Angesprochen - Ausgesprochen Thüringer Tafeln in Not: Staat soll finanziell helfen
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03. März 2023, 14:59 Uhr
Hunderte Thüringer helfen ehrenamtlich bei den Tafeln. Doch sie, die Schwachen helfen wollen, sind durch Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine selbst in Not geraten. Was sie fordern und wie sie sich selbst helfen.
Eigentlich wollen Tafeln sozial schwachen Menschen helfen - besonders jetzt in Krisenzeiten. Doch Corona-Pandemie und Ukrainekrieg setzen zunehmend auch die Hilfseinrichtungen selbst unter Druck. Auch in Thüringen, so berichtet Beate Weber-Kehr, Vorstandsvorsitzende der Tafeln im Freistaat. Grund seien vor allem die steigenden Ausgaben.
Fast 900 Mitarbeiter arbeiten in Thüringer Tafeln
Zwar arbeiteten die meisten der annähernd 900 Mitarbeiter in Thüringen ehrenamtlich. Trotzdem entstehen den Tafeln laut Weber-Kehr laufende Kosten, vor allem für Transporte. 66 Fahrzeuge müssten ständig betankt werden - monatlich kämen dabei rund 14.000 Liter Kraftstoff zusammen, rechnet die Vorstandsvorsitzende der Thüringer Tafeln hoch. Und das seien noch nicht alle Betriebskosten. Der Landesverband befürchtet, dass nicht alle Tafeln in Thüringen ihre Kosten begleichen können.
Besonders kleine Tafeln von Preissteigerungen betroffen
Die regionalen Tafeln sind unterschiedlich organisiert. Manche existieren in Trägerschaft. Sie können auf Unterstützung bauen. Andere jedoch arbeiten auf Vereinsbasis. Besonders für diese kleineren Tafeln seien die Preissteigerungen eine enorme Belastung. Einige Tafeln hätten schrittweise den Beitrag erhöht, den Bedürftige leisten müssen, um Lebensmittel zu bekommen. Der Richtwert für eine große Tüte mit Waren sei beispielsweise für Erwachsene von einem auf zwei Euro erhöht worden. Doch auch das reiche wohl noch nicht aus.
Beate Weber-Kehr hofft daher auf eine künftig bessere finanzielle Ausstattung der Tafeln und auf Spenden von Privatpersonen, Wirtschaft oder Politik. "Es ist ganz einfach so, dass jetzt in den letzten Monaten sehr viel mehr Menschen sich bei den Tafeln gemeldet haben und die Hilfe in Anspruch nehmen." Besonders der Anteil von Flüchtlingsfamilien sei stark gestiegen. Das sei "eigentlich eine fatale Geschichte", sagt Weber-Kehr.
Wir sind dem Sozialsystem nicht untergeordnet, wir werden auch dadurch nicht finanziert. Wir machen das alles aus eigenem Engagement.
Flüchtlinge zu Tafeln geschickt, ohne diese zu unterstützen
Auf den Ämtern in Thüringen würden Flüchtlinge erfahren, wo sie Geld oder Beratung bekommen. Beim Thema Lebensmittel werden sie an die Tafeln verwiesen. "Sie werden explizit zu uns geschickt." Das könne nicht sein, kritisiert die Tafelchefin: "Wir sind dem Sozialsystem nicht untergeordnet, wir werden auch dadurch nicht finanziert. Wir machen das alles aus eigenem Engagement." Wenn der Staat die Tafeln in sein Sozialsystem einordne, dann müsse er die Tafeln auch finanzieren.
Die Thüringer Tafeln im Überblick
Landesweit gibt es 31 Tafeln mit 857 Beschäftigten.
Davon sind
- 656 Menschen ehrenamtlich und
- 53 hauptberuflich tätig.
- 148 Stellen werden gefördert.
Thüringer Tafeln reagieren mit mehr Aufklärung
Den Flüchtlingen wiederum werde signalisiert, dass sie ein Recht hätten, bei den Tafeln ihre Wünsche erfüllt zu bekommen. "Da hatten wir schon an einigen Stellen einigen Diskussionsbedarf", sagt Weber-Kehr. Inzwischen hätten die Tafeln reagiert. Zettel würden ausgeteilt, die das Konzept der Tafeln erklärten - also aufklärten über die Herkunft der Lebensmittel und das ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiter.
Dass der Staat sich dank der Tafeln aus der Verantwortung ziehen könnte, ist ein Kritikpunkt, der immer wieder öffentlich geäußert wird. Seit rund 30 Jahren existieren in Deutschland Tafeln. Sie wollen, so das Prinzip, Überschüsse, etwa Lebensmittel, die von Supermärkten nicht verkauft werden können, an Bedürftige weiterreichen. Millionen Menschen sind in Deutschland gemessen an einer festgelegten Einkommensgrenze von Armut betroffen.
Die Thüringer Tafelchefin sagte, der Staat habe erkannt, dass es hier eine Lücke im System gebe. Diese Lücke würden die Tafeln füllen, aber sie würden nicht die Aufgaben des Staates übernehmen, als privatwirtschaftlich agierende Vereine könnten sie das ohnehin nicht. "Wir protestieren dagegen bei den Ämtern und bei den Verantwortlichen." Bei der sozialen Absicherung der Menschen bleibe der Staat in der Pflicht.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit | 03. März 2023 | 18:00 Uhr
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