Sonnabend, 16.12.2023: Sehnsucht

Wer dieser Tage über die Weihnachtsmärkte läuft, kann sie allerorten sehen: Blicke voller Sehnsucht. Ob beim Kind vor dem Spielwarenstand, ob bei Verliebten unterm Mistelzweig - Sehnsucht scheint zum Advent und zu Weihnachten dazuzugehören wie Lebkuchen, Glühwein und Märchenfilm. Doch was ist Sehnsucht eigentlich? Und warum ist sie so wichtig für uns?

Sehnsucht ist das oft schmerzliche Verlangen nach dem, was fehlt. Wer sich sehnt, weiß und spürt ganz tief in sich drinnen: Da muss mehr sein, da ist noch nicht alles perfekt. Schlimmer noch: Sehnsucht bringt die Unvollkommenheit der eigenen Existenz und der Welt im Allgemeinen zum Vorschein. Wir sehnen uns nach einem Menschen - weil wir ohne ihn nicht glücklich sein können. Wir sehnen uns nach Frieden - weil wir unter Krieg und Streit leiden. Sehnsucht kann schmerzhafte Züge annehmen, kann uns zu Getriebenen machen. Und doch: Eine gesunde Dosis gehört zum Leben dazu. Sie hat ihren Sinn - und das aus mehreren Gründen: Wer Sehnsucht spürt, wird nicht in die Überheblichkeit verfallen, zu glauben, schon perfekt und vollkommen zu sein - denn ohne die, den oder das Ersehnte sind wir das ja gerade nicht: vollkommen.

Wer Sehnsucht spürt, hat sich mit der grauen und auch grauenvollen Realität noch nicht abgefunden, sondern sehnt dagegen an - und setzt so ein Hoffnungspotential frei, das die Welt ein kleines Stückchen besser machen kann. Schließlich: Wer die eigene Sehnsucht kennt, kann verstehen lernen, was wirklich wichtig ist für's eigene Leben und kommt dem eigenen, oft verborgenen Ich auf die Spur. Erkenne deine Sehnsucht, erkenne dich selbst.

Simon Hacker 2 min
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gesprochen von Simon Hacker

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Sa 16.12.2023 08:50Uhr 02:20 min

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Sehnsucht kann anstrengend sein und ist doch urmenschlich und notwendig für ein erfülltes Leben. Diese Sehnsucht, die das Leben in Fülle sucht, die wünsche ich Ihnen.

Freitag, 15.12.2023: Eine Lüge

Ich gebe es zu. Ich habe gelogen. Eigentlich lüge ich andauernd. Wenn ich der Friseurin sage "Ich echt zufrieden bin mit dem Ergebnis", obwohl ich jetzt wahrscheinlich wochenlang mit Mütze auf dem Kopf rumlaufen werde. Oder meiner Tante sage "Mir gefällt das Geburtstagsgeschenk richtig gut"! Oder mich selbst anlüge, wenn ich mir eine Jeans eine Größe kleiner kaufe, als ich sie eigentlich tragen kann. Das ist aber alles gar nicht so schlimm.

Lisa-Marie Eberharter 3 min
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gesprochen von Lisa-Marie Eberharter

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Fr 15.12.2023 05:45Uhr 02:33 min

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Vielleicht kennen Sie die Studie, die besagt, dass Menschen angeblich mindestens 200-mal am Tag lügen. Der Psychologie Matthias Gamer sagt, "Wir Menschen lügen mindestens zweimal am Tag bewusst". Oft lügen wir aus Höflichkeit, um Menschen nicht zu verletzen, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Das hält Gesellschaften zusammen, das stärkt soziale Kontakte.

Als Katholikin greife ich auf etwas ganz Praktisches zurück: Die Beichte. Als Kind hatte ich immer Angst davor. Was soll ich schon beichten? Was denkt der Priester möglicherweise über mich? Und jetzt als Erwachsene gehe ich beichten, um über meine Taten nachzudenken. Nicht nur, um mir die Absolution, die Vergebung von Gott, zu holen. Obwohl die auch nicht schaden kann. Es ist vielleicht also kein Weltuntergang zu lügen.

Aber lügen entfernt uns auch von uns selbst und unseren Mitmenschen. Sage ich Menschen nicht die Wahrheit, gebe ich ihnen nicht die Chance mich wirklich kennenzulernen. Sage ich meiner Friseurin, wie mir die Frisur wirklich gefällt, hätte sie die Chance, sie das nächste Mal besser zu machen. Sage ich meiner Tante, was ich an dem Geschenk auszusetzen habe, hätten wir beide mehr Freude an meinem nächsten Geburtstagsgeschenk.

Und in wie vielen Situationen würde ich mich wohler fühlen, wenn mir die Hose, die ich anhabe, einfach passt. Vielleicht mache ich es mir auch einfach, einem Menschen in einem hölzernen Beichtstuhl meine vielen kleinen Lügengeschichten zu erzählen - aber irgendjemanden muss ich ja auch mal die Wahrheit sagen. 

Das Wort zum Tag sprechen in dieser Woche:

Kurzbiografie Kathrin Posdzich

Kathrin Posdzich

geboren 1983 in Zwickau, aufgewachsen in Wildenfels | verheiratet, zwei Kinder | ev.-luth. verwurzelt, ev.-meth. beheimatet | 2002 geboren 1983 in Zwickau, aufgewachsen in Wildenfels | verheiratet, zwei Kinder | ev.-luth. verwurzelt, ev.-meth. Beheimatet | 2002 Abitur am Peter-Breuer-Gymnasium Zwickau | 2002-2009 Theologiestudium in Leipzig | 2009-2016 Gemeindearbeit in Süd-Ost-Thüringen | 2015-2019 Zusammenarbeit mit dem Senderbeauftragten der evangelischen Freikirchen beim MDR | seit 2018 Pastorin der ev.-meth. Kirche in Werdau und Umland | seit 2015 Sprecherin Wort zum Tag und Wort zum Sonntag bei MDR SACHSEN

Kurzbiografie Simon Hacker

Simon Hacker

Simon Hacker OP | geboren 1989 | Dominikaner, Kaplan an der Propstei Leipzig, Schwerpunkt Citypastoral

Kurzbiografie Lisa-Marie Eberharter

Lisa-Marie Eberharter

Referentin für das SachsenSofa bei der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen | Studium der Theologie und Geschichte in Dresden | Vorstandsmitglied des Dresdner Geschichtsvereins | lebt in Dresden

Kurzbiografie Sebastian Mutke

Sebastian Mutke

Studium Katholische Theologe und Sozialpädagogik in Erfurt | Pastoralreferent im Bistum Osnabrück | seit 2022 Studienreferendar des Landes Sachsen in Bautzen | als Autor, Moderator, Seminarleiter aktiv | verheiratet | lebt in Dresden

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.