Studie aus Japan Das Schlaf-Rezept für weinende Babys: Welche Strategie funktioniert?
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13. September 2022, 16:59 Uhr
Viele Eltern kennen das: Das Baby schreit und schreit und schreit. Ein japanisches Forschungsteam hat herausgefunden: Fünf Minuten Spazierengehen und schwupps, schläft das Kleine wieder. Aber nur, wenn Mama spaziert.
Das Rezept für weinende Babys hat genau zwei Zutaten, sagt ein japanisches Forschungsteam: Fünf Minuten Spazierengehen und dazu den Herzschlag der Mutter. Sind damit die Väter aus dem Schneider, lassen sich weinende Babys tatsächlich nur von Müttern beruhigen? Nein, sagt Forscherin Kumi Kuroda vom RIKEN Center in Japan, vermutlich auch von anderen Bezugspersonen, nur wurde in dieser Studie eben mit Müttern gearbeitet. Die Studie hat untersucht, wie wirkungsvoll verschiedene Beruhigungsstrategien bei weinenden Babys sind.
Wie wurde das untersucht?
Dabei wurden mit einem Baby-EKG-Gerät und Videokameras aufgezeichnet, wie sich die jeweilige Beruhigungsmethode auf die Herzfrequenz der Babys auswirkten, also eine Runde im Kinderwagen geschoben werden, von der Mutter herumgetragen werden, im Kinderbettchen liegen oder in einer Wiege, einem Schaukelbett liegen. Für jeden Herzschlag wurde dann festgehalten, ob das Baby wach war, schlief oder schrie. Anhand dieser Daten konnten die Forscher auf die Sekunde genau vergleichen, wann sich das Verhalten und der Zustand der Babys veränderte. Das Prinzip ist natürlich nicht neu, sondern bekannt und für Säugetiere wie Mäuse, Hunde, Affen nachgewiesen: Die Herzfrequenz des Nachwuchses sinkt, wenn sie herumgetragen werden.
Was weinenden Babys hilft
Hirnforscherin Kumi Kuroda präzisiert das Studien-Ergebnis für menschliche Säuglinge: Fünfminütiges Gehen sorgte für ruhige Babys (und bei der Hälfte sogar für schlafende), aber nur bei solchen, die vorher weinten; bei ihnen sank auch die Herzfrequenz. Babys, die einfach nur wach und ruhig waren, wurden durch den Spaziergang nicht schläfrig. Von den untersuchten Säuglingen hatten alle am Ende des fünfminütigen Spaziergangs aufgehört zu weinen und hatten eine reduzierte Herzfrequenz, und etwa die Hälfte schlief. Zweitens wirkte das Sitzen und Halten weinender Babys nicht beruhigend; deren Herzfrequenz stieg tendenziell an und das Weinen dauerte an.
Dieser Moment, wenn man das Baby wieder ablegt
Aber dann! Der Moment, wenn man das selig schlummernde Bündel gaaanz vorsichtig ablegt. Schwupps, weint das Baby erneut los. Auch in der Studie, 20 Sekunden nach dem Ablegen legten zwei Drittel der jungen Erdenbürger wieder los. Auch für dieses Phänomen hat die japanische Forschungsteam ein patentes Rezept anhand ihrer Studiendaten errechnet. Das schlafende Baby ablegen, ohne dass es wieder aufwacht, klappt ohne Aufwachen, wenn das Baby vorher noch acht Minuten im Arm gehalten wurde, nachdem sich die Mutter hingesetzt hatte. Ein Ergebnis, dass auch die Forscherin, selbst vierfache Mutter, überraschte: "Ich hatte immer gedacht, es liegt an der Art, wie wir das Baby ablegen, oder in welche Position."
Wozu ist die Studie gut?
Die Studie klärt zwar nicht, warum Babys manchmal so sehr schreien, dass Eltern verzweifeln. Aber sie gibt unerfahrenen Eltern ein einfaches Rezept für Momente der Verzweiflung, sagt Forscher Kuroda, und hofft: Vielleicht hilft es in Extremfällen dabei, dass Eltern nicht so sehr verzweifeln, dass sie anfangen ihr Kind zu schütteln. Aber was ist mit Eltern, die auf Ratschläge anderer Eltern hören, und Kinder bis zur Erschöpfung weinen lassen, bis sie einschlafen? "Methoden, die nicht streng wissenschaftlich untersucht sind", sagt die Forscherin. Es brauche viel mehr Forschung, um das Verhalten eines Babys zu verstehen, denn das sei weit komplexer und vielfältiger als wir dachten.
Links/Studien
Die komplette Studie "Eine Methode zur Beruhigung und Förderung des Schlafs bei weinenden Säuglingen unter Verwendung der Transportreaktion" lesen Sie in Current Biology.
lfw