Olympia-Doku "Wir gegen uns" Teil 7: Von Wende und Wandel
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19. Juni 2013, 15:42 Uhr
Olympia 1988 im südkoreanischen Seoul und 1992 im spanischen Barcelona standen unter dem Eindruck sich verändernder politischer Kräfteverhältnisse zwischen Ost und West. Vom großen Wandel war der Sport zunächst unberührt, in Seoul dominierte der Osten noch klar. Doch den Wandel hin zum gemeinsamen Deutschland schafften nicht alle Sportler.
Seoul 1988: DDR klar besser als BRD
Zum ersten Mal seit zwölf Jahren nehmen in Seoul 1988 wieder beide deutschen Mannschaften an den olympischen Spielen teil. Was damals niemand weiß: Es ist das letzte Mal, dass beide Teams getrennt sind. Gerade die ostdeutschen Sportler zeigen sich inzwischen im Umgang mit ihren West-Kollegen von einer bis dahin unbekannten Seite. Waren sie bei früheren Auftritten verschlossen und zurückhaltend, sind die meisten DDR-Athleten in Südkorea wesentlich offener und selbstbewusster.
Das sportliche Kräfteverhältnis bleibt dagegen unverändert. Wie schon bei den Sommerspielen 1976 und 1980 schafft es die DDR mit 102 Medaillen, davon 37 Goldene, erneut in der Nationenwertung auf Rang zwei. Herausragende Athleten sind dabei die 6-fache Olympiasiegerin Kristin Otto, Mittelgewichts-Boxer Henry Maske und die dreifache Medaillengewinnerin Heike Drechsler.
Die Bundesrepublik gewinnt aufgrund der starken Konkurrenz des Ostblocks nur noch elf Mal Gold, 1984 in Los Angeles waren es noch 17 Goldmedaillen. Eine davon geht an Schwimmer Michael Groß. Der "Albatros" fliegt über 200m Schmetterling zu Gold und feiert seinen dritten Olympiasieg. Mit der 4x200m Staffel holt er außerdem die Bronzemedaille.
Barcelona 1992: Aus Gegeneinander wird Miteinander
Gut ein Jahr später fällt die Mauer und aus dem jahrelangen Gegeneinander wird ein Miteinander. Viele Experten sehen das wiedervereinte Land als Großmacht im Sport. Franz Beckenbauer steht mit seinem Zitat an der Spitze: "Deutschland ist mit den Spielern aus der ehemaligen DDR auf Jahre hinaus unschlagbar, tut mir leid für den Rest der Welt." Ein Irrtum. Der Übergang vom Staatssport zum dezentral geführten Sport in Vereinen und Verbänden, vom Zentralismus zur föderalen Selbstverwaltung, hat für fast alle Leistungssportler in der ehemaligen DDR fatale Folgen. Angst und Unsicherheit sind einer Rundumbetreuung gewichen.
Nur wenige Ostsportler nutzen ihre neuen Perspektiven. Eine Erfolgsgeschichte ist die von Henry Maske. Als Staatsamateur wagt er den Schritt in den Profibereich und krönt seinen Weg im Frühjahr 1993 sogar mit dem Weltmeistertitel. Auch Heike Drechsler meistert die Wende erfolgreich. Als Mitglied der ersten gemeinsamen deutschen Olympiamannschaft seit 1964 springt sie bei den Sommerspielen 1992 in Barcelona mit dem Bundesadler auf der Brust zu Gold.