Diversity Day | 26.05.2020 Katholisch und queer
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25. März 2024, 14:43 Uhr
Queer, das ist der englische Begriff für "außer der Norm". In England wurde er so verwendet wie hierzulande der Begriff schwul, also zunächst in abwertender Form. Doch inzwischen steht "queer" für den Anspruch auf Akzeptanz und Gleichberechtigung. "Queer im Bistum Magdeburg", so nennt sich eine Gruppe junger Katholiken. Katholisch und außerhalb der Norm.
Die Christlichen Kirchen sind nicht unbedingt die Vorreiter der sexuellen Befreiung. Lange Zeit galt der Leib mit seinen Trieben eher als notwendiges Übel zur Fortpflanzung und war dem Seelenheil eher abträglich. Die Schatten dieser Auffassungen sind heute noch gelegentlich spürbar. Vor allem, wenn sich die sexuelle Orientierung anders entwickelt, als es die Mehrheit erwartet. Diese Erfahrung machte auch Anna Kuliberda aus Halle.
Ich kannte einfach nur Hetero-Beziehungen. Das ist das, was ich vorgelebt bekommen habe.
Anna Kuliberda beschreibt sich als pansexuell, fühlt sich also sowohl zu Männern wie zu Frauen hingezogen. Auch Luca Norvig brauchte eine Weile, um als junger Katholik seine eigene Homosexualität anzunehmen.
Man muss sich erst einmal selber damit auseinander setzen, was man so fühlt und wie man so tickt. Und wenn man da keinen zum Reden hat, zieht man als katholischer Jugendlicher die Bibel zu Rate. Und wenn man die liest, kann es durchaus passieren, dass man sich selbst 'kastriert', sich mit einer Frau verheiratet, Kinder bekommt und irgendwann mit einer Depression im Krankenhaus landet.
Blog "Queer im Bistum Magdeburg"
Das Bistum Magdeburg ist eines der kleinsten in Deutschland mit gerademal 80.000 Gläubigen. Junge Leute, die sich als queer bezeichnen, hatten lange kaum Möglichkeiten sich auszutauschen. Das Internet macht es möglich: Anna Kuliberda und Luca Norvig starteten einen Blog, eine Mischung aus Tagebuch und Diskussionsplattform.
Queer im Bistum Magdeburg, so heißt die Seite. Mit großer Schrift auf den Farben des Regenbogens steht da:
Wir sind nicht-heterosexuelle Menschen im Bistum Magdeburg. Wir sind ein lebendiger und kraftvoller Teil der Kirche. Unser Anliegen ist es, dass sich keiner mehr für seine Sexualität in der katholischen Kirche schämen muss.
Also: es geht hier nicht um Rebellion sondern - ganz im Gegenteil - um ein Diskussionsangebot. Und: die Reaktionen waren überraschend positiv.
Klar gibt es hier und da auch negative Stimmen. Das war auch auf dem Katholikentag so, in unseren Workshops. Aber im Großen und Ganzen war Verständnis dafür da [...].
Vielfalt und Toleranz
Es geht um die Vielfalt von Lebensentwürfen und um Toleranz. Was aber ist eigentlich mit der Bibel? Denn: viele Christen, die Homosexualität verurteilen, berufen sich auf die Bibel. Natürlich kennen die jungen Leute die theologischen Debatten. Was in der Bibel steht sei das eine, es zu interpretieren, sei aber das andere. Also eine Frage der Auslegung.
Die Vielfalt sexueller Orientierungen ist im Gemeindealltag nach wie vor ein mitunter schwieriges Thema. Es nicht auszublenden und Beratung anzubieten, ist das Ziel der jungen Leute um "Queer im Bistum Magdeburg".
Über dieses Thema berichtet MDR KULTUR auch im Radio : MDR KULTUR | 15.07.2017 | 09:15 Uhr