Felix Graf von Luckner: Vom Schiffsjungen zum Kapitän und "Seeteufel"

19. Oktober 2021, 12:34 Uhr

Mit 16 reißt er von zu Hause aus, um zur See zu fahren. Binnen 10 Jahren bringt er es vom Schiffsjungen zum Kapitän der Kaiserlichen Marine, der im Ersten Weltkrieg als "Seeteufel" gefeiert wird. Wer war dieser Felix Graf von Luckner, der die Stadt Halle 1945 vor dem Untergang gerettet haben will? Ein Porträt des Abenteurers lesen Sie hier.

Am 9. Juni 1881 auf dem Gut Pennrich bei Dresden geboren, wächst Felix bei seiner Großmutter Auguste in Halle auf. Die Luckners sind von altem Adel und haben sich schon mehrfach in der Geschichte hervorgetan. Felix' Ururgroßvater Nikolaus von Luckner kämpfte als Feldmarschall auf Seiten der Französischen Revolution. Ihm wurde die "Marseillaise" gewidmet! Mit seinem Ururgroßvater teilt Felix die Begeisterung für das Militär und die Lust auf Abenteuer.


Vom Ausreißer zum "Seeteufel"

Schon mit 16 Jahren reißt Felix von Zuhause aus. Er wird Schiffsjunge auf einem russischen Segler. Binnen zehn Jahren bringt er es zum Kapitän der deutschen Kaiserlichen Marine. Zum ruhmreichen Namen "Seeteufel" gelangt Luckner im Ersten Weltkrieg, als Kommandant des motorisierten Seglers "Seeadler". Im Kaperkrieg durchbricht er 1916 die englische Blockade in der Nordsee und schafft es, insgesamt 16 feindliche Schiffe aufzubringen - in alter Piratenmanier unter falscher Flagge und mit gefälschten Schiffspapieren. Sein ritterlicher Umgang mit den Kriegsgefangenen verschafft ihm Respekt und Anerkennung unter Freunden und Feinden.

Nach dem Ersten Weltkrieg beginnt Luckner in Halle seine zweite Karriere als Schriftsteller und wortgewandter Redner. Er nutzt seine Popularität und begibt sich, nachdem er seinen ersten Vortrag von seinen Abenteuern vor einem begeisterten Publikum in der Hallenser "Saaleschloß Brauerei" gehalten hat, auf Vortragsreisen durch die ganze Welt. Er liebt es, in der Öffentlichkeit zu stehen und weiß, seine Vorträge mit Seemannsgarn kräftig auszuspinnen. 1920 erscheint sein erstes Buch unter dem Titel "Seeteufel, Abenteuer aus meinem Leben". Aus dem Kapitän zur See wird der "Seeteufel" und ein Marketing-Stratege in eigener Sache, dem allerdings das Geschick in finanziellen Dingen fehlt. 1933 muss er nach dem Scheitern seiner Vortragsreise nach Deutschland zurückkehren.

Luckner fällt in Ungnade

Mit den Nazis versucht Luckners zunächst zu kollaborieren. Auch er, der populäre Volksheld, passt den neuen Machthabern gut ins Konzept. Er bekommt ein neues Schiff, die "Vaterland", und begibt sich auf Propagandatour für Hitler. Doch nutzt Luckner diese Reisen vorwiegend für seine privaten Interessen. Und er wird denunziert - wegen Ehebruchs, Inzests mit seiner Tochter Inga-Maria aus erster Ehe, die er aber nie anerkannte, da er nach eigenem Bekunden zeugungsunfähig war. Er soll sich an den beiden minderjährigen Töchtern seines Anwalts vergangen haben. Auch Freimaurerei wird ihm vorgeworfen. Es wird ein "Sonderehrengericht des Führers" einberufen. Der Kriegsausbruch 1939 rettet ihn. Aber Luckner fällt in Ungnade, darf nicht mehr öffentlich auftreten und seine Bücher werden verboten. Resigniert zieht er sich 1940 nach Halle zurück und führt ein unscheinbares Leben unter Auflagen, bis fünf Jahre später die große Stunde des Felix Graf von Luckner schlägt...

Nachdem Halle der Sowjetischen Besatzungszone zugeschlagen wird, zieht Luckner nach Schweden und 1952 nach Hamburg. Im Westen ehrt man ihn mit dem Bundesverdienstkreuz. Im Osten schweigt man ihn tot, lässt seine Wohnung in Halle räumen und wirft seinen Nachlass auf den Müll. 1966 stirbt Luckner im Alter von 85 Jahren.

Ingeborg Luckner, geb. Engström (1902-1973)

Ingeborg Engström lernt Luckner 1923 auf einer seiner Vortragsreisen kennen, heiratet den 21 Jahre älteren Grafen 1924 und bleibt bis an sein Lebensende an seiner Seite. Sie weiß um seine Übertreibungen, seinen Hang zur Selbstdarstellung und sein Faible für hübsche Frauen. Sie ist es auch, die bei seinen Vortragsreisen die Kasse führt, die Einnahmen zählt und verwaltet und so die Finanzen des verschwenderischen Luckner halbwegs zusammenhält.

Terry Allen (1888-1969)

Terry de la Mesa Allen senior wird 1942 als Befehlshaber der 1. Infanteriedivision der US-Truppen nach England geschickt. Im späteren Verlauf des Krieges befehligt er die als "Timberwölfe" bekannte 104. Infanteriedivision, die im April 1945 vor den Toren Halles steht, um die Stadt einzunehmen. Mit ihm verhandelt Luckner über eine friedliche Übergabe. Ein Wiedersehen der beiden gibt es Jahre später in der US-Show "This is your Life".