Lexikon Parteien der DDR
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Blockparteien
16. Februar 2010, 13:14 Uhr
Ein bisschen mehr Demokratie? Anders als in der Sowjetunion entstand in der Sowjetischen Besatzungszone ein Mehrparteiensystem. Und das war ein ganz eigenes Konstrukt.
Der antifaschistische demokratische Block
Im Juni 1945 rief die KPD die "feste Einheit aller antifaschistischen, demokratischen und fortschrittlichen Volkskräfte" zur "Schaffung eines Blocks der antifaschistischen demokratischen Parteien" auf, ein Aktionsprogramm wurde vorgelegt. Einen Monat später kam es in Berlin zur Bildung einer "Einheitsfront antifaschistisch-demokratischer Parteien", in der die KPD, SPD (dann gemeinsam als SED), CDU und LDP (Liberaldemokratische Partei) zusammengeschlossen waren. Dieser so genannte "antifaschistische demokratische Block" diente zunächst als Ersatz für nicht vorhandene parlamentarische Institutionen. Die gemeinsame Geschäftsordnung legte fest, dass Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden dürften.
Ein Mehrparteiensystem?
Dies führte bis 1948 zu Auseinandersetzungen, immer wieder stieß die SED bei CDU und LDP auf heftigen Widerstand. Gelöst wurde das Problem durch die Gründung zweier neuer Parteien, die in die Einheitsfront aufgenommen wurden: der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) und der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NDPD). Beide stärkten die Position der SED, indem sie deren Führungsanspruch von vornherein anerkannten und sich außerdem einer bislang der CDU und LDPD nahe stehenden Wählerschaft zuwandten. Zusätzlich wurde der FDGB mit beratender Stimme zugelassen. Damit war ein Mehrparteiensystem zwar formal gegeben, gleichzeitig aber auch die Führungsrolle der SED gesichert.
Blockparteien als demokratisches Alibi
In der weiteren Entwicklung waren die Blockparteien für die SED lediglich demokratisches Alibi. Ihre Rolle beschränkte sich darauf, die Politik der SED zu bestätigen und die ihnen zugewiesenen Wählergruppen für den von der SED geführten Aufbau des Sozialismus zu gewinnen. Die DBD sollte sich vornehmlich an Mittel- und Kleinbauern, die NDPD an ehemalige NSDAP-Mitglieder und konservativ eingestellte städtische Mittelschichten, die LDPD, wie sie sich seit 1952 nannte, an Handwerker, Einzelhändler und Gewerbetreibende richten.
Tatsächlich unterschieden sich die Programme der so genannten Blockparteien nur in Nuancen von dem der SED. In den wichtigsten Grundaussagen, dem sozialistischen Entwicklungsweg, der Anerkennung des Führungsanspruchs der SED und dem Bündnis zur Sowjetunion, gab es zwischen der SED und den vier anderen Parteien keine gegensätzlichen Aussagen. Die LDPD als Partei der Handwerker und Kleinunternehmer rührte während der letzten Enteignungswelle 1972/73 nicht den kleinen Finger für ihre Klientel, sondern machte sich zum Handlanger der SED. Die CDU-Funktionäre ergingen sich gern in Bekundungen zum christlich-marxistischen Dialog, taten aber nichts wenn christlichen Jugendlichen der Zugang zur Oberschule und zur Universität versperrt wurde. Die Funktionäre und Mandatsträger der Blockparteien wurden in der Kadernomenklatur des ZK der SED geführt. Ihnen standen paritätisch Posten und Ämter zu. Gern gesehen waren sie beispielsweise auf repräsentativen Positionen im Kulturleben. So demonstrierte die SED nach außen Liberalität und gab dabei nichts von ihrer Macht preis.
Viele Mitglieder der Blockparteien betrachteten ihre Mitlgiedschaft als tragbaren einen Kompromiß zwischen Unterordnung und Distanz. Sie dokumentierten dadurch staatsbürgerliche Loyalität, ohne sich mit allen Konsequenzen der Disziplin und der Ideologie der SED unterwerfen zu müssen. Auf kommunaler Ebene waren die Mandatsträger der Blockparteien oft bemüht, die Bürger bei der Lösung konkreter Probleme zu unterstützen. So blieb trotz aller Treuekundgebungen der Führungsgremien der Blockparteien seitens der SED immer ein gewisses Restmißtrauen bestehen.