Kreis der "Weißen Rose" Leib und Leben riskierten, wurden erst später öffentlich: Zum Beispiel die von Margaretha Rothe, Magarete Mrosek, Hannelore Wilbrandt, Traute Lafrenz, Maria Leipelt, Katharina Leipelt oder Ilse Ledien.
Außerdem fällt die Würdigung vieler Hitler-Gegnerinnen in den Nachkriegsjahren ideologischen Aspekten zum Opfer: Frauen und Widerstand, Frauen, die sich in Politik einmischen und eine eigene Meinung haben - das waren Frauenbilder, die - egal, ob während oder nach dem Krieg - einfach nicht zusammenpassen: Nicht nur Hitler hatte betont,
Ein Frauenzimmer, das sich in politische Sachen einmischt, ist mir ein Greuel
und die Aufgabe der Frau so dekliniert: "Die Frau hat die Aufgabe schön zu sein und Kinder zur Welt zu bringen." Dieses Weltbild ist mit dem Ende der Nazi-Zeit nicht einfach so verschwunden.
Dass viele Widerstandskämpferinnen in der Erinnerung der Bundesrepublik nach dem Krieg nicht beachtet werden, liegt unter anderem auch an deren privater politischer Meinungsbildung und Geschichte. Etliche stammten aus sozialistischen Elternhäusern, waren in kommunistische Jugendgruppen hineingewachsen oder gehörten der Sozialistischen Arbeiterpartei an. Solche Lebensläufe taugten in Zeiten des Kalten Krieges nicht in die westdeutsche Widerstandsbetrachtung. - Und nicht zuletzt wurden viele der Widerstandskämpferinnen in der Geschichtsschreibung zwar schon erwähnt - aber meist als eine Art Appendix, als "Frau, Verlobte, Freundin von", ohne dass ihre Handlungen tatsächlich erzählt und gewürdigt wurden.
Falscher Lebenswandel
Nicht aus ideologischen Gründen erzählbar war die Geschichte der Hedwig Porschütz. Sie rettete unter Lebensgefahr jüdische Verfolgte und versorgte sie durch riskante Schwarzmarktgeschäfte mit Lebensmitteln. Ihre "Kriegswirtschaftsverbrechen" brachten sie schließlich ins Gefängnis. Ihr Antrag auf "Anerkennung als politisch Verfolgte" wurde nach dem Krieg mit Hinweis auf ihren Lebenswandel abgelehnt, die Anerkennung als politisch Verfolgte sei ein Ehrendokument und Porschützs' dafür ungeeignet. - Bekannt wurde hingegen Bürstenfabrikant Otto Weidt, mit dem Porschütz oft gemeinsame Sache machte. Er beschäftigte, versteckte und rettete in seiner Werkstatt – unterstützt von einem losen Helferinnenkreis – zahlreiche blinde und gehörlose Juden.
Die Frauen der "Roten Kapelle"
Auch in Berlin gibt es viele Frauen im Widerstand, die ihr Leben für den Schutz Verfolgter aufs Spiel setzen. "Rote Kapelle" nannten die Nazis den losen Verbund von Widerständlern und kleinen Gruppen in Berlin, der sich um die Ehepaare Harnack und Schulze-Boysen gebildet hatten. Sie halfen Verfolgten, besorgten Lebensmittelkarten, dokumentierten die Verbrechen des NS-Regimes und gingen mit Flugblättern an die Öffentlichkeit. Ihr bekanntester Aufruf ist die "Agis"- Schrift, ein deutlicher Aufruf zum Widerstand an alle Deutschen. Als die Nazis den losen Verbund aufdecken, diskreditieren sie die Widerständler als Spione der Sowjetunion. Von den 150 Mitstreitern werden mehr als 50 ermordet, darunter 19 Frauen.
In der DDR werden sie später als Helden verehrt, in der Bundesrepublik gelten Wiederstandskämpfer in den 50er-Jahren dagegen als "Verräter". Allen voran verunglimpft von Manfred Roeder. Er hatte als "Generalrichter" etliche Mitglieder der Roten Kapelle zum Tode verurteilt und war nach Kriegsende in der Bundesrepublik in ein bürgerliches Leben zurückgekehrt. In "FAZ" geißelt er die Widerstandskämpfer der "Roten Kapelle" im April 1951 als "gemeine Landesverräter und Spione": Darunter auch Frauen wie Maria Terwiel, Mildred Harnack, Cato Bontjes van Beek, Eva-Maria Buch, Hilde Coppi, Liane Berkowitz, Libertas Schulze-Boysen, Erika Gräfin von Brockdorff oder Greta Kuckhoff, die bis 1958 in der DDR Präsidentin der Deutschen Notenbank ist.
Frauen im Widerstand - öffentlich gewürdigt
In der Öffentlichkeit haben in den vergangenen Jahren viele Frauen aus dem Widerstand ihren Platz gefunden - ob als Namensgeberin für Schulen, für Straßen oder Plätze. Auf Stolpersteinen, die ins Gehwegpflaster eingelassen sind oder in Lebensläufen verschiedenster Form im Internet ist ihr Widerstand gegen Hitler dokumentiert.