Lebensweg Wer war Henriette Goldschmidt?
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(1825-1920)
27. September 2010, 10:08 Uhr
Als Henriette Benas kam die spätere Sozialpädagogin Henriette Goldschmidt am 23. November 1825 im ostpreußischen Krotoschin zur Welt. Ihr Vater, ein jüdischer Kaufmann, weckte früh ihr politisches Interesse, indem er jeden Morgen am Familientisch aus der Breslauer Zeitung vorlas.
27jährig heiratete Henriette 1853 einen Neffen ihres Vaters, Dr. Abraham Goldschmidt. Der Prediger an der deutsch-jüdischen Gemeinde in Warschau war verwitwet und brachte drei Kinder mit in die Ehe. Weil ihr Mann eine Stellung bei der jüdischen Gemeinde in Leipzig annahm, siedelte die Familie 1859 dorthin um. Henriette Goldschmidt sah es als Schicksalsfügung an, ausgerechnet im "Schillerjahr" - 1859 feierte man den 100. Geburtstag Friedrich Schillers - einen Neuanfang zu wagen. Sie hatte schon als Elfjährige angefangen, seine Werke zu lesen.
Bildung für Frauen
So scheint es auch, als habe sie der Ausspruch Friedrich Schillers "Erkühne dich, weise zu sein" ermuntert, 1865 als Mitbegründerin des "Allgemeinen Deutschen Frauenvereins" aufzutreten, zusammen mit Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt, die sie in Leipzig kennen gelernt hatte. Im gleichen Jahr trat sie als die Organisatorin der "Ersten deutschen Frauenkonferenz" in Leipzig auf. Henriette Goldschmidt erkannte, dass der Weg zu mehr Bildung für Frauen in der Kultivierung frauenspezifischer Tätigkeitsbereiche lag. So bekannte sie sich 1870 zu den Erziehungsideen Friedrich Fröbels, der sagte: "Es ist das Charakteristische der Zeit, das weibliche Geschlecht seines nur instinktiven, passiven Seins zu entheben und es von Seiten seines Wesens und seiner Menschlichkeit pflegenden Bestimmung zu gleicher Höhe wie den Mann zu erheben!"
Derart motiviert rief sie die Leipziger Bevölkerung zur Gründung eines "Vereins für Familien- und Volkserziehung" auf, der am 10. Dezember 1871 ins Leben gerufen wurde und dessen Vorsitz sie übernahm. Im Namen des Vereins konnte Henriette Goldschmidt ein halbes Jahr später den ersten Volkskindergarten nach den Erziehungsmodellen Fröbels in der Querstraße 20 eröffnen. Weitere Kindergärten sollten folgen.
Wissenschaftliche Vorträge für Frauen
Immer wieder appellierte sie an die Frauen, aus ihrer Passivität herauszutreten. In diesem Sinn wurde 1874 mit einer Reihe wissenschaftlicher Vorträge für Frauen begonnen, die als Vorstufe des "Lyzeums für Damen" gesehen werden können, aus dem sich später die Leipziger Frauenhochschule zur Heranbildung von Lehrkräften für die sozialen und pädagogischen Berufsbildungsstätten entwickelte. Hunderte interessierter Frauen besuchten die Veranstaltungen. Ihre Beliebtheit erklärt sich besonders aus der Tatsache, dass Frauen von dem Besuch öffentlicher höherer Schulen ausgeschlossen waren. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es lediglich private und daher kostspielige oder auch minderwertige Fortbildungseinrichtungen. Das "Lyzeum für Damen" bot in erster Linie Bildung an, sowie die Möglichkeit einer späteren Erwerbstätigkeit als Kindergärtnerin.
Im 1889 erworbenen Vereinshaus in der Weststraße, der heutigen Friedrich-Ebert-Straße, lagen Unterrichtsräume, Kindergarten, Internat sowie die Wohnung Henriette Goldschmidts und Josefine Siebes, einer befreundeten Schriftstellerin, unter einem Dach.
1911: Die erste Hochschule für Frauen
Wegen des großen Andrangs drohte es bald zu eng zu werden. Doch aufgrund der Großzügigkeit des Musikverlegers Dr. Henri Hinrichsen erweiterte sich der Schaffensbereich Henriette Goldschmidts bald um das Grundstück Königstraße 18/20. Dort eröffnete 1911 die erste deutsche Hochschule für Frauen. Hier befanden sich unter anderem das "Seminar für Kindergärtnerinnen", das 1915 in "Fröbel-Frauen Schule" umbenannt wurde.
Im Eingangsbereich der Hochschule begrüßten den Eintretenden folgende Zitate: "Kommt, laßt uns unsern Kindern leben!" von Friedrich Fröbel und Goldschmidts: "Der Erziehungsberuf ist der Kulturberuf der Frau." Beides zu verbinden, war zeitlebens Henriette Goldschmidts Anliegen gewesen.
Seit 1991 trägt die ehemalige "Hochschule für Frauen Leipzig" den Namen "Fachschule für Sozialpädagogik Henriette Goldschmidt Leipzig" und befindet sich in der nach ihr benannten Goldschmidtstraße. Trotz Protesten aus der Bevölkerung wurde das Henriette-Goldschmidt-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße im Jahre 2001 abgerissen.