Erster Sicherheitsbericht Gefühlte Kriminalität: Ist Sachsen (nicht) sicher?
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29. April 2023, 05:00 Uhr
Zwischen der Wahrnehmung von Kriminalität und den tatsächlichen Fallzahlen gibt es in Sachsen teilweise erhebliche Unterschiede. Das ist ein Ergebnis des erstmals vorgelegten Sicherheitsberichtes der Ministerien für Inneres und Justiz. Was heißt das konkret und wie kann die Politik darauf reagieren?
- Die Menschen in Sachsen nehmen die Sicherheitslage im Freistaat anders wahr, als sie tatsächlich ist.
- Die Zahl der Gewaltdelikte und Grenzkriminalität ist gesunken, Sexual- und Computerdelikte sind gestiegen.
- Dass die gefühlte Sicherheit nicht mit der tatsächlichen übereinstimmt, liege auch an den Medien, sagt die Justizministerin.
Die Kriminalität in Sachsen ist zwischen 2017 und 2021 zurückgegangen - und zwar deutlich, wie der erste Sicherheitsbericht für den Freistaat zeigt. Die Zahl der in der Kriminalstatistik erfassten Straftaten sank in den fünf Jahren demnach um 24 Prozent. Doch die gefühlte Kriminalität ist viel höher als die tatsächliche: Mehr als 72 Prozent der befragten Bürger gingen von steigender Kriminalität in dem Zeitraum aus. "Es klafft wirklich weit auseinander. Nur 11,8 Prozent gaben an, dass die Kriminalitätswahrnehmung gesunken ist", sagte Justizministerin Katja Meier (Grüne).
Es klafft wirklich weit auseinander. Nur 11,8 Prozent gaben an, dass die Kriminalitätswahrnehmung gesunken ist
Delikte an Sachsens Grenzen gesunken, Sexual- und Computerdelikte gestiegen
In Grenznähe zu Tschechien und Polen fühlt sich ein Drittel der sächsischen Bewohner unsicher, obwohl sich auch hier die Lage in den fünf Jahren verbessert hat und die Kriminalität um zwölf Prozent gesunken ist. Die Zahl der Wohnungseinbrüche hat sich in dem Zeitraum sogar mehr als halbiert. Auto-Diebstähle gingen um 42 Prozent zurück, Taschendiebstähle um mehr als 50 Prozent. Es gibt aber auch Bereiche wie Sexualdelikte, Cyberkriminalität oder Kinderpornographie, die deutlich steigende Fallzahlen verzeichnen.
Justizministerin sieht Ursache auch bei Medien
Nach den Worten von Meier ist das Sicherheitsgefühl vor allem bei Frauen, bei sehr jungen und sehr alten Menschen sowie bei Migranten und Menschen mit einem geringeren Bildungsgrad niedrig. Bei ihnen komme es auch zu einem deutlichen "Vermeidungsverhalten". Vermieden würden beispielsweise Äußerungen in sozialen Medien. Betroffene gingen zudem im Dunkeln nicht gern auf die Straße.
Einen Grund für den Unterschied zwischen Realität und Wahrnehmung sieht Meier in der Medien-Berichterstattung und in sozialen Medien. Mit ihnen werde man im täglichen Leben mit Kriminalität konfrontiert. Das habe ein Stück weit etwas mit "verzerrter Wahrnehmung" zu tun, aber auch mit persönlichen Erfahrungen. "Je höher das Vertrauen in Polizei und Justiz ist, desto geringer ist die Furcht vor Kriminalität", sagte Meier.
Sachsens Innenminister: "Bericht vergrößert meine Probleme"
Der Sicherheitsbericht soll der Landesregierung auch helfen bei der Frage: Wo ist intensivere Strafverfolgung nötig, wo braucht es mehr Prävention und Hilfsangebote? Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte, der Bericht mache den Spagat für ihn noch schwieriger: "Wenn du als Innenminister jetzt die Frage beantworten musst: Wo gibst du die 518 neuen Stellen bei der Polizei hin? Natürlich schreien die Metropolen nach Polizei, weil dort das Aufkommen hoch ist." Andererseits mache der Bericht deutlich, dass in ländlichen Regionen die Kriminalität niedriger, die Furcht davor aber groß sei und der Staat Präsenz zeigen müsse.
Wenn du als Innenminister jetzt die Frage beantworten musst: Wo gibst du die 518 neuen Stellen bei der Polizei hin?
Sachsen ist Schuster zufolge eines der sichersten Bundesländer, das werde in dem Bericht bestätigt: "Die Herausforderung ist, dass Polizei und Justiz mit erfolgreicher Arbeit es aber noch nicht geschafft haben, das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung dazu in Einklang zu bringen."
MDR (kbe/kah)/dpa