Reportage Berufswunsch Nonne – Margarethe macht ernst
Hauptinhalt
27. Mai 2024, 11:03 Uhr
Margarethe fährt leidenschaftlich gern Motorrad. Sie trinkt gern ein Bier mit Freunden, geht auf Partys und hat einen Freund. Eine lebenslustige Studentin. Ihr Fach: katholische Theologie. Mit 24 trifft sie eine Entscheidung, die ihre Familie und Freunde dann doch überrascht: Margarethe entschließt sich, ins Kloster zu ziehen. Ein Filmteam um Anja Krußig hat sie über zwei Jahre begleitet - von der Probezeit bis zur Entscheidung.
Lange hat sie gezögert. Ein Leben als Nonne – passt das zu ihr und ist das noch zeitgemäß? Doch immer wieder zieht es sie zu den Zisterzienserinnen in St. Marienstern in der Oberlausitz. Das Kloster nahe Dresden wurde 1248 gegründet und ist eines der wenigen Ordenshäuser, das seit der Gründung ohne Unterbrechung existiert. Oft war Margarethe hier zu Besuch. Jetzt will sie bleiben: "Wenn ich es nicht versuche, finde ich es nie heraus."
Probezeit im Kloster
Nachdem sie ihr Diplom in Erfurt absolviert hat, tritt sie im Februar 2013 dem Orden bei. Probezeit als Postulantin. Ab jetzt ist alles anders. Eine Zelle ist ihre Wohnung. Gegessen wird schweigend. Sechs Gebetszeiten halten die Nonnen täglich ein. Das bedeutet, extrem früh aufzustehen. Ab und zu kommt sie zu spät oder singt falsch. Das ärgert sie. Sie ermahnt sich selbst, nicht zu fluchen oder durch die Klausurgänge zu rennen. Viele Regeln muss sie lernen und einhalten. Gehorsam, keusch und demütig sein.
Margarethe steht ganz am Anfang eines unbekannten Weges. Manches fällt ihr schwer – aber sie will bleiben und geht einen Schritt weiter.
Abschied ins Schweigejahr
Im Sommer 2013 wird sie Novizin. Ein Schweigejahr beginnt. Kein Kontakt nach außen. Kein Besuch. Kein Ausgang. Sie soll lernen, auf sich zu hören. Ihre Mutter und Freunde kommen zum Abschied. Ein letztes Mal steigt Margarethe aufs Motorrad und dreht eine Runde im Klosterhof. Sie ist wehmütig und trotzdem überzeugt, weiter diesen Weg zu gehen.
Wenn ich jetzt überlege, ich fahr jetzt weg mit dem Ding und kann machen was ich will ... dafür zieh ich hier nicht aus. Das ist es mir nicht wert, so viel nicht. Es ist schon etwas wert, aber nicht das ganze Leben.
"Ich verzichte nicht auf etwas, sondern für etwas", sagt sie und läuft pünktlich zum Gebet in die Kirche. Das Alleinsein macht ihr zu schaffen. Gerade zu Weihnachten. Ist das Kloster für sie ein lebenswerter Ort – für immer? Margarethe hat Zweifel. Ein Leben ohne Männer, nie Mutter sein, nicht einfach mal Freunde treffen oder in den Urlaub fahren – will sie das? Schafft sie das?
Entscheidung
Margarethe, ganz in Weiß gekleidet, lebt sich im Kloster und in der Ordens-Gemeinschaft ein. Sie wohnt in einer "Zelle", verzichtet auf Konsum und möchte das Schweigen und die Beschränkungen für sich austesten. Sie stellt sich ihr eigenes Fitnessprogramm auf, freundet sich mit ihrer Novizin-Meisterin an, arbeitet im Garten und lernt Nähen. Sie redet kaum. Ihre Gebete werden intensiver. Das macht sie glücklich.
Dennoch, sie weiß, was sie vermissen wird. Keusch leben, nie wieder Sex haben – das ist und bleibt ein Thema. Sie weiß aber auch, dass sie im Grunde ihres Herzens hierher gehört. Das Schweigejahr ist vorüber. Sie überlegt, die Äbtissin um die Profess zu bitten und sich fest zu binden.
Ich kann nicht auf der ganzen Welt zugleich sein. Ich kann nicht alle Genüsse einheimsen, die ich einheimsen könnte. Ich kann nicht überall sein und jeden haben. Und aus dieser unendlichen Beschränkung, die das menschliche Leben nun mal ist, kann ich mich jetzt auch noch mehr beschränken, kommt es darauf nicht mehr an. Das klingt sehr negativ, ist aber im Prinzip sehr positiv.
Schwester Mariae Laetitia
Das Filmteam durfte Margarethe von den ersten Wochen im Kloster bis zur endgültigen Entscheidung begleiten. Auch während des Schweigejahres waren gelegentliche Gespräche möglich. Der Film beschreibt, wie Margarethe sich mit den neuen Lebensumständen anfreundet, wie sich ihr Glaube verändert und wie die anderen, älteren Ordensschwestern, mit der Neuen zurechtkommen.
Ich wünsche mir und ich freu mich drauf, dass ich hier irgendwann noch mehr ankomme, ankommen kann, angekommen bin. Und noch nonniger werde. Also noch mehr dem entspreche, was eine gute Nonne ausmacht, also eine fröhliche und erfüllte Ordensfrau.
Aus Margarethe ist eine Ordensfrau geworden. Schwester Mariae Laetitia. Das ist lateinisch und heißt die "Freude Mariens". Im kleinen Kreis hat sie die zeitliche Profess abgelegt.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 16. Mai 2024 | 22:40 Uhr