Talkshows im Einheitsjahr 1989/90
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13. Oktober 2015, 14:14 Uhr
Politiker, Schriftsteller, Pfarrer, Wissenschaftler, Prominente aus Ost und West – sie alle haben sich 1989/1990 in zahlreichen Talk-Shows leidenschaftlich zur Deutschen Einheit geäußert.
Momentaufnahmen aus einer bewegten Zeit
1989 gibt es noch kein Privatfernsehen, keine geskripteten Shows, keine inszenierte Betroffenheit. Die Talkshow ist eine Mischung aus Politik, Unterhaltung und Kultur. Im Westfernsehen gibt es das Format schon lange, im Noch-DDR-Fernsehen betritt man damit Neuland. Zwölf Monate lang ist in den Formaten vor allem eine Frage vorherrschend: Was wird aus der DDR und ihren Bewohnern?
Bonmots aus den Talkshows
Im März 1990 schlägt Helmut Kohl den Beitritt der DDR nach dem alten Artikel 23 vor - dass hieße, DDR-Bürger dürften über die Wahlen mitbestimmen, was im Land geschieht. Modedesigner Wolfgang Joop äußert sich am 09. März 1990 in der Talkshow "Zeil um Zehn" im Hessischen Rundfunk dazu.
Sie sind natürlich vollkommen unerzogen, die Menschen in der DDR, selbst Verantwortung zu tragen.
Aber wer sind diese DDR-Bürger denn eigentlich? Entertainer Thomas Gottschalk entdeckt eine sehr wertvolle Eigenschaft und tut sie am 05. Mai 1990 in der Talkshow "Elf 99" kund.
Ehrlichkeit ist hier in Gesprächen sehr viel mehr vorhanden, als bei uns.
Auch als im Mai 1990 die Idee der Wiedervereinigung das Land spaltet, spiegelt sich der Respekt davor in den Talkshows wieder. Relativ nüchtern sieht das hingegen DDR-Schriftsteller Heiner Müller am 18. Mai 1990 in, "Zeil um Zehn".
Die Wiedervereinigung ist totlangweilig. Ich wäre für die Vereinigung Thüringens mit Italien, oder Sachsens mit Frankreich, Mecklenburg mit England gewesen. Das hätte auch den Leuten viel mehr Spaß gemacht auf lange Sicht, glaube ich.