MDRfragt in Thüringen Welche Wahlversprechen kommen gut an und welche nicht?
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30. August 2024, 09:00 Uhr
Sollten Asylsuchende möglichst lange in großen Einrichtungen bleiben, statt sie auf Wohnungen zu verteilen? Schulunterricht frühestens ab 9 Uhr? Das grüne Herz versorgt sich zu 100 Prozent mit grüner Energie? Eine Ossi-Quote im öffentlichen Dienst? Wie die Wahlversprechen der großen Thüringer Parteien im MDRfragt-Stimmungsbild abschneiden.
- Ossi-Quote im Öffentlichen Dienst ist umstritten.
- Mobilitätsgarantie für jedes Dorf: wäre top, aber wer zahlt?
- Steuerfreie Überstunden finden viele gut, aber mit Einschränkungen.
Wir wollten von der Thüringer MDRfragt-Gemeinschaft wissen, wie sie Wahlversprechen finden, die große Parteien in ihren Wahlprogrammen machen. Dabei haben wir jeweils nicht gesagt, von welcher Partei das Wahlversprechen kommt. Rund 6.500 Befragte aus dem Freistaat haben mitgemacht und uns geantwortet.
An dieser Stelle lösen wir auf, welche Aussagen zu welcher Partei gehören und wie die MDRfragt-Gemeinschaft aus Thüringen auf diese Forderungen und Konzepte blickt.
Dabei haben wir schrittweise die Ergebnisse veröffentlicht, inklusive der Meinungen und Perspektiven aus der Community. Und: Zu jedem Wahlversprechen gibt es auch einen Radio-Clip, der nicht nur die MDRfragt-Ergebnisse aufgreift, sondern auch checkt: Wäre das Wahlversprechen denn überhaupt im Freistaat umsetzbar und was sagen Expertinnen und Experten dazu?
Wie immer gilt: MDRfragt-Meinungsbilder sind aussagekräftig, aber nicht repräsentativ.
Ossi-Quote für den öffentlichen Dienst?
Sollten bei gleicher Eignung Bewerberinnen und Bewerber bevorzugt werden, die ostdeutsch sozialisiert sind? Das schlägt das Bündnis Sahra Wagenknecht, kurz BSW, in seinem Wahlprogramm vor – zumindest für den öffentlichen Dienst.
Im MDRfragt-Stimmungsbild aus Thüringen gehört dieses Wahlversprechen zu denjenigen, in denen es keine klare Meinungstendenz dafür oder dagegen gibt.
Es gibt jedoch etwas mehr Befürworterinnen und Befürworter als Gegnerinnen und Gegner – und einen vergleichsweise großen Anteil unentschlossener Befragter. Konkret ist fast die Hälfte der Befragten eher für eine solche Ost-Quote im öffentlichen Dienst. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) lehnt die Idee eher ab. 16 Prozent positionierten sich nicht.
Argumente für die Ost-Quote auf dem Amt
MDRfragt-Mitglied Kristin (45) aus Mittelsachsen sieht hingegen durchaus auch Vorteile, zumindest für bestimmte Positionen: "Wichtig ist aus meiner Sicht die Besetzung der Führungspositionen mit 'Einheimischen'." Und Stefan (45) aus dem Saale-Holzland-Kreis meint: Es gebe so viele Ideen für Quoten bei Job-Besetzungen: "Warum nicht auch Ossis?!"
Auch Falk (36) aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen sieht positive Aspekte, fände es allerdings übertrieben, wenn die Ost-Quote so lange praktiziert wird, bis die Hälfte aller Jobs mit Ostdeutschen besetzt ist: "Aber es sollte sehr wohl darauf geachtet werden, dass inbesondere in hohen Führungspositionen mehr Ostdeutsche eingestellt werden."
Evelyn (66) hält Quoten eigentlich generell für falsch, fände sie in der Version "Ost-Quote im öffentlichen Dienst" allerdings eher gut. Ihr Argument: Gerade in entscheidenden Positionen säßen auch heute noch viele westdeutsch sozialisierte Entscheiderinnen und Entscheider – gerade auch in der Politik.
