Inverse Impfstoffe: Immunreaktionen gezielt stoppen statt provozieren
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07. Februar 2024, 16:06 Uhr
Forschende arbeiten an Impfstoffen, die gezielt eine fehlgeleitete Immunantwort ausschalten, die körpereigene Gewebe oder Organe angreift. Für Autoimmunkrankheiten wie rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose könnten damit ein neuer Behandlungsweg erfolgen, der nicht das gesamte Immunsystem betrifft, sondern ganz spezifisch wirkt.
Unser Immunsystem ist eigentlich dafür da, Eindringlinge wie Viren oder Bakterien anzugreifen oder geschädigte Zellen in unserem Körper zu eliminieren. Bei Autoimmunkrankheiten wie Multipler Sklerose oder rheumatoider Arthritis richtet sich allerdings eine fehlgeleitete Immunreaktion gegen körpereigenes Gewebe oder Organe.
Immunsuppression als Therapie umgehen
Um diese Immunreaktion zu stoppen, werden Betroffene in der Regel mit Medikamenten behandelt, die das Immunsystem unterdrücken. Das bedeutet aber auch, dass diese Menschen Infektionskrankheiten nicht so gut bekämpfen können. Und sie sprechen ebenfalls nicht so gut auf Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten an, was wiederum heißt, dass sie anfälliger für diese Krankheiten sein können. Sogenannte inverse Impfstoffe könnten hier die Lösung sein.
Immunreaktion schulen
Das Ziel inverser Impfstoffe ist es, die fehlgeleitete Immunreaktion zu stoppen ohne das komplette Immunsystem lahm zu legen. Einen Ansatz dafür präsentieren Forschende des Karolinska-Instiuts in Stockholm und vom Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP in Frankfurt am Main vergangenen Herbst im Fachjournal PNAS.
Die Forschenden entwickelten einen Impfstoff gegen rheumatoide Arthritis (RA). Diese chronische Erkrankung führt zu einer Entzündung der Gelenke und zu einer fortschreitenden Zerstörung von Knorpel und Knochen. Hierbei kommt es zu einer Autoimmunreaktion gegen das wichtige Gelenkprotein Kollagen-Typ-II (COL2). Es ist die wichtigste Proteinkomponente im Knorpel sowie in den lymphatischen Organen, dem Thymus und dem Knochenmark.
Ein Toleranz erzeugender Impfstoff
Die Forschenden fanden heraus, dass ein bestimmtes MHCII-Protein namens Aq, wenn es an ein galaktolysiertes Peptid von COL2 gebunden ist, die Entwicklung von RA bei Mäusen stoppen konnte. Deshalb stellten die Forschenden einen Impfstoff her, der den Proteinkomplex Aq-galCOL2 beinhaltet.
Die Forschenden bezeichnen den entwickelten Impfstoff als tolerogen (Toleranz erzeugend), denn er bringt dem Immunsystem im Grunde gezielt bei, dass bestimme Stoffe im Körper, in diesem Fall COL2, kein Feind sind. Sie werden also durch die Impfung als harmlos gelabelt und so vom eigenen Immunsystem nicht mehr bekämpft.
Die Impfung zielt direkt auf autoreaktive natürliche regulatorische T-Zellen in den Mäusen ab. Dadurch wurden die Angriffe des Immunsystems der Mäuse gegen das körpereigne Gewebe verhindert. Im Mausmodell konnte der etablierte Autoimmunprozess umgekehrt werden.
Hoffnung auch für andere Autoimmunkrankheiten?
Weil bei den Mäusen die gleichen peptidspezifischen T-Zellen angesprochen werden wie beim Menschen, glauben die Forschenden, dass der Impfstoff ein guter Kandidat für klinische Tests ist.
Und auch für den Kampf gegen andere Autoimmunkrankheiten könnten inverse Impfstoffe ein Hoffnungsträger sein. Forschende aus der Gruppe von Professor Dr. Jeffrey A. Hubbell konnten zum Beispiel ebenfalls im Mausmodell für die Multiple Sklerose Toleranz gegen die Autoimmunreaktion herbeiführen.
JeS
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