Radverkehr Leipzig richtet mit der Velo-City den größten "Weltfahrradgipfel" aus
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09. Mai 2023, 16:29 Uhr
Mit der Velo-City als größte internationale Radverkehrskonferenz kommen in Leipzig 1.400 Teilnehmende sowie 300 Rednerinnen und Redner aus 60 Ländern zusammen. Sie diskutieren über eine fahrradgerechte Trendwende im Straßenverkehr und was in anderen Ländern besser läuft. Fahrrad-Verbände in Sachsen äußern unterdessen Kritik an der Situation für Radfahrende im Freistaat.
- Die Stadt Leipzig ist die zweite Stadt in Deutschland in der der weltweit größte "Weltfahrradgipfel" ausgetragen wird.
- Die Landeshauptstadt Dresden hält den Negativ-Rekord bei den meisten verunglückten und schwerverletzten Radfahrenden in Deutschland.
- Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) sollte laut ADFC mehr für den Radverkehr tun.
In Leipzig ist am Dienstag die Velo-City 2023 gestartet. Nach München ist Leipzig damit die zweite Stadt, die den weltweit größten "Weltfahrradgipfel" austrägt. Mehr als 1.000 Mobilitätsexperten und Repräsentanten aus über 60 Ländern kommen in der Messestadt zusammen, um über den Radverkehr der Zukunft zu diskutieren. Mit dabei ist unter anderem Professor Carlos Moreno, der als ein Pionier nachhaltiger Stadtentwicklung gilt und das Konzept für die Pariser Verkehrswende entwickelt hat.
Was ist die Velo-City? Die Velo-City gilt als die weltweit führende Konferenz für Radverkehr und nachhaltige Mobilität. Jedes Jahr kommen Vertreter von Verbänden, Städten, Behörden, internationalen Institutionen, Industrie, Universitäten und Politik zusammen, um über nachhaltige Mobilität, bessere Fahrrad-Infrastruktur und eine zukunftsfähige Stadtentwicklung zu diskutieren. Die Weltradverkehrskonferenz findet seit 1980 statt. Quelle: Stadt Leipzig
Viele Radfahrer in Sachsen fühlen nicht sicher
Dass Diskussionsbedarf in Sachen Radverkehr in Sachsen besteht, zeigt eine Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC). Nach Angaben des Verkehrsclubs fühlen sich drei Viertel der befragten Sachsen auf dem Rad gefährdet. Warum für mehr als die Hälfte der Befragten Radfahren eher Stress als Spaß bedeutet, erklärt Geschäftsführer Konrad Krause: "Man ist Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse. Von Autofahrenden wird hin und wieder ziemlich deutlich gemacht, dass man auf der Straße nichts zu suchen hat, wenn man zum Beispiel nur knapp überholt wird."
Man ist Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse. Von Autofahrenden wird ziemlich deutlich gemacht, dass man auf der Straße nichts zu suchen hat.
Benachteiligt fühlen sich laut Krause Radfahrerinnen und Radfahrer außerdem durch unzureichende Infrastruktur, wie Radwege, die abrupt enden oder lange Wartezeiten an Fahrradampel: "Das lässt ein Sicherheitsgefühl bei den Radfahrenden entstehen, das einfach nicht gut ist." In manchen Regionen sähen die Radler aber die Rad-Verhältnisse durchaus positiv. Laut ADFC sind rund 64 Prozent in Auerbach zufrieden, gefolgt von Leipzig mit 62 Prozent und Stollberg mit 56 Prozent.
Dresden: Negativ-Rekord bei schwer verletzten Radfahrenden
Problematisch sieht der Verkehrsexperte der CDU-Fraktion, Veit Böhm, die Situation im Dresdner Stadtrat beim Thema Radverkehr: "Die Politik ist bei vielen Themen sehr konträr. Das ist nicht sehr hilfreich. Es hängt auch damit zusammen, dass Teile der Politik den Radverkehr gegen den Autoverkehr ausspielen."
Dazu habe allerdings auch die CDU Dresden in der Vergangenheit oft beigetragen hat, gibt Böhm zu: "Es ist besser geworden. Beim Verkehr haben wir uns in den vergangenen zwei, drei Jahren sehr bewegt. Eins ist klar: Es muss mehr für den Radverkehr, vor allem viel viel mehr für die Sicherheit gemacht werden." Denn Dresden habe eine der höchsten Unfall- und Schwerverletztenquoten.
Eins ist klar: Es muss mehr für den Radverkehr, vor allem viel viel mehr für die Sicherheit gemacht werden.
Dulig will Radverkehr mit Millionen Euro fördern
Die Landesregierung wolle in Sachen Radverkehr in dieser Wahlperiode noch einiges verbessern, sagte Verkehrsminister Martin Dulig (SPD): "Wir haben jetzt fast 40 Millionen Euro im Haushalt für Planung und Bau und schauen, dass wir Lückenschlüsse organisieren, das Sachsennetz-Rad weiter entwickeln und mit den Radschnellwegen voran kommen."
Man hat in Holland oder in anderen Ländern gesehen, wo das Radfahren dazu gehört, dass dort alle Autofahrende auch Radfahrende sind. Man hat füreinander ein anderes Verständnis.
Das alles sei aber abhängig von der Akzeptanz, der Mentalität der Menschen, meint Dulig: "Man hat in Holland oder in anderen Ländern gesehen, wo das Radfahren dazu gehört, dass dort alle Autofahrende auch Radfahrende sind. Man hat füreinander ein anderes Verständnis". Diese Kultur müsse sich in Deutschland erst entwickeln, so Dulig.
ADFC: Verkehrsminister Dulig sollte mehr tun
Aus Sicht des ADFC Sachsen könne der Verkehrsminister mehr tun. Vor allem gebe es kaum Personalstellen für die Planung von Radwegen, sagt Konrad Krause: "Deswegen dümpeln die Planungen und dauern sechs, acht, zehn zwölf Jahre, manchmal 20." Sachsen werde auf der Velo-City in Leipzig die Hosen runter lassen, so der Geschäftsführer des Fahrradclubs: "Man sieht in Leipzig schön, wie vor so einem Moment plötzlich angefangen wird, wie wild Radinfrastruktur zu markieren. Da geht plötzlich ganz schnell ganz viel."
In Leipzig wurde erst vor wenigen Wochen ein Fahrstreifen zugunsten eines Radweges am Hauptbahnhof reduziert. Insofern wünsche er sich jede Woche eine Velo-City in Sachsen. Bis Freitag dient die Konferenz nun dem Austausch von Ideen.
MDR (phb, Hanno Griess)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 09. Mai 2023 | 10:30 Uhr