Keine Ost-West-Karte mehr nach 35 Jahren
Alexander (32) aus Weimar hält nichts von einer Ost-Quote: "Leute, die so etwas fordern, sind wohl Ewiggestrige. So eine Quote wäre wohl direkt nach der Wende sinnvoll gewesen, um eine bessere Akzeptanz zu erhalten. Heute ist sie reiner Populismus."
Aus Sicht von Susanne (50) aus Jena besteht nicht einmal das Problem, das eine Ost-Quote im öffentlichen Dienst lösen könnte: "Die meisten Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung stammen aus Ostdeutschland. Ich sehe hier kein Defizit. Wir können froh sein, wenn wir überhaupt noch ausreichend geeignete Leute für den öffentlichen Dienst kriegen."
Und auch Diana (46) aus Jena findet: "30 Jahre nach der Wende sollte Ost-West kein Thema sein." Ingo (50) aus dem Altenburger Land argumentiert noch grundsätzlicher: "Quoten finde ich immer schlecht."
Florian (24) aus dem Landkreis Gotha ist nicht so recht überzeugt, wie er MDR AKTUELL erzählt hat: Er wisse nicht, wie sich eine solche Quote umsetzen lasse, meint er und nimmt sich selbst als Beispiel: "Was zählt? Ich persönlich bin in Ostdeutschland geboren, meine Familie stammt aber aus dem Ausland."
Mehr zum BSW-Wahlversprechen und der Einschätzung dazu, wie gut sich das umsetzen ließe, gibt es im folgenden Audio zum Nachhören:
Mobilitätsgarantie für jedes Dorf wäre top, aber...
Eine Mobilitätsgarantie für jedes Dorf in Thüringen: Ein stündlicher Anschluss von morgens bis abends an Bus und Bahn, auf der letzten Meile gegebenenfalls mit Rufbussen und Sammeltaxis.
Diese Idee vertreten nicht nur die Thüringer Bündnis-Grünen in ihrem Wahlprogramm, auch SPD und Linke trommeln für diese sogenannte Mobilitätsgarantie.
Im MDRfragt-Barometer fällt die Meinungsnadel sehr eindeutig pro Mobilitätsgarantie aus: Ein Großteil der Befragten, nämlich 85 Prozent, halten diesen Vorschlag für richtig oder eher richtig. Etwas mehr als jede und jeder Zehnte (11 Prozent) hält die Idee hingegen tendenziell für falsch.
Klaus (55) aus dem Landkreis Gotha gehört zu den Befürwortern: "In anderen Ländern wie Italien, Österreich, und so weiter, funktioniert es auch, nur in Deutschland nicht."
Für Kerstin (61) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gilt: "Wenn wir wirklich eine Verkehrswende wollen, muss der öffentliche Verkehr allen immer zur Verfügung stehen und preiswert sein sowie mit erneuerbaren Energien betrieben werden."
...nicht bezahlbar?
Martina (63) aus Erfurt sieht durchaus Vorteile einer Mobilitätsgarantie, aber auch Risiken: "Eine bessere Anbindung ist sicher für die Menschen – vor allem auf dem Land – notwendig und wird ja auch immer wieder eingefordert." Für Martina spricht dagegen, dass wahrscheinlich die Ticketpreise steigen, um diese zusätzlichen Verbindungen zu finanzieren: "Wenn ein Bus zum Beispiel regelmäßig fährt, die Leute – vor allem Rentner – diese aber kaum nutzen können, weil die Fahrt einfach zu teuer ist, beißt sich die Katz in den Schwanz."
Unter jenen, die gegen das Ziel sind, jedes Dorf mit mindestens stündlichem Takt an das öffentliche Nahverkehrsnetz anzuschließen, ist die Finanzierung meist das Hauptargument.
So meint Silke (56), die im Ilm-Kreis wohnt: "Es ist schlicht nicht zu finanzieren, dass jedes Dorf stündlich einmal erreichbar ist. Auf dem Land ist das eigene Auto die einzige Alternative."
Und Cornelia (62) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt meint, man könnte ja kleiner anfangen, und überhaupt mal verlässliche abendliche Verbindungen anbieten: "Besser wäre, dass die Dörfer feste Linien haben und wenigstens eine Abend-Verbindung besteht, um auch abends mal ins Theater oder zum Essen zu fahren und an anderen Veranstaltungen teilzuhaben." Cornelia spricht dabei aus eigener Erfahrung: "Ich wohne auf dem Land und fahre überhaupt keinen Bus, weil noch nicht einmal zum Rudolstadt-Festival nachts ein Bus nach Teichweiden fährt."
