Telefonat zwischen Helmut Schmidt und Erich Honecker "Die sollen Margarine essen, da werden sie nicht so fett davon"
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07. März 2018, 11:50 Uhr
Am Abend des 17. Oktober 1978 tauschen sich Helmut Schmidt und Erich Honecker am Telefon über Ernährungsgewohnheiten in Ost und West aus. Beide beklagen, dass die Leute viel zu viel essen und sich überhaupt ungesund ernähren. Das Gespräch der beiden Staatsmänner wirkt wie eine Satire. Aber es hat tatsächlich so stattgefunden.
Telefongespräch zwischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Staats- und Parteichef Erich Honecker am 17. Oktober 1978, um 20:30 Uhr.
Schmidt: Bei uns ist das Getreide an und für sich sehr gut. Wir haben wieder einmal zu viel von dem Zeug. Erst hatten wir zu viel Milch und zu viel Butter, und neuerdings haben wir auch noch auf anderen Gebieten zu viel.
Honecker: Nun ja, darüber kann man ja einmal reden, da wir zu wenig davon haben.
Schmidt: Habt ihr zu wenig?
Honecker: Butter haben wir genug, Fleisch auch. Aber was wir brauchen, ist Futter für das Vieh...
Schmidt: Butter haben Sie genug?
Honecker: Für die Ernährung haben wir genug.
Schmidt: Ich habe auch Sorge, unsere Butter ist zu teuer für euch.
Honecker: Nein, ich glaube nicht.
Schmidt: Wir haben entsetzliche Preise hier durch die EG.
Honecker: Die DDR exportiert selbst sogar Butter.
Schmidt: Euer Lebensstandard hat sicherlich einen sehr hohen Stand erreicht...
Honecker: Ja, einen sehr hohen Stand. Wir sind ziemlich gleich auf diesem Gebiet.
Schmidt: Bei uns müssen die Leute alle aufgefordert werden, weniger zu essen.
Honecker: Ja, wir möchten das auch machen, nur sie essen nicht weniger. Das schadet sogar der Gesundheit, nur essen sie trotzdem nicht weniger. Wir haben den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Butter in der Welt - 14 Kilogramm.
Schmidt: Ja, das ist zu viel, die sollen lieber Margarine essen, da werden sie nicht so fett davon.
Honecker: Natürlich, Margarine ist auch viel besser.
Schmidt: Ich fasse auch immer große Absichten und große Vorsätze, und dann werden die immer nicht ausgeführt.
Honecker: Ja, das ist so. Ich trinke auch Kaffee, obwohl er teuer ist. Wir geben allein 400 Millionen Mark in Devisen aus für den Kaffee, unwahrscheinlich. Früher hatte man kaum, mit Ausnahme der Sachsen, Kaffee getrunken.
Schmidt: Haben Blümchenkaffee getrunken.
Honecker: Kathreiners Malzkaffee.
Schmidt: Das ist vorbei. Da sind sie heute nicht mehr damit zufrieden.
(...)
(Aus: Heinrich Potthoff, Bonn und Ost-Berlin 1969–1982. Dialog auf höchster Ebene und vertrauliche Kanäle, Bonn 1997. Text zitiert nach DER SPIEGEL 36/94.)
Von 1978 an telefonierten Bundeskanzler Helmut Schmidt und Staats- und Parteichef Erich Honecker gelegentlich miteinander. Die Gespräche kamen stets nur schwierig in Gang. Man näherte sich einander über den Austausch von Banalitäten, Anekdoten und persönlicher Befindlichkeiten. Die Gespräche wurden sämtlich aufgezeichnet und 1997 veröffentlicht. 1981 trafen sich die beiden Staatschefs persönlich - beim Besuch von Helmut Schmidt in der DDR.
Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Aktuell" 23.12.2013, 21:45 Uhr