Älteste Turmuhrenfabrik Deutschlands: Herr der Zeiten
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20. Dezember 2019, 12:52 Uhr
Deutschlands älteste noch bestehende Turmuhrenfabrik befindet sich in Leipzig. Bundesweit gibt es insgesamt nur noch elf weitere Unternehmen in diesem Bereich. Doch die Bernhard Zachariä GmbH ist das Ur-Gestein unter den Uhrfabriken. Aus ihrer Hand stammt beispielsweise die Uhr vom alten Leipziger Rathaus.
Bei ostdeutschen Traditionsunternehmen der Uhrmacher denken viele sofort an Glashütte. An Menschen in weißer Kleidung, die sich Lupen vors Auge klemmen und über Miniaturmechanismen beugen. Aber nicht weniger präzise arbeitet Frank Blumrich in seinem Blaumann. In der Werkstatt in Abtnaundorf, im Nordosten Leipzigs, hält er Deutschlands älteste noch bestehende Turmuhrenfabrik Bernhard Zachariä am Laufen. Im Grunde alleine. Nur ein einziger Mitarbeiter steht ihm noch zur Seite. Doch das war nicht immer so.
Solide Uhren von Anfang an
Christian Friedrich Zachariä eröffnete am 8. Mai 1808 in Leipzig seine Werkstatt der Uhrmacherei. Rund 30 Jahre später war er der offizielle Ratsuhrmacher der Stadt. Schnell erarbeitet sich Zachariä den Ruf, beständige und präzise Uhren anzufertigen. Der Glashütter Uhrmacher Moritz Großmann schreibt 1869 über Zachariä: "Jedoch will ich hier bemerken, dass ich Gelegenheit hatte, vor Jahren eine gute Uhr zu beobachten, welche von dem, als tüchtigen Uhrmacher bekannten Zachariä sen. in Leipzig gemacht worden war". Nur wenige Zeit später durfte die Turmuhrenfabrik den Titel "Königlich Sächsischer Hoflieferant" führen.
Wöchentliche Pflege mechanischer Uhren
Die Auftragsbücher füllten sich und so wurden 1866, unter Führung von Sohn Bernhard Zachariä, bereits jährlich 77 Turmuhren gefertigt. Im Laufe der Jahrzehnte stieg die Zahl der Mitarbeiter auf 25 sowie die Menge der Uhren auf 150 jährlich für Kirchen, Fabriken und Schulen. Bis heute werden noch acht dieser Uhren in Leipzig wöchentlich gepflegt. Frank Blumrich steigt dann früh in sein Auto und fährt zum ehemaligen Stötteritzer Rathaus oder der Ernst-Pinkert-Schule, um die Uhren von Hand aufzuziehen.
Turmuhrenmacher: Die Exoten der DDR
Seit 1981 ist der gelernte Fräser mit dabei. "Turmuhrenmacherei war in der DDR etwas Exotisches", erzählt der 59-Jährige. "Niemand wusste so genau, was wir machen und wo wir einzuordnen sind." Daher wurde Turmuhren-Zachariä dem Kombinat "Sport und Freizeit" zugeordnet, wodurch ihnen zumindest von der Staatssicherheit niemand auf den Zeiger ging. Mal eben mit dem Auto losfahren, dass ging damals auch nicht. "Wir hatten ein Spritkontingent. Wenn das alle war, blieben die Autos halt liegen." Wenn der Tank der beiden Firmenwagen – einem Moskwitsch und einem B1000 – leer waren, fuhren die Uhrmacher mit Bus und Bahn. Nicht nur an Sprit ranzukommen war damals abenteuerlich, auch Material für den Betrieb aufzutreiben, war langwierig. Fünf bis acht Jahre Wartezeit für Bronze, Kupfer oder Messing waren Standard.
Als die Wende dazwischenfunkte
Als die Wende kam, brach auch für den damals 30 Mann starken Betrieb eine andere Zeit an. "Viele Uhren wurden auf Funk umgestellt. Daher mussten wir die gesamte Produktion auf denkmalgeschützte und historische Turmuhren, Schlagwerke oder Glockenspiele umlegen", erzählt Blumrich. Im Laufe der Jahre musste der Betreib immer mehr Personal abbauen. "Die vergangenen zehn Jahre waren wir zu zweit."
Weltweit ticken Zachariä-Uhren
2006 wurde Bernhard Zachariä von der westdeutschen Turmuhrenmanufaktur Perrot als Muttergesellschaft übernommen. Allerdings agiert der Betrieb in Leipzig bis heute selbstständig. In der großen Lagerhalle hört alles auf Blumrichs Kommando. Da die Aufragsbücher voll sind, kann nun ein weiterer Mitarbeiter eingestellt werden. Die Uhren von Zachariä-Perrot werden weltweit verbaut. Erst vergangenen Monat war Blumrich in China, um beim Aufbau zu helfen.
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: MDR um 2 | 20.07.2018 | 14:00 Uhr