Deutsche Lufthansa DDR Mit der Interflug ans Schwarze Meer
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12. August 2022, 11:02 Uhr
Interflug - die staatliche Fluggesellschaft der DDR wurde 1955 unter dem Namen deutsche Lufhansa GmbH gegründet. Ein Namensstreit mit dem westdeutschen Pendant führte drei Jahre später zur Interflug Gesellschaft. Die Flugziele richteten sich nach politischen Vorgaben, denn die Urlauber aus der DDR sollten auch wieder zurück kommen. Im Wendejahr 1989 beförderten die 40 Flugzeuge der Interflug rund 1,5 Millionen Passagiere.
Mehr als 8.000 Mitarbeiter hatte die DDR-Airline, die sich durchaus als Elite verstanden. Denn Sie durften das tun, was dem DDR-Bürger nicht so einfach möglich war: Reisen. Doch zur Interflug gehörte mehr, als nur die Urlaubsflieger. Der letzte Interflug-Chef zu DDR-Zeiten war Generalleutnant Dr. Klaus Henkes, zugleich einer der Stellvertreter des Ministers für Verkehrswesen: "Wir hatten fast fünfzig Verkehrsflugzeuge, aber auch fast dreihundert Agrarflugzeuge, zwanzig Hubschrauber und alles, was so dazu gehört - auch fünf Flughäfen. Das gehörte alles zur Interflug. Die wurde in dem Sinne als so etwas wie ein Kombinat der Industrie betrachtet und dort galt das Prinzip: Für alles allein verantwortlich war der Generaldirektor."
Die Interflug - Eine GmbH in der DDR
Am Anfang stand auch in der DDR die "Deutsche Lufthansa". Sie wurde zum 1. Mai 1955 auf einen Beschluss des DDR Ministerrates hin gegründet. Sie bestand unter diesem Namen bis 1963. Am 18. September 1958 folgte die Interflug als GmbH. Damit hatte die DDR eine zweite Fluggesellschaft, die vor allem für die Charterflüge zuständig sein sollte.
Die Gründung der Lufthansa (Ost) löste einen Rechtsstreit mit der Lufthansa (West) in der Bundesrepublik aus. Diese hatte bereits 1954 rechtswirksam Markennamen und Logo der alten Lufthansa von den Alliierten erworben. Die DDR gab schließlich 1963 klein bei. Fortan gab es nur noch die Interflug. Und zwar als ein Konstrukt, das den den meisten verborgen blieb: die Interflug war bis zum Schluss die einzige GmbH in der DDR.
Die Umwandlung in einen VEB wäre schlicht zu teuer gewesen, so Klaus Henkes: "Wir hatten eigentlich wenig Interesse daran. Unser Hauptargument gegen diese Einrichtung als VEB war, dass wir den Namensschutz, den wir in fast 60 Ländern der Erde beantragt hatten, hätten ändern müssen. Das hätte Dutzende von Millionen D-Mark gekostet, sodass Herr Mittag sich entschloss: 'Nein, dafür gibt's kein Geld! Wir lassen einfach den Namen VEB weg, und schreiben aber auch nicht GmbH'".
Von Schönefeld in alle Welt?
Anfangs war die Interflug auch im Inland unterwegs. Flughäfen gab es neben Schönefeld auch in Leipzig, Dresden, Erfurt und Rostock. Vor allem Leipzig war zu Messezeiten wichtig und viel besucht. Das internationale Streckennetz wurde Jahr für Jahr ausgebaut. Besonders in Richtung Osteuropa, aber auch nach Kuba. Wobei die Auswahl neuer Flugziele oft wenig mit touristischen Überlegungen zu tun hatte, wie sich der ehemalige Generaldirektor Klaus Henkes erinnert: "Wir hatten ungefähr 50 Ziele. Das schwankte immer, je nachdem, wie die Politik es vorgab. Wenn Herr Honecker plötzlich Äthiopien liebte, musste eben nach Äthiopien geflogen werden oder Angola oder Mosambik. Während Herr Mittag nun mehr daran interessiert war, nach Singapur zu fliegen oder nach den Emiraten - nach Dubai und so, um dort Geld zu machen."
Unfälle bei der "Interflug"
Trotz des mit der Zeit immer älter werdenden Bestandes an Fluggeräten gab es bei der Interflug, lediglich vier schwere Unfälle. Der erste war zugleich der schwerste. Am 14. August 1972 stürzte eine IL 62 kurz nach dem Start in Schönefeld über Königs Wusterhausen ab. Alle 156 Menschen an Bord kamen ums Leben. Der letzte große Unfall ereignete sich am 16. Juni 1989, als eine IL 62 beim Start in Schönefeld über die Landebahn hinausschoss - 21 von 113 Insassen starben.
"Mielke-Air"
Die Fluglinie wurde durch die Hauptabteilung XIX (Verkehrswesen) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) überwacht. In Schönefeld waren auch zwei TU-134A mit der Luftfahrzeug-Kennung DDR-SDH/DDR-SDI des MfS stationiert. Diese Maschinen flogen mit Interflug-Kennung und -lackierung. Sie wurden unter anderem für die Rückführung von in Osteuropa gefassten DDR-Flüchtlingen genutzt, die auf dem Transport mit Handschellen an die Sitze geschnallt wurden. Halter der Maschinen war die Interflug, die auch die Wartung, Instandhaltung und technische Abfertigung leistete. Die Piloten hatte die Stasi von der Interflug abgeworben, aber sie flogen dennoch in offiziellen Interflug-Uniformen.
Das Ende der Interflug
Mit Beschluss der Treuhand vom 7. Februar 1991 wurde die Interflug liquidiert. Am 30. April 1991 führte die TU-134 mit der Kennung D-AOBC den letzten Linienflug nach Wien durch. Damit waren alle Pläne gescheitert, der Interflug auch im vereinigten Deutschland ein profitables Überleben zu sichern. Immerhin hatte sie 1989 noch insgesamt 40 Verkehrsmaschinen im Flugbetrieb. Versuche, eine enge Kooperation zwischen Lufthansa und Interflug auf den Weg zu bringen, scheiterten. Die Lufthansa hatte kein Interesse an einem starken Partner oder gar Konkurrenten. Die Interflug selber war aufgrund der massiven Überalterung ihrer Luftflotte kaum wettbewerbsfähig. Allerdings ist die Liquidation bis heute umstritten, zumal die Treuhandanstalt der "Interflug" noch im Oktober 1990 bescheinigte, dass "das Unternehmen sehr wohl überlebensfähig ist".
Nach der Liquidierung
Die drei Airbus A 310, die die Interflug erst 1989 noch durch die Vermittlung des bayrischen CSU-Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß erhalten hatte, gingen an die Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums über und dienen Bundespräsident, Kanzlerin, aber auch Ministern als Regierungsmaschinen. Eine wird als Transportmaschine für Soldaten genutzt, die zum Beispiel in die USA zur Ausbildung fliegen.
Über dieses Thema berichtet der MDR im TV in "MDR-Zeitreise" 09.05.2021 | 22:20 Uhr