1. August 1975 Helsinki-Schlussakte: Menschenrechte und Grundfreiheiten
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16. Februar 2010, 11:25 Uhr
Vor 45 Jahren, am 1. August 1975, unterzeichneten Vertreter von 35 Staaten aus Ost und West die Schlussakte der "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) in Helsinki. In den sozialistischen Staaten führte die Schlussakte später zur Gründung von Bürgerrechtsbewegungen, die Menschenrechte und Grundfreiheiten von den Machthabern einforderten.
Es war ein historisches Ereignis. Nach zweijährigen und außerordentlich zähen Verhandlungen wurde am 1. August 1975 die KSZE-Schlussakte in Helsinki unterzeichnet. Die insgesamt 35 Staaten, die die Akte unterschrieben, verpflichteten sich unter anderem zur Unverletzlichkeit der Grenzen, zur friedlichen Beilegung von Streitfällen, zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Überdies wurde ein möglichst enges Zusammenwirken der Staaten aus Ost und West bei den Themen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Umwelt vereinbart.
Friedliches Nebeneinander der Staaten
Dabei war die Schlussakte von Helsinki keineswegs ein völkerrechtlicher Vertrag, sondern vielmehr eine freiwillige Selbstverpflichtung der jeweiligen Staaten. Es war das erklärte Ziel der Schlussakte, den europäischen Ländern in Ost und West zu einem friedlichen und an gemeinsamen Regeln orientierten Miteinander zu verhelfen. Der Kalte Krieg mit all seinen üblen Folgen sollte erträglicher werden. In Helsinki, während der Unterzeichnung der Schlussakte, war es im August 1975 auch zu einer ersten Begegnung zwischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und SED-Chef Erich Honecker gekommen.
Die sozialistischen Staaten waren zunächst Nutznießer der Schlussakte
Für die sozialistischen Länder brachte die Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki vor allen den dringend benötigten Ausbau des Handels mit dem Westen. Dafür machten die Länder des Ostens enorme Zugeständnisse bei Fragen der Menschenrechte. Dass in der Schlussakte aber auch das Prinzip der "Nichteinmischung" in die inneren Angelegenheiten festgeschrieben war, kam den sozialistischen Staaten natürlich sehr gelegen. Denn nun konnte auf Forderungen des Westens nach mehr Freiheiten und Bürgerrechten in den Staaten des Ostblocks auf die Schlussakte von Helsinki und das Prinzip der "Nichteinmischung" verwiesen werden. Insofern schienen die sozialistischen Länder zunächst die eigentlichen Nutznießer der Schlussakte zu sein.
In den sozialistischen Ländern forderten die Menschen Grundfreiheiten
Es zeigte sich allerdings sehr bald, dass "Kapitel 7" der Schlussakte, in dem die "Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit" festgeschrieben war, für die Menschen in den sozialistischen Ländern eine immer größere Rolle spielte. Die Regierungschefs aus dem Osten hatten dieses Kapitel offensichtlich nicht allzu ernst genommen und seine Sprengkraft auf jeden Fall unterschätzt.
"Helsinki-Gruppen", "Charta 77" und Solidarność
Die Schlussakte führte nämlich schon bald zur Gründung zahlreicher "Helsinki-Gruppen" in der UdSSR, die von den Machthabern forderten, dass die Grundfreiheiten nun auch eingeführt werden müssen. Auch das Entstehen einer Bürgerrechtsbewegung in der DDR, der "Charta 77" in der Tschechoslowakei sowie der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność in Polen war direkt auf die Schlussakte von Helsinki zurückzuführen. Auf sie beriefen sich hinfort alle Oppositionellen in den osteuropäischen Staaten. Insofern ist der Zusammenbruch des Sozialismus und das Ende des Kalten Krieges auch untrennbar mit der Schlussakte von Helsinki verbunden.
Dieses Thema im Programm: MDR Aktuell TV | 15. Juli 2018 | 19:30 Uhr