Zum Tod von Hans-Joachim Wolfram Hans-Joachim Wolfram: "Bleiben Sie schön neugierig"
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02. Dezember 2021, 14:27 Uhr
Skurrile Erfindungen und sonderbare Zuschauerfragen – das war das Metier von Hans-Joachim Wolfram. Seine TV-Sendung "Außenseiter Spitzenreiter" war Kult.
Schon der Titel der Sendung war eine kleine Provokation – "Außenseiter Spitzenreiter". Außenseiter waren in der DDR nicht so gern gesehen. Was zählte, war das Kollektiv, die sogenannte "sozialistische Menschengemeinschaft". Und nun sollten sie, die Außenseiter, auch noch die Spitzenreiter sein? Das "Neue Deutschland" jedenfalls hatte da so seine Zweifel und kündigte die neue Unterhaltungssendung des Fernsehens der DDR lediglich unter dem Titel "Spitzenreiter" an. Das schien der nach Weltgeltung drängenden DDR angemessener zu sein. Binnen kurzem wurde die Sendung – "Neues Deutschland" hin oder her – jedoch zum Publikumsmagneten und selbst die Staats- und Parteiführung im fernen Wandlitz soll gelegentlich amüsiert zugesehen haben.
"Kundendienst für Neugierige"
Es war im Juni 1972, als die Redakteure des DDR-Fernsehens einen "Kundendienst für Neugierige" ins Programm hoben, der sonderbaren Zuschauerfragen nachgehen sollte: "Wie lange dauert 'Komme gleich wieder'?", "Wie schlafen Giraffen?", "Trinken Kühe Milch?" oder "Was haben Männer in ihren Aktentaschen?" Der "Kundendienst" bekam den Titel "Außenseiter – Spitzenreiter" und als Reporter und Moderator wurde der in der Fernsehlandschaft noch weitgehend unbekannte Hans-Joachim Wolfram verpflichtet, der bis dahin als Redakteur beim Rundfunksender Dresden gearbeitet hatte. Wolfram versuchte diese und ähnliche Zuschauerfragen zu beantworten. Überraschend tauchte er mit Kamera und Mikrofon in Betrieben und Wohnhäusern auf oder befragte Leute auf der Straße oder am Ostseestrand.
So fand er beispielsweise heraus, dass Männer meist nur Krimskrams in ihren Aktentaschen haben – alte Zeitungen, Schrauben und zerbrochene Zollstöcke -, oder er entdeckte bei seinen Streifzügen durch die Republik pfeifende Babys oder gar eine fernsehende Ziege ... Nicht selten kratzte Wolfram aber auch am Bild der allseits siegreichen DDR-Wirtschaft, wenn er etwa Klopapierrollen vermessen oder eine vierzig Meter lange Warteschlange vor einer Bäckerei einen Kanon anstimmen ließ: "Wachet auf, wachet auf, es krähet der Hahn".
Die Bastler und Tüftler im Mangelreich DDR
Doch Wolfram kümmerte sich auch und vor allem um die beträchtliche Gemeinde der Bastler und Tüftler im Mangelreich DDR. Er stellte - nicht selten höchst abenteuerliche – Gegenstände vor, die in mühevoller Arbeit im Hobbykeller entstanden waren. Viele dieser Gerätschaften waren einfach nur erheiternd oder skurril, einiges blieb in Erinnerung, wie zum Beispiel die "Villa Sachsenruh" – ein aufklappbares Dachzelt für einen Trabant, das in weniger als einer Minute einsatzbereit war.
Hintergründiger Humor
Hans-Joachim Wolframs "Kundendienst für Neugierige" zeichnete sich stets durch einen hintergründigen Humor und eine für das biedere DDR-Fernsehen ungewohnte Verschmitztheit aus. Er gilt zu Recht als eine der originellsten Erfindungen des DDR-Fernsehens. Nach dem Ende der DDR übernahm der MITTELDEUTSCHE RUNDFUNK Wolframs "Außenseiter Spitzenreiter". Ende 2011 schied Wolfram aus der Sendung aus - nach fast 40 Moderationsjahren.