Glaubwürdig | 01.05.2024 Wie Daniel Neuer in Herrnhut Bäume versetzt
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26. Juni 2024, 11:03 Uhr
Seit mehr als 20 Jahren leitet Daniel Neuer ein Architektenbüro in Berthelsdorf, einem Ortsteil von Herrnhut. Er bemüht sich um nachhaltiges Bauen in der ostsächsischen Region. Gerade hat er eine Turnhalle aus Holz geplant, auch um die Kirchsaal-Sanierung kümmert sich der Mittfünziger: "Man soll nie an dem Tag ins Bett gehen, an dem man aufgestanden ist", war das Motto seiner Großmutter, die einst aus Herrnhut flüchtete. Nicht nur das hat er von ihr übernommen.
In Herrnhut baut er gerade die größte Holz-Sporthalle der Lausitz: "Das sind gut 300 Bäume. Ich hab' einen genauso verrückten Zimmermann an der Seite gehabt", lacht der Architekt, der von Anfang an überzeugt war von seiner Idee: "Warum soll das nicht gehen, wenn Menschen schon vor 300 Jahren eine Scheune gebaut haben nur aus Holz, nicht aus Leimholzbindern oder so. Warum sollten wird das nicht können, wo wir doch viel mehr Möglichkeiten habe?"
"Einfach machen!"
Bei der Farbgestaltung helfen ihm Schüler des Herrnhuter Gymnasiums. Sie arbeiten nur mit natürlichen Materialien – ohne Gift, betont der 53-Jährige: "Neulich hat jemand gesagt: Oh, hier riecht es ja gar nicht. Nee, tut es nicht, weil eben diese Inhaltsstoffe nicht dabei sind." Daniel Neuer will, dass sich die Schüler später hier wohl fühlen. Sie sollen die Komplexität des Bauens und Gestaltens begreifen. Aber vor allem: "Einfach machen!"
Aus dem Schwarzwald in die alte Heimat Lausitz
Seit mehr als 20 Jahren leitet er ein Architektenbüro in Berthelsdorf, einem Ortsteil von Herrnhut, und bemüht sich um nachhaltiges Bauen in der ostsächsischen Region. Aufgewachsen ist er im Schwarzwald. Die Großmutter erzählte ihm früher oft von der alten Heimat: Herrnhut. Von dort war sie 1945 mit der Familie in den Westen geflohen. Ihrem Enkel erzählte sie immer wieder von dem "schönen Ort", den sie nicht mehr wiedersehen sollte. Nach der Wende reist Daniel Neuer erstmals in der Oberlausitz, verliebt sich in das kleine Städtchen und bleibt.
"Gelebter Glaube"
Wie seine im Krieg gefallenen männlichen Vorfahren tritt Daniel Neuer der evangelischen Herrnhuter Brüder-Unität bei, die für mehr stehe als die berühmten Sterne: "Das ist ein gelebter Glaube, der nicht nur am Sonntag wichtig ist. Ich fühle mich dort geborgen, auf der anderen Seite habe ich die große Freiheit Dinge zu tun, so wie ich sie für richtig erachte."
Heute gehört Daniel Neuer zu den aktivsten Mitgliedern der Gemeinde. Als Architekt leitet er neben dem Turnhallenbau für das alte evangelische Gymnasium in Herrnhut auch die Restaurierung des Kirchensaals. Ein Mammutprogramm: "Meine Großmutter hat immer gesagt, man soll nie an dem Tag ins Bett gehen, an dem man aufgestanden ist. Das Motto funktioniert bis heute."
"Gott ist Vielfalt"
Stillsitzen gelingt ihm nur beim Nachdenken über Gott: "Gott ist natürlich Vielfalt und da sind wir wieder bei den Menschen. Gott hat die Menschen geschaffen – in ihrer mitunter anstrengenden und schwierigen Vielfalt. Aber in jedem Menschen ist ein Stück Gott drin." So wie in der Natur. Als Planer arbeitet er möglichst nachhaltig.
Das Holz für die Turnhalle komme vorrangig aus der Region, teilweise sogar aus seinem eigenem, kleinen 300 Jahre altem Stückchen Wald, erzählt Daniel Neuer. So oft er kann, ist er dort mit seinem Sohn Nikolaus und forstet auf: "Wenn wir Bäume fällen wollen, müssen wir auch welche pflanzen, ganz einfach!"
(Erstsendung Mai 2023)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 13. Mai 2023 | 18:45 Uhr