Ob eine Mobilitätsgarantie umsetzbar wäre, hat MDR AKTUELL recherchiert. Im Audio gibt es die Antwort zum Nachhören:
Verfassungsschutz? – Lieber stärker kontrollieren als abschaffen
Die AfD will das Landesamt für Verfassungsschutz abschaffen, die Linke erhebt diese Forderung auch schon länger, hat es in ihrer Regierungszeit bisher allerdings nicht getan – und die Bündnisgrünen wollen zumindest über eine Abschaffung diskutieren und sie prüfen.
Im MDRfragt-Stimmungsbild gibt es wenig Zuspruch für die Idee, den Verfassungsschutz im Freistaat aufzulösen.
Mit Blick auf verschiedene Möglichkeiten sind die Befragten deutlich eher dafür, die Arbeit des Landesamtes stärker als bisher zu kontrollieren (27 Prozent). Eine stärkere parlamentarische Kontrolle schwebt unter anderem dem BSW vor. Die CDU will dem Verfassungsschutz laut Wahlprogramm hingegen eher mehr Befugnisse als bisher einräumen. Das fände knapp jede und jeder vierte Befragte gut.
Rund ein Fünftel positioniert sich in dieser Frage nicht (19 Prozent). Diese Gruppe ist damit so groß wie der Anteil der Befragten, die tatsächlich für eine Auflösung des Verfassungsschutzes wären (18 Prozent). Etwa jede und jeder Zehnte (12 Prozent) findet: Das Landesamt für Verfassungsschutz soll einfach so bleiben, wie es ist.
Gegen eine Auflösung ist zum Beispiel MDRfragt-Mitglied Frank aus dem Weimarer Land. Er hat darüber mit MDR AKTUELL gesprochen und sagt unter anderem: "Von einer Abschaffung halte ich überhaupt nichts. Die polizeilichen Behörden sind ja im weitesten Sinne in diesem Arbeitsfeld eingeschränkt, deswegen brauchen wir das schon." Gleichzeitig findet er: "Aber es sollte eine öffentliche Kontrolle geben, durchaus nicht nur durch den Landtag."
Mehr zu diesem Wahlversprechen, und ob es rechtlich umsetzbar wäre, gibt es im folgenden Audio. Kurze Zusammenfassung: Stärkere Kontrolle ginge, Abschaffung des Landesamtes ginge nicht.
Meinungen zur Arbeit des Verfassungsschutzes
MDRfragt-Mitglied Silvia (46) sieht unter dem amtierenden Verfassungsschutzchef durchaus Fortschritte im Vergleich zur früheren Arbeit, etwa zu Zeiten, als der rechtsterroristische Nationalsozialistische Untergrund, kurz NSU, auch in Thüringen agierte. "Da müsste die Aufklärung weitergehen", so Silvia.
Für Iris (66) aus Erfurt gilt: "Wenn er überflüssig wäre, gäbe es ihn wohl nicht mehr." Sie sieht aber auch die Gefahr, dass es zu wenig Kontrolle und zu viel Arbeit im Geheimen gebe.
Janine (40) aus dem Landkreis Greiz meint: "Die Idee einer Auflösung kann ja nur von den Parteien kommen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden..."
Frank (60) findet eine Auflösung durchaus bedenkenswert und meint, es muss nicht unbedingt ein Landesamt geben: "Das sollte zentral vom Bund geregelt werden." Astrid (59) aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen findet, dass der Verfassungsschutz derzeit nicht so arbeite, wie er sollte, und eher ein Regierungsschutz sei.
Und Patrick (45) meint, es sei für Bürgerinnen und Bürger schwierig zu beurteilen, was an den Diskussionen um den Verfassungsschutz dran sei: "Was läuft denn nicht gut oder richtig? Sorry, ich kann da keine Angaben machen und glaube, auch die meisten anderen Nutzer können das eigentlich nicht."
Steuerfreie Überstunden? – eher ja
FDP-Bundeschef und Finanzminister Christian Lindner fiel schon im Frühjahr mit seiner Forderung auf, man müsse den Deutschen "Lust auf die Überstunde" machen und in einem 12-Punkte-Papier der Bundespartei findet sich die Idee, mit steuerlichen Anreizen für mehr Arbeitsstunden des Einzelnen zu sorgen.
Auch die Landes-FDP hat diesen Vorschlag in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Dort heißt es: "100 Überstunden pro Jahr sollten steuer- und abgabenfrei sein. Dies fördert die Arbeitsmotivation und unterstützt Unternehmen in arbeitsintensiven Phasen."
Im MDRfragt-Stimmungsbild kommt diese Idee gut an: Drei von vier Befragten (75 Prozent) begrüßen den Vorschlag, jede und jeder Fünfte (20 Prozent) lehnt ihn eher ab. Die restlichen 5 Prozent der Befragten aus Thüringen positionieren sich in dieser Frage nicht.
MDRfragt-Mitglied Tobias (49) aus dem Eichsfeld hat seine Position nicht nur im MDRfragt-Stimmungsbild geteilt, sondern auch bei MDR AKTUELL etwas mehr darüber erzählt. Seine Meinung: "Zum einen ist das natürlich eine gute Sache, dass die Leute ein bisschen mehr Geld in der Tasche haben für ihre Arbeit, die sie ja leisten." Der Thüringer stößt sich gleichzeitig daran, dass die Überstunden nicht nur steuerfrei, sondern auch abgabenfrei sein sollen – also weniger in die Rentenkasse eingezahlt wird.
Mehr dazu, ob das Wahlversprechen umsetzbar ist und wie Expertinnen und Experten auf das Thema blicken, kann im folgenden Audio nachgehört werden:
Doch auch im MDRfragt-Stimmungsbild finden sich zahlreiche Kommentare pro und kontra steuerfreie Überstunde.
Pro steuerfreie Überstunde
So gehört beispielsweise Sabine (47) aus dem Weimarer Land zu denjenigen, die steuerfreie Mehrarbeit gut finden. Und nicht nur die. Sie schrieb dazu: "Überstunden sollten generell steuerfrei sein, genauso Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Jahresendprämien. Dieser Verdienst gehört in vollem Umfang demjenigen, der dafür gekämpft und Zeit und Kraft investiert hat. Der Staat hat daran null Verdienst."
Und Steven (43) aus dem Landkreis Gotha findet: "Grundsätzlich sind steuerfreie Überstunden für Beschäftigte sinnvoll. Jedoch muss dies Grenzen haben, um nicht Arbeitskräfte bewusst einzusparen und bestehende Beschäftige über Gebühr zu beanspruchen. Hier muss sorgfältig abgewogen werden."
Kontra steuerfreie Mehrarbeit
Für Sandra (33) aus Erfurt geht die Idee an der Realität vieler Beschäftigter vorbei: "Ein Großteil der Überstunden wird gar nicht bezahlt, sodass eine steuerfreie Lösung nur bedingt zielführend ist."
Kritisch sieht beispielsweise Christian (48) aus dem Unstrut-Hainich-Kreis, dass bis zu 100 Überstunden steuer- und abgabenfrei gestellt werden könnten. Er schreibt: "Ich halte die Quote bei den Überstunden für problematisch: Arbeitgeber könnten das zu schnell als Standard ansehen und ausnutzen."
Nicolas (34) aus Erfurt findet: "Wenn unbezahlte Überstunden steuerfrei werden, bleibt trotzdem nichts bei den Angestellten." Aus seiner Sicht sollte es zusätzliche Abgaben für die Arbeitgeber geben, wenn Überstunden anfallen: "Damit Unternehmen die Personalplanung so machen, dass es möglichst nicht zu Überstunden kommt. Überstunden sind immer ein Fehler in der Personalplanung."
Späterer Schulstart wird mehrheitlich abgelehnt
Wer ist schon jeden Tag spätestens 8 Uhr topfit, aufnahmebereit und kann Best-Leistungen abrufen? In den allermeisten Thüringer Schulen ist das für Kinder und Jugendliche – und auch für die Lehrkräfte – Notwendigkeit. Die SPD in Thüringen ist dafür, diesen frühen Schulstart nach hinten zu verschieben. Konkret schreibt die Partei in ihrem Wahlprogramm: "Der Unterricht startet oftmals viel zu früh am Tag. Nachweislich ist die Lernfähigkeit junger Menschen stark verringert, wenn gegen ihren Biorhythmus der Unterricht bereits um 7:30 Uhr beginnt und sie möglicherweise bereits eine Stunde Schulweg hinter sich haben. Schule darf deshalb nicht vor 09:00 Uhr beginnen."
Diese Idee kommt allerdings bei den MDRfragt-Mitgliedern in Thüringen nicht so gut an: Nur knapp ein Fünftel (18 Prozent) hält das eher für richtig. Der überwiegende Teil (77 Prozent) meint: lieber so lassen, wie es ist.
Marianne (39) aus Jena befürwortet einen späteren Schulstart: "Das entspricht eher dem natürlichen Rhythmus der Menschen." Auch Ivonne (47) aus dem Weimarer Land findet es besser, wenn es die Schule später beginnt – allerdings erst für die Größeren: "Schulbeginn 9 Uhr für alle weiterführenden Schulen. In der Grundschule halte ich es für unrealistisch, da die Kinder trotzdem früh abgegeben werden und ich empfinde es bei den Kleinen eher so, dass die Aufmerksamkeit zum Mittag hin sehr abnimmt."
Für MDRfragt-Mitglied Peggy (40) aus dem Landkreis Greiz liegt die Lösung in der Mitte: "Unsere Kinder fangen momentan 8.25 Uhr an. Das ist eigentlich eine gute Zeit. Für später wäre ich nicht."
Argumente gegen späteren Schulstart
Marcel (48) aus dem Landkreis Sömmerda meint, ein späterer Schulstart macht die gesamte Tagesplanung unmöglich: "Damit verschiebt sich auch das Schulende nach hinten, was für die besuchten Vereine wieder zu Problemen führt. Die bisherigen Zeiten sind völlig in Ordnung. Fraglich ist nur, ob es Kindern zugemutet werden muss, dass sie teilweise eine Stunde oder länger mit dem Bus zur Schule pendeln müssen."
Für Holger (51) aus Erfurt gehört das frühe Aufstehen zu den praktischen Dingen, die Schule vermitteln soll: "Erstens sollten in der Schule Kinder vor allem etwas für das Leben lernen. Dazu gehört, dass man eben auch mal früher aufstehen muss." Zudem merkt er an, es könnte problematisch für Unternehmen werden, wenn Eltern wegen des späteren Schulstarts erst nach 9 Uhr im Job starten könnten.
Argumente für praktische Hindernisse eines späteren Schulstarts erwähnt auch MDR-AKTUELL-Redakteur Peer Vorderwühlbecke in seiner Übersicht dazu, ob und wie das SPD-Wahlversprechen umsetzbar wäre. Im folgenden Audio gibt es all seine Erkenntnisse zum Nachhören:
100 Prozent grüne Energie fürs grüne Herz?
"Energie regional zu produzieren, kann nur der richtige Weg sein", findet Thomas (59) aus Erfurt. Er gehört zu den MDRfragt-Mitgliedern, die in der Befragung angaben, eher für das Ziel zu sein, in absehbarer Zeit Thüringen komplett mit erneuerbaren Energien zu versorgen.
So wie Thomas sieht das gut die Hälfte der Befragten (51 Prozent) aus der Thüringer MDRfragt-Community. Ralf (64) lehnt die Idee hingegen ab, dass sich Thüringen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien versorgen kann, und blickt dabei auch auf den Ausbau der Windenergie: "Wo will Thüringen hin? Mit dem Ausbau von Windkraftanlagern im Thüringer Wald war es das mit dem Tourismus. Wer will schon neben einem Windrad Urlaub machen. Von der verschandelten Natur ganz zu schweigen."
Die Thüringer Linke hat in ihrem Wahlprogramm das Ziel vermerkt: "Wir wollen, dass Thüringen absehbar zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen versorgt wird. Energie soll dort erzeugt werden, wo sie benötigt wird."
Andere Wahlversprechen zur Energie mit höherem Zuspruch
Damit kommt das Wahlversprechen der Linken auf einen ähnlichen knappen Zuspruch (51 Prozent) wie die Idee der AfD, einfach gar keine neuen Windräder mehr zu bauen.
Deutlich mehr Zuspruch im MDRfragt-Stimmungsbild gibt es für die Forderung des BSW, Thüringen solle Vorreiter für innovative Speichertechnologien werden (75 Prozent) sowie für den Plan der CDU, der Freistaat solle seine bestehenden Wasserkraftanlagen erhalten und prüfen, ob bisher nicht realisierte Projekte doch noch umgesetzt werden können (94 Prozent.
Jürgen (66) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt ist zumindest ein Befürworter des Teils des Linken-Wahlversprechens, das darauf abzielt, die Energie möglichst dort zu erzeugen, wo sie gebraucht wird: "Anstatt immer mehr Trassen zu bauen und die Kosten für die Verbraucher zu steigern, ist es doch besser, die Energie lokal zu erzeugen und zu verbrauchen", findet er.
Sebastian (33) aus Jena findet, bei Wasserkraftanlagen müsste genau unterschieden werden: "Pumpspeicherkraftwerke und ähnliche Anlagen können wir nicht genug haben", findet der 33-Jährige. Doch für Laufwasseranlagen gelte das nicht, da sie Flüsse schädigten.
Und Marvin (47) hält einiges von der Idee, erneuerbare Energien zu fördern – unterscheidet aber zwischen den Erzeugungsformen. Aus seiner Sicht sollte nicht zu sehr auf Windräder und Solarparks auf der grünen Wiese gesetzt werden: "Wir sollten unsere wertvolle Flora bewahren und alternative Möglichkeiten der Energiegewinnung fördern. Dazu gehören auch Wasserkraftanlagen, die idealerweise sogar zu Speicherwerken umgebaut werden können." Auch eine Installationspflicht für Solaranlagen bei Neubauten fände der 47-Jährige aus Erfurt gut.
Doch ginge es überhaupt, dass Thüringen seinen eigenen Energiebedarf regenerativ zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen deckt – und ginge das auch ohne Windräder? Das hat MDR AKTUELL im Wahlversprechen-Check überprüft:
Meinungstrend tendiert zu Asyl-Zentren statt schneller Verteilung auf Wohnungen
Sollten Flüchtlinge und Asylsuchende möglichst schnell dezentral in Wohnungen untergebracht werden, oder eher länger in größeren Wohnheimen oder zentralen Erstaufnahmen untergebracht werden? Darüber wird seit Jahren immer wieder diskutiert, auch deshalb, weil viele Städte und Gemeinden melden, sie kämen nicht mehr hinterher damit, neuen Wohnraum für Asylsuchende zu organisieren.
In ihrem Wahlprogramm für die Landtagswahl verspricht die CDU Thüringen, sie wolle "Zentren für Aufnahme und Rückführung" schaffen, in denen Menschen ohne Aussicht auf eine Bleibeperspektive von ihrer Ankunft an bleiben und auch direkt wieder abgeschoben werden.
Wir wollten von der Thüringer MDRfragt-Gemeinschaft wissen, wie sie diese und andere Wahlversprechen finden, ohne jeweils zu sagen, von welcher Partei das Wahlversprechen kommt. An dieser Stelle werden wir in den kommenden Tagen weitere Ergebnisse veröffentlichen, inklusive Meinungen und Perspektiven der Thüringer MDRfragt-Gemeinschaft. Wie immer gilt: MDRfragt-Meinungsbilder sind aussagekräftig, aber nicht repräsentativ.
Großteil dafür, Asylsuchende bis zur Abschiebung zentral unterzubringen
In diesem Fall gilt: Der Vorschlag der CDU Thüringen kommt gut an. Ein Großteil der mehr als 6.500 Befragten findet solche Zentren richtig oder eher richtig (85 Prozent). Nur jede und jeder Zehnte hält sie für falsch oder eher falsch.
Doch wie begründen die MDRfragt-Mitglieder ihre Sicht? Ein häufiges Argument ist das, was auch Alexander (44) aus dem Eichsfeld in die Kommentarspalte schrieb: "Wer keine Perspektive hat hierzubleiben, muss auch nicht erst verteilt und wieder zur Abschiebung gesucht werden."
Zahlreiche Befürworterinnen und Befürworter hoffen, dass die Unterbringung in zentralen Einrichtungen die Abschiebungen beschleunigt: "Wer hier keine Bleibeberechtigung hat, muss, um Kosten zu sparen, schnellstens zurück. Da bedarf es keiner weiteren Diskussion", meint etwa Marko (48) aus dem Saale-Orla-Kreis. Es dürften nur Asylsuchende hier bleiben, die sich integrieren.
Und auch Maria (47) aus dem Landkreis Nordhausen meint, solche zentralen Einrichtungen könnten effizienter sein als die bisherige dezentrale Unterbringung: "Das kann funktionieren, wenn die Bearbeitung der Anträge nicht ewig dauert. MDRfragt-Mitglied Heike (61) lebt in Suhl, wo die derzeitige Landeserstaufnahme für Asylsuchende ist, wo also schon Hunderte Menschen nach ihrer Ankunft zunächst zentral untergebracht werden. Sie findet den CDU-Vorschlag dennoch gut: "Wir erleben hier in Suhl den Zustand mit der Erstaufnahmeeinrichtung. Man ist ständig negativ konfrontiert."
Kritischer Blick auf Asylzentren
Doch es gibt auch MDRfragt-Mitglieder, die kritisch auf die Idee blicken. So findet zum Beispiel Peter (56) aus dem Saale-Holzland-Kreis: "Die Zentren einzurichten, halte ich für falsch. Auch bei einer geringen Bleibeperspektive bleibt die Möglichkeit, dass Umstände zutage treten, die eine Anerkennung erlauben. Andererseits sind derartige Lager immer ein Hort für Gewalt und Kriminalität."
Und Eckhardt (67) aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen verweist auf das nahe gelegene Bayern, wo es solche zentralen Unterbringungszentren unter dem Namen Anker-Zentrum bereits seit einigen Jahren gibt: "Das Modell Ankerzentrum in Bayern zeigt die Folgen: Schwer beherrschbare und bewirtschaftbare Zentren der Hoffnungslosen sind dort entstanden. Wollen wir solche ghettoähnlichen Einrichtungen wirklich in Deutschland?"
Für MDR AKTUELL - Das Nachrichtenradio hat Reporter Peer Vorderwühlbecke das Wahlversprechen auf Herz und Nieren geprüft, solche zentralen Unterbringungen im großen Stil einzurichten und daraus direkt abzuschieben. Dafür sprach er auch mit Expertinnen und Experten, die eher kritisch auf das Thema blicken. Mehr dazu im Audio:
Was sagt der Ministerpräsident
Auch im ARD-Mittagsmagazin war die Unterbringung von Asylsuchenden in Thüringen Thema. Im Interview des ARD-Mittagsmagazins verwies Ministerpräsident Bodo Ramelow darauf, dass die Aufenthaltsdauer in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl möglichst kurz gehalten würden. Normalerweise sollten neuangekommene Asylsuchende wenige Wochen bis maximal drei Monate in Suhl bleiben, so der Linken-Politiker im Gespräch mit MIMA-Moderator Tino Böttcher.
In diesem Jahr seien bisher von 4.500 aufgenommenen Männern, Frauen und Kindern rund 3.500 an die Kommunen verteilt worden, so Thüringens Ministerpräsident weiter. Die Landesregierung plane eine komplett neue Erstaufnahme an einem anderen Standort und habe zahlreiche Außenstellen eröffnet.
Ramelow verwies darauf, dass Thüringen die Unterbringung von zugewiesenen Asylsuchenden managen könne, aber nicht steuern, wie viele Geflüchtete kommen: "Es geht doch um die Frage, ob wir uns klarmachen, dass die Asylbewerber-Zahl eine ist, die etwas mit europäischen Mechanismen zu tun hat. Das ist doch keine Frage, in der Thüringen alleine irgendwie die entscheidenden Stellschrauben stellen kann."
Über diese Befragung
Die "Frage der Woche - zur Landtagswahl" vom 1. bis 5. Juli 2024 stand unter der Überschrift: "Wahl-Check für Thüringen: Wie finden Sie die Ideen?".
Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen. Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ.
Bei dieser Befragung haben sich rund 6.500 Menschen aus Thüringen online mit ihrer Meinung eingebracht.
Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.
Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie am Ende des Artikels.
MDR AKTUELL - Das Nachrichtenradio