Märchenhaftes, Ernstes und Heiteres aus dem Hause DEFA
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27. Februar 2020, 12:21 Uhr
Seit Generationen verzaubern DEFA-Märchenfilme Jung und Alt. Aus dem Haus des volkseigenen Filmstudios der DDR stammen 700 Spielfilme, 750 Animationsfilme sowie 2.250 Dokumentar- und Kurzfilme. Gerade um die Weihnachtszeit werden Filmklassiker wie "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel", "Der kleine Muck" oder "Das singende, klingende Bäumchen" gezeigt.
"Es war einmal..." ein volkseigener Betrieb mit dem Namen DEFA. Am 17. Mai 1946 überreichte der sowjetische Kulturoffizier Sergej Tulpanow in Babelsberg die Gründungsurkunde. Das war der Beginn der Deutschen Film Aktiengesellschaft (DEFA), die zunächst als sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft bestand. Ein neues Kapitel deutscher Filmgeschichte sollte geschrieben werden.
Abenteuer mit Frau Holle oder Väterchen Frost
Die Märchenfilme der DEFA, sie sind für Generationen Kult. Gerade zur kalten Jahreszeit zieht es die Familien vor den Fernseher um den Reisen des kleinen Muck zu folgen, Frau Holle, Pechmarie und Golmarie zuzusehen oder bei Väterchen Frosts Abenteuer im Zauberwald mitzufiebern. Das Studio für Spielfilme entstand auf dem alten UFA-Gelände. Die Animationsfilmproduktion, der populärwissenschaftliche Film und der Werbe- und Dokumentarfilm siedelten sich schließlich in Dresden, Babelsberg, Alt Nowawes und in Berlin an.
Ende der 80er-Jahre bestand die DEFA aus drei Bereichen: dem VEB DEFA-Studio für Spielfilme und Dokumentarfilme Berlin/Babelsberg und dem VEB Trickfilmstudio Dresden. Bis zum Ende der DDR produzierte die DEFA etwa 700 Spielfilme, davon etwa 160 für Kinder. Etwa 550 Filme entstanden für das Fernsehen. Insgesamt dreieinhalbtausend Künstler, Techniker, Handwerker und Angestellte beschäftigte die DEFA.
Antifaschismus wurde zu DEFA-Programm
Doch nicht nur Trick- und Spielfilme aus der Märchenwelt kamen aus dem Hause DEFA. Da die Kulturabteilung ZK auf die inhaltliche Arbeit der SED direkt Einfluss nahm, war oberste Anweisung, Filme über konkrete Zeitprobleme mit sozialer Wichtigkeit zu produzieren. Diese sollten der "UFA-Traumwelt" entgegen gestellt werden. Man wollte aufklären, die Menschen, die den Faschismus mitgetragen hatten, umerziehen. Antifaschismus wurde zum Programm der DEFA.
Bereits die ersten Filme entstanden zu diesem Thema: Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns" und Kurt Maetzigs "Ehe im Schatten". Auch später behandeln künstlerisch anspruchsvolle Filme dieses Thema: "Sterne" und "Ich war neunzehn" von Konrad Wolf, "Nackt unter Wölfen" und "Jakob der Lügner" von Frank Beyer.
Regisseure flüchten in die Vergangenheit oder den Westen
Die DEFA hatte als Staatsunternehmen den Auftrag, die Bürger für die gemeinsame Sache des Sozialismus zu motivieren. Das sollte einerseits mit historischen Propagandafilmen erreicht werden (Filme über Ernst Thälmann, Karl Liebknecht, Clara Zetkin) und andererseits mit geeigneten Gegenwartsstoffen gelingen. Gerade die Gegenwartsfilme, deren Drehbücher unzählige Male geprüft und korrigiert wurden, lassen das widerspruchsvolle Verhältnis von Kunst und Politik in der DDR erkennen.
Trotz aller Einschränkungen enthielten diese Filme auch immer eigene Erfahrungen und Wünsche der Zuschauer. Diese Filme waren Kassenschlager und führten jeweils zu Debatten auf Parteiebene. So kam 1957 Gerhard Kleins Film über junge Leute in der geteilten Stadt, "Berlin-Ecke Schönhauser", zwar noch in die Kinos, "Berlin um die Ecke" aber wurde verboten.
Zensur und Schikane: Eine schwere Zeit für Filmemacher
1965 fielen zehn Filme dem berüchtigten 11. ZK-Plenum der SED zum Opfer. Als einige Zeit später auch Frank Beyers legendärer Film "Spur der Steine" verboten wurde, begann für viele Filmemacher eine schwere Zeit: Die Flucht in die Vergangenheit oder die Flucht gen Westen schienen oftmals die letzten Auswege zu sein, einige versuchten sich beim Fernsehen der DDR, andere gingen ans Theater oder übernahmen ungeliebte DEFA-Projekte. Anfang der 70er-Jahre änderte sich der harte Kurs gegenüber den Filmautoren und Regisseuren. Man bediente sich nun subtiler Zensurmaßnahmen. Eingereichte Drehbücher wurden nun nicht mehr einfach abgelehnt, sondern diskutiert, aufgeschoben, geändert.
Das war langwierig und frustrierend, aber irgendwann wollten die Regisseure und Autoren ihre Filme doch auf die Leinwand bringen. Für die Freigabe eines Films war offiziell die "Hauptverwaltung Film" zuständig. Bei ideologisch nicht korrekt erscheinenden Filmen wurde die ZK-Abteilung Kultur konsultiert. Häufig sahen sich auch Politbüro-Mitglieder vorab einen Film an, um dann sofort eine Entscheidung zu treffen. Gegebenenfalls musste der Film noch in die gewünschte Richtung bearbeitet werden, bevor er in die Kinos kam.
DEFA ist die Abkürzung für "Deutsche Film-Aktiengesellschaft". Alle Unternehmen der Filmproduktion und des Filmverleihs in der DDR unterstanden einer zentralen staatlichen Leitung: dem Ministerium für Kultur, Hauptverwaltung Film. Die Hauptverwaltung nahm maßgeblich Einfluss auf die Filmproduktion und fungierte als "Zensurbehörde".
Hits mit Kopfschmuck: Indianerfilme als Kassenschlager
Zur Unterhaltung produzierte die DEFA die beliebten Indianerfilme. Anders als "Winnetou" hatten die sozialistischen Indianerfilme eine ideologische Absicht. Die Indianer waren gewissermaßen ein Spiegelbild der DDR: umzingelt von Imperialisten, die nur den Profit im Sinn haben und das um Gemeinschaft und Solidarität bemühte Volk am liebsten von der Landkarte verschwinden lassen würden. Andere Regisseure fanden mit Frauenfiguren die Möglichkeit, Aufrichtigkeit und das Recht auf Individualität zu thematisieren. So zum Beispiel Heiner Carow in seinem Kult-Film " Die Legende von Paul und Paula".
Am 1. Juli 1990 wurde die DEFA in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt und in Treuhandverwaltung überführt. 1992 kaufte der französische Konzern CGE das Spielfilmstudio der DEFA. Das Dokumentarfilmstudio wurde nach einer kurzen Übergangsphase in treuhänderischer Verwaltung aufgelöst.
Über dieses Thema berichtete MDR auch im TV: 29.09.2019 | 22:25 Uhr | MDR Zeitreise