Sonntag | 14.07.2024 Bernd-Lutz Lange - unser Gast im Sonntagsbrunch
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Ich war mal kritischer Optimist, jetzt bin ich eher ein fröhlicher Pessimist.
Ohne Humor ist das Leben ein Irrtum, sagt der Mann, der sein Leben dem kritischen Humor gewidmet hat. Also immer richtig lag, so gesehen. An Bernd-Lutz Lange kann man perfekt erkennen, dass Humor wirklich hilft, mit den Zumutungen des Alltags zurecht zu kommen: im Krieg geboren, am 13. Februar '45 in Dresden im Keller gehockt, in ärmlichen Verhältnissen in Zwickau aufgewachsen, Gärtner lernen müssen, weil er in der DDR der frühen 60er-Jahre nicht Buchhändler werden durfte, wie er es wollte.
Von meiner spielerischen Kindheit in ärmlichen Verhältnissen zehre ich heute noch. Knete war der Stoff, aus dem wir die Träume formten.
Als Gründer des Leipziger Kabaretts "academixer" stand er unter misstrauischer Dauer-Beobachtung - mit dem Zwang immer doppelbödig zu schreiben, um nicht verboten zu werden.
Wir waren Meister bei Texten mit doppeltem Boden.
Zurecht kommen musste er auch damit, seine Idee vom reformierten Sozialismus im Wiedervereinigungswirbel untergehen zu sehen. Weitermachen, Neuanfangen. Und bei all dem nicht verbittern.
Einerseits wollte ich gehobene Unterhaltung bieten, aber vor allem mit politischem Kabarett am System kratzen.
Herzlichen Glückwunsch!
Nun wird Bernd-Lutz Lange 80, der nach seinem Abschied von der Bühne vor zehn Jahren, erfolgreich Bücher schreibt. 80 Jahre und er lächelt dankbar: über das Älterwerden, über das, was er erlebt und mitgestaltet hat; dankbar für das, was er erreicht hat als Kabarettist und Autor. Und nie mischt sich in seinen Ton Verbitterung, Zynismus, Härte. Das weiche Sächsisch, dem er Bücher und Programme gewidmet hat, ist ihm Zuhause.
Meine Identität habe ich über die Region bekommen. Mit dem Begriff DDR-Bürger konnte ich nie was anfangen. Ich war ein Sachse.
Und Leipzig natürlich, wo er bei jedem Spaziergang freundlich gegrüßt und angesprochen wird. Mit der Messestadt verbindet ihn zum Beispiel dies:
Das Kaffeehaus ist für mich ein magischer Ort. Im Leipziger [Café-]Corso trafen sich die Künstler, die Studenten und die Spinner der Nation. Ich war von allem etwas.
"Produktiven Müßiggang" zieht sich durch sein Leben
Aber zu seinem Geburtstag ist er nicht in seiner Wahlheimat. Der Meister des Loslassens und langsamen Abschiednehmens, der seine Lebensphasen immer konsequent geplant und beendet hat (mit 60 war Schluss mit dem Duo Böhnke/Lange, mit 70 war Schluss mit dem Duo Weber/Lange), will nur mit seiner Familie feiern, im kleinen Kreis, irgendwo mit Blick ins Weite, in Baumkronen und Himmel.
Ich war nie neidisch, das hat meine Fröhlichkeit befördert.
Dafür nimmt er sich Zeit. Müßiggang? Nur zu! Produktiven Müßiggang nennt der fleißige Kabarettarbeiter und Schreiber schließlich auch seine Arbeitsweise. So gesehen war dieser Sonntagsbrunch ein gemütlicher Bummel durch das Leben eines Mannes, der Geschichten erzählen kann und selber Geschichte geschrieben hat.
Ich bin im Zeitalter des Aufräumens: wegschmeißen oder etwas d'raus machen.