Antrittsbesuch Ukrainischer Botschafter will Kretschmer in die Ukraine einladen
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09. Februar 2023, 20:14 Uhr
Seit fast einem Jahr wütet der russische Angriffskrieg in der Ukraine. In dieser schwierigen Situation ist das Land über jede Unterstützung dankbar - finanziell und militärisch. Bei seinem Antrittsbesuch in Sachsen hat der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev am Donnerstag weiter für diesen Kurs geworben. Dabei wollte er vor allem bei Ministerpräsident Michael Kretschmer Zweifel ausräumen. Kretschmer hatte sich wiederholt kritisch zu den deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine geäußert.
- Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat bei einem Pressetermin im Dresdner Rathaus eine Schulfreundin wiedergetroffen.
- Bei seinem Besuch lobte er die Solidarität der Sachsen und sprach sich für eine Rückkehr der Ukrainer nach Kriegsende aus.
- Michael Kretschmer möchte er gern in die Ukraine einladen.
Bei seinem Besuch in Dresden hat der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev am Donnerstag für eine Überraschung gesorgt. Eigentlich wollte er sich in dem nüchternen, in grau und weiß gehaltenen Presseraum des Rathauses nur ins Goldene Buch der Stadt eintragen und ein Statement von sich geben. Doch plötzlich war alles anders. Der Diplomat wich vom offiziellen Programm ab und begrüßte kurzentschlossen eine alte Bekannte.
"Wenn es um die Ukraine ging, habe ich in Dresden immer wieder einen Namen gehört: Natalija Bock. Für mich ist sie keine Unbekannte. Wir sind in der Ukraine zehn Jahre zusammen zur Schule gegangen", sagte Makeiev und fügte an: "Ich werde jetzt zu ihr gehen und sie umarmen." Natalija Bock gilt in Dresden als Wortführerin der ukrainischen Community. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine steht sie laut Stadt in engem Austausch mit der Verwaltung und dem Oberbürgermeister und stellt unter anderem für Geflüchtete Kontakte zu Hilfsangeboten her.
Dresden kündigt Solidaritätspartnerschaft mit Chmelnyzkyj an
In Zukunft könnten ihre Dienste als Netzwerkerin noch mehr gefragt sein als bisher, denn Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) kündigte beim Termin mit dem Botschafter eine Solidaritätspartnerschaft von Dresden mit der ukrainischen Stadt Chmelnyzkyj in der Westukraine an. "Wir wollen das nicht bilateral machen, sondern zusammen mit Stuttgart und Straßburg." In allen Städten werde zeitnah eine entsprechende Vorlage in den Stadtrat eingebracht, sodass die Partnerschaft voraussichtlich im Frühsommer unter Dach und Fach gebracht werden könne, hieß es. In Dresden leben den Angaben zufolge derzeit rund 9.000 Ukrainer. Vor dem Krieg seien es 1.700 gewesen. "Die Ukrainer sind jetzt die größte ausländische Bevölkerungsgruppe in der Stadt", sagte Hilbert.
Botschafter für Rückkehr seiner Landsleute nach Kriegsende
Botschafter Makeiev lobte in diesem Zusammenhang das deutsche Engagement. "Ich habe bei meinem Besuch überall sehr aufgeschlossene und solidarische Menschen getroffen." Die Ukrainer würden gut integriert und sie fühlten sich in Deutschland geschützt und in Sicherheit. Das sei viel wert, so der Botschafter, der gleichzeitig betonte, dass er seine Landsleute gerne wieder in der Ukraine empfange, wenn der Krieg gewonnen sei.
Versöhnliche Töne gegenüber Sachsens Ministerpräsident
Anders als sein Vorgänger Andrij Melnyk stimmte er auch versöhnliche Töne gegenüber Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an. "Wir haben uns mehr als zwei Stunden unterhalten. Ich habe ihm erklärt, warum deutsche Waffen so wichtig für das Überleben der Ukraine sind." Er habe Kretschmer aufgefordert, mit den Menschen zu sprechen, um ihnen die schwierige Situation in der Ukraine verständlich zu machen.
Einladung von Kretschmer in die Ukraine
Auf Nachfrage sagte Oleksii Makeiev zudem, dass Sachsens Regierungschef wieder in der Ukraine willkommen sei. Andrij Melnyk hatte Kretschmer nach dessen Bemerkungen über ein "Einfrieren des Krieges" mit deutlichen Worten ausgeladen. "Wir haben zwar nicht darüber gesprochen, aber ich würde Michael Kretschmer gern einladen", sagte Makeiev.
Erfolgsmodell dezentrale Hilfe
Makeiev hob bei seinem Besuch in Dresden den Wert von Städtepartnerschaften hervor. "Der persönliche Kontakt ist essenziell. Man kann nicht alles über Twitter regeln. In vielen Fällen ist es notwendig, dass es einen Ansprechpartner gibt, den man anrufen kann." Über die vielfältige Hilfe der sächsischen Städte habe er mit Michael Kretschmer geredet. "Das funktioniert einfach einwandfrei. Vielleicht auch, weil die Ukraine ähnlich dezentral aufgebaut ist wie Deutschland", vermutete der Botschafter.
Antrittsbesