Martin Dulig
Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hat Äußerungen von Regierungschef Kretschmer dementiert, das neue Vergabegesetz sei vom Tisch. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Koalitions-Streit in Sachsen Dulig stellt klar: Neues Vergabegesetz nicht vom Tisch

08. Februar 2024, 15:37 Uhr

Vor mehr als vier Jahren hatte sich Sachsens Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD auf ein neues Vergabegesetz geeinigt. Es sieht vor, dass nicht mehr der günstigste Anbieter bei öffentlichen Aufträgen den Zuschlag bekommt, sondern Firmen, die ihre Beschäftigten ordentlich bezahlen. Doch um das Vorhaben gibt es Stteit: Nach einem Tweet des Ministerpräsidentes Kretschmer, in dem er den Gestetzentwurfs ablehnt, hat nun Wirtschaftsminister Dulig deutlich widersprochen.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) will das neue Vergabegesetz in Sachsen in der nächsten Kabinetts-Sitzung verabschieden. Das teilte der Minister am Donnerstag in Dresden mit. Danach soll der Gesetzentwurf zur Anhörung freigegeben werden. "Der Gesetzentwurf ist nicht von Tisch, er liegt auf dem Kabinetts-Tisch." Die Stellungnahmen der Wirtschaftskammern, die den Entwurf bislang ablehnen, würden dann in den Entwurf eingearbeitet, so Dulig.

Der Gesetzentwurf ist nicht von Tisch, er liegt auf dem Kabinetts-Tisch.

Martin Dulig (SPD) Wirtschaftsminister Sachsen

In dieser Wahlperiode könne das Gesetz zwar nicht mehr im Sächsischen Landtag beschlossen werden. Der überarbeitete Entwurf könne aber Grundlage für die Entscheidung einer neuen Landesregierung sein.

Kretschmer-Tweet sorgte für Ärger

Ein Tweet von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auf der Nachrichten-Plattform X (ehemals Twitter) hatte für Unruhe in der Regierung gesorgt. Ein Gesetz, dass die Unternehmen, die Kommunen und Landkreise ablehnen, werde es nicht geben, postete Kretschmer vorige Woche. Seine Ablehnung des Gesetzentwurfs wollte Kretschmer auf Nachfrage von MDR SACHSEN aber nicht wiederholen.

SPD: Mit öffentlichen Geldern kein Lohndumping bezahlen

Die SPD will die Vergabe öffentlicher Aufträge an mehr Bedingungen knüpfen. Bei öffentlichen Aufträgen soll nicht mehr der günstigste Anbieter zum Zuge kommen, sondern die Firma, die ihre Beschäftigten gut bezahlt und nachhaltig wirtschaftet. Darum kämpfen die Sozialdemokraten seit bald zehn Jahren und haben das Vorhaben auch im Koalitionvertrag festgeschrieben. Entsprechend verärgert äußert sich der SPD-Landesvorsitzende Henning Homann. Die öffentliche Hand habe eine Vorbildfunktion und es könne nicht sein, dass mit öffentlichen Geldern Lohndumping finanziert werde, wettert Homann.

Es muss klar sein, wer mit staatlichem Geld Gewinne erzielt als Unternehmen, von dem verlangen wir, dass er seine Leute ordentlich bezahlt.

Henning Homann Landesvorsitzender SPD Sachsen

Als Beispiel nannte der SPD-Politiker den Wechsel des Essensanbieters in einer Kommune, bei dem die Beschäftigten statt Tariflohn nur noch den Mindestlohn bekommen. "Es muss klar sein, wer mit staatlichem Geld Gewinne erzielt als Unternehmen, von dem verlangen wir, dass er seine Leute ordentlich bezahlt". Auch die Gewerkschaften sind verärgert. Das Vergabegesetz einfach so zu beerdigen, dass gehe aus Beschäftigtensicht gar nicht, sagte die sächsische DGB-Vize Daniela Kolbe. Sie wirft Kretschmer ein Einknicken vor der Wirtschaft vor.

Wirtschaftsverbände lehnen Vergabegesetz ab

Sachsens Wirtschaft ist sich dagegen weitgehend einig: Der Chef der IHK zu Leipzig, Gert Ziener, sagte MDR SACHSEN, Sachsen habe ein schlankes und funktionsfähiges Vergabegesetz und brauche keine Neuregelung mit zusätzlichen Auflagen. Am Ende sei das eine unternehmerische Entscheidung. "Entweder ich will meine Belegschaft halten, dann muss ich sie ordentlich bezahlen. Wenn die Bezahlung zu niedrig ist, dann kann es schon sein, dass die Beschäftigten mit den Füßen abstimmen."

Auch der Sprecher des Sächsischen Handwerkstags, Andreas Brzezinsky, ist davon überzeugt, dass es bereits ausreichend Regelungen gibt, die soziale Standards sicherten. Das Gros der Vorschläge für eine Neufassung würden das Gesetz unnötig verkomplizieren, so Brzezinsky. Und das in Zeiten von Fachkräftemangel und unbesetzter Stellen in der Verwaltung.

MDR (kbe/bdi)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 08. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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