Porträt Handwerk statt Kunst: Michaela Wolf steigt in Annaberg-Buchholz aufs Dach
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06. März 2025, 17:01 Uhr
Michaela Wolf ist Dachdecker-Meisterin in Sachsen. Eigentlich wollte sie nach dem Abi Kunst studieren. Warum sie ins Handwerk ging und wie sie heute auf ihre Entscheidung blickt, in die Männerdomäne und den Familienbetrieb einzusteigen:
Michaela Wolf ist eine von ganz wenigen Dachdecker-Meisterinnen in Mitteldeutschland.
Eigentlich wollte die 44-Jährige aus dem erzgebirgischen Annaberg-Buchholz nach dem Abitur Kunst studieren.
Dann wäre aber die Dachdeckerfirma des Vaters ohne Nachfolger geblieben. "Für mich war das keine leichte Entscheidung. Ich habe die Antwort tatsächlich im Gebet gefunden und gedacht: Gut, dann zeichne und male ich halt in meiner Freizeit."
Ich gebe Menschen ein sicheres Dach über dem Kopf. Das ist eine Arbeit, die mich glücklich macht.
Dachdecker-Meisterin in Annaberg-Buchholz
Michaela Wolf übernahm den Familienbetrieb in neunter Generation. Schon seit 1770 gibt es ihn. Bereut hat sie diesen Schritt nie. "Jeder sehnt sich nach Geborgenheit. Ich gebe den Menschen ein sicheres Dach über dem Kopf. Das ist eine Arbeit, die mich glücklich macht."
Auch wenn sie einräumt, dass sich der eine oder andere Kunde erstmal wundere, wo der Herr Wolf denn bleibe: "Dann werde ich erstmal hoch und runter gescannt. Aber wenn ich dann in die Beratung gehe, dann merken die schon: 'Ja! Die hat ja doch was gelernt.'"
Allein unter Männern
Als Frau und Chefin – allein unter Männern. Das sieht sie als eine Herausforderung, die sie annimmt: "Es macht mir Spaß, an die Grenzen zu gehen und auch mal eine Grenze zu überschreiten. Angst haben wir alle – irgendwo. Aber die zu durchbrechen und dabei wieder zu wachsen und eben auch einen größeren Rahmen für sich zu haben, das macht einen immer wieder auch mutig." Ihr Vater Harald schätzt das Durchsetzungsvermögen seiner Tochter: "Dass sie Dinge anleiert, wo ich manchmal etwas vorsichtiger bin, aber die sagt eben: 'Los! Das machen wir … und los geht es.'"
Angst haben wir alle – irgendwo. Aber die zu durchbrechen und dabei zu wachsen, das macht einen auch mutiger.
Unterstützung findet sie bei ihren zehn männlichen Kollegen. Darunter ist auch ihr Mann, mit dem sie drei leibliche Kinder und ein kleines Pflegemädchen groß zieht. Dennoch bleibt ihr Alltag ein "permanentes Multitasking-Programm". Deswegen, sagt sie, müsse sie sich einmal am Tag zurückziehen, zum Malen oder Draußen-Spazierengehen. Manchmal kommt auch die Familie mit. Es sei schön, Kinder haben zu dürfen und zu sehen, dass sie ihren Weg finden, in der Bewegung, im Suchen: "Aber man muss sich erst aufmachen und den Hafen verlassen."
Nächstenliebe, Optimismus und Toleranz - diese drei Dinge sind mein Geheimrezept gegen Krisen!
Weitergeben möchte Michaela Wolf auch ihren Glauben. Ehrenamtlich organisiert sie Kindergottesdienste in ihrer evangelischen Kirchgemeinde. "Spielerisch will ich den Kindern die schönen Seiten des Lebens nahebringen. Mir geht es um eine gute Zukunft. Nächstenliebe, Optimismus und Toleranz - diese drei Dinge sind mein Geheimrezept gegen Krisen!"
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Glaubwürdig | 08. März 2025 | 18:45 Uhr