Vorfall in Hotel Sänger Gil Ofarim in Leipzig offenbar antisemitisch beleidigt
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05. Oktober 2021, 20:18 Uhr
Weil er einen Davidstern an einer Kette trug, soll ein Hotelmitarbeiter des Leipziger Hotels Westin dem Sänger Gil Ofarim das Einchecken verweigert haben. Der Vorfall sorgt vor allem in den Sozialen Netzwerken für Empörung. In Leipzig versammelten sich am Dienstagabend Hunderte Menschen für eine Kundgebung vor dem Hotel, um gegen Antisemitismus zu demonstrieren.
Der Sänger Gil Ofarim ist im Leipziger Hotel Westin offenbar antisemitisch beleidigt worden. Wie der 39-Jährige in einem Video auf Instagram mitteilte, soll ihn ein Hotelmitarbeiter aufgefordert haben, seine Davidstern-Kette abzulegen, um einchecken zu dürfen. Zuvor soll Ofarim zudem immer wieder beim Warten in der Schlange übergangen worden sein.
Der Sänger zeigte sich sichtlich ergriffen in seinem Video.
Warum? Haben wir denn nichts nichts aus der Vergangenheit gelernt? Bin sprachlos!
Kritik vom Zentralrat der Juden
Der Zentralrat der Juden kristisierte den Vorfall in Leipzig via Twitter: "Die antisemitische Anfeindung gegen Gil Ofarim ist erschreckend. So wie zu hoffen ist, dass das Westin personelle Konsequenzen zieht, hoffe ich ebenso, dass wir künftig auf Solidarität treffen, wenn wir angegriffen werden", so Zentralrats-Präsident Josef Schuster.
Sachsens Innenminister hofft auf Polizei-Untersuchung
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) äußerte sich auf einer Pressekonferenz zu dem Vorfall in Leipzig: "Ich kann nur hoffen, dass er Anzeige erstattet, so dass wir den Vorgang auch polizeilich untersuchen können", sagte Wöller. Sachsen sei ein weltoffenes Land und "wir kämpfen dafür, dass es weltoffen bleibt". Gäste, die in den Freistaat kommen, sollen sich hier sicher fühlen können. Dass jüdisches Leben nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in einem solchen Maße gefährdet ist, sei für ihn eine bedrückende Erfahrung.
Polizei will Video prüfen lassen
Der Sprecher der Leipziger Polizei, Olaf Hoppe, sagte, dass die mutmaßliche Aussage des Hotelangestellten für ihn "klar antisemitisch" sei. Die Polizei werde Inhalte des Videos an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Die solle eine strafrechtliche Relevanz prüfen. Je nach Ergebnis werde dann weiter ermittelt oder nicht. Mit Ofarim habe die Polizei bislang nicht gesprochen, sagte Hoppe. Die Leipziger Behörde kenne aber sein Video und habe es gesichert. Die Staatsanwaltschaft Leipzig kündigte an, die Vorwürfe zu prüfen.
Weitere Reaktionen
Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) meldete sich zu dem Vorfall auf Twitter zu Wort:
Es ist inakzeptabel und macht mich wütend, was Gil Ofarim in meinem Heimatland widerfahren ist. Ich spreche für die übergroße Mehrheit der Menschen in Sachsen, wenn ich mich stellvertretend für die antisemitische Demütigung entschuldige. Wir haben noch viel zu tun in Sachsen.
Sachsens Justiz- und Demokratieministerin Katja Meier (B90/Grüne) bezeichnete den "offenen Antisemitismus" als "unsäglich und unerträglich". Der Vorfall müsse Konsequenzen haben - "und eine Entschuldigung reicht da nicht aus", so Meier via Twitter. Staatsministerin Petra Köpping (SPD) ergänzte in ihrem Tweet: "Antisemitismus ist inakzeptabel und zu verurteilen. Immer. Der Vorfall in Leipzig muss gründlich aufgeklärt werden."
Irene Rudolph-Kokot von der Leipziger SPD machte ihrem Ärger ebenfalls auf dem Kurznachrichtenkanal Luft: "Es ist unerträglich. Das Westin muss sofort handeln. Wir als Zivilgesellschaft werden das nicht kommentarlos dulden." Caren Lay (Die Linke) sprach in einem Tweet dem betroffenen Sänger ihre Solidarität aus. In Richtung des Hotels schrieb sie: "Das ist echt das Letzte."
Demo am Dienstagabend in Leipzig
Am Dienstagabend hatten sich vor dem Westin in Leipzig zahlreiche Menschen versammelt, um gegen Antisemitismus zu demonstrieren. Laut Veranstalter schlossen sich 600 Teilnehmenden dem Protest an. Auch Mitarbeitende des Hotels beteiligten sich an der Versammlung.
MDR verurteilt Vorfall
Gil Ofarim war Montagabend Gast einer Aufzeichnung im Auftrag des MDR. "Was er anschließend aus einem Leipziger Hotel schildert, ist zutiefst beschämend. Wir verurteilen jegliche antisemitische Äußerung und fordern lückenlose Aufklärung und Konsequenzen", sagte eine MDR-Sprecherin.
Hotelmitarbeiter beurlaubt
Ein Sprecher des "Westin Leipzig" sagte der Deutschen Presseagentur, dass man sehr besorgt über den Bericht sei und die Angelegenheit extrem ernst nehme. Das Unternehmen versuche, Ofarim zu kontaktieren, um herauszufinden, was passiert sei. Inzwischen wurde der betreffende Mitarbeiter beurlaubt. Das bestätigte eine Hotel-Managerin der Leipziger Volkszeitung.
In einer Antwort auf einen Tweet von Anna Staroselski, Präsidentin der jüdischen Studierenden Union Deutschlands, versicherte auch die Marriott-Kette, zu der das Westin gehört, diese Angelegenheit "sehr ernst" zu nehmen. "Wir ermitteln dringend, um herauszufinden, was hier passiert ist", heißt es.
Quelle: MDR/mar/dpa/epd
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 05. Oktober 2021 | 19:00 Uhr