Schienenverkehr Bahnausbau in Thüringen: Warum der Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung wackelt
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21. September 2024, 13:17 Uhr
Eigentlich soll die Bahnstrecke zwischen Weimar und Gößnitz im Altenburger Land bis 2030 elektrifiziert und vollständig zweigleisig sein. Eine wackelige Finanzierung und eine fehlende Kosten-Nutzen-Rechnung machen allerdings verschiedenen Akteuren Sorge.
Am Bahnhof Jena-Göschwitz trennt sich die Elektro- von der Dieselwelt. Während nach Norden und Süden die Züge mit Bahnstrom unterwegs sind, steigen die Reisenden in Richtung Osten und Westen in Dieseltriebwagen.
Die 115 Kilometer zwischen Weimar und Gößnitz im Altenburger Land sind nicht elektrifiziert. Das soll sich bis 2030 ändern. Schon in zwei Jahren sollen die Bauarbeiten auf dem ersten Abschnitt zwischen Weimar und Jena-Göschwitz beginnen.
Fahrgastverband befürchtet Geldprobleme
Finanziert werden soll das Projekt über Mittel aus dem Bundesverkehrswegeplan - und genau da liegt das Problem. Aus Sicht von Fachleuten ist dieser Fördertopf massiv unterfinanziert. Gerade mal 2,2 Milliarden Euro stehen für den Ausbau des Schienennetzes zur Verfügung.
Der Fahrgastverband Pro Bahn befürchtet, dass das Geld gerade mal für die aktuell laufenden Projekte reicht. "Um die zahlreichen Aus- und Neubauvorhaben in den nächsten Jahren zu finanzieren, sind jährlich mehr als drei Milliarden Euro erforderlich", heißt es in einem offenen Brief an den Ostbeauftragten Carsten Schneider.
Ich mache mir da keine Sorgen.
Die Planungen der Bahn-Tochter DB InfraGo für die Mitte-Deutschland-Verbindung liegen inzwischen weitestgehend fertig auf dem Tisch. Geldprobleme würden die Umsetzung des Projektes weiter in die Zukunft verschieben - oder gar das Aus bedeuten.
Im Thüringer Infrastrukturministerium gehen die Verkehrsplaner trotz der schwierigen Finanzlage davon aus, dass der Ausbau plangemäß erfolgt. "Ich mache mir da keine Sorgen", sagt Abteilungsleiter Andreas Minschke. "Das Projekt ist eine feste Hausnummer im Verkehrswegeplan, und wie sieht das denn aus, wenn wir bei unseren Klimazielen auf der Bahnstrecke nicht elektrisch fahren?"
Bahnstrecke soll durchgängig zweigleisig werden
Laut Olaf Behr vom Bündnis Pro Bahn sind derzeit gerade mal 40 Prozent der Bahnstrecken im Land Thüringen elektrifiziert. Viele Strecken seien auch eingleisig und damit zu langsam, um im Vergleich zum Auto attraktive Fahrzeiten bieten zu können.
Auch auf der Mitte-Deutschland-Verbindung gibt es eingleisige Abschnitte. Etwa zwischen dem Haltepunkt Papiermühle und Hermsdorf im Saale-Holzland-Kreis. Außerdem zwischen Töppeln und Gera. An beiden Stellen fehlen etwa fünf Kilometer zweites Gleis. Pendler klagen auch deshalb immer wieder über Verspätungen. Zum Beispiel, wenn Züge zwischen Jena und Gera auf den Gegenverkehr warten müssen.
Das Land Thüringen hat deshalb die Bahn beauftragt, im Rahmen der Elektrifizierung die beiden Abschnitte zweigleisig auszubauen. Die Mittel dafür sollen zu einem großen Teil aus dem sogenannten Gemeindebedarfsfinanzierungsgesetz kommen. Voraussetzung für die entsprechenden Verträge ist allerdings eine Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Strecke.
Wichtige Punkte in der Nutzen-Kosten-Untersuchung sind:
- Fahrgastnutzen (z. B. Reisezeitgewinne)
- Umweltfolgen durch die Reduzierung des Individualverkehrs
- Betriebskosten der Bahn
- Unfallfolgekosten des Individualverkehrs
- Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen
- Geräuschbelastung
Je nach Ausgang der Untersuchung kann das Projekt entweder gefördert werden oder nicht. Für Kritik sorgt, dass die Kosten-Nutzen-Untersuchung vom Land bisher noch nicht beauftragt wurde. Laut Infrastrukturministerium soll das aber in den nächsten Tagen erfolgen. Mit Ergebnissen rechnen die Planer im September 2025.
Ausbau stellt Bahn vor Probleme
Der zweigleisige Ausbau stellt die Bahn vor große Herausforderungen. Das liegt zum Beispiel am schwierigen Gelände auf der Trasse und an engen Platzverhältnissen. Für zweigleisige Strecken gelten inzwischen höhere Gleisabstände als früher - auch wegen höherer Geschwindigkeiten. Für den Ausbau zwischen Weimar und Gößnitz heißt das an vielen Stellen auch, dass der Bahndamm verbreitert werden muss. Auch die Masten für den Fahrdraht brauchen Platz.
Zahlen, Daten und Fakten zum Umfang des Ausbaus:
- 115 Kilometer Strecke
- 23 Bahnübergänge
- 194 Durchlässe
- 138 Eisenbahnüberführungen und Tunnel
- 235 Bauwerke
- 181 Kilometer Oberleitung
Quelle: Deutsche Bahn
Außerdem sollen acht Haltepunkte längere Bahnsteige bekommen. Die Brücke über die Weiße Elster kurz vor Gera muss für das zweite Gleis komplett neu gebaut werden.
Land stellte eigene Mittel für Mitte-Deutschland-Verbindung in Aussicht
Für den Fall, dass die Nutzen-Kosten-Untersuchung für den zweigleisigen Ausbau negativ ausfällt, will die Thüringer Landesregierung nach eigenen Worten eigene Mittel für das Projekt bereitstellen. Vorausgesetzt, der Landtag stimmt dem Ausbau ebenfalls zu.
Was definitiv besser werden muss, ist das Angebot.
Olaf Behr vom Bündnis Pro Bahn freut das. Er fordert vom Land einen klaren Fahrplan, wie die Defizite im Thüringer Schienennetz beseitigt werden sollen. Das Deutschland-Ticket reiche nicht, sagt er. "Was definitiv besser werden muss, ist das Angebot. Das muss zuverlässiger, pünktlicher und an vielen Stellen auch dichter werden." Ein dichteres Angebot: auf der Mitte-Deutschland-Verbindung funktioniert das nur mit zweitem Gleis. Dann wäre sogar Güterverkehr auf der Strecke drin.
MDR (adr/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 21. September 2024 | 19:00 Uhr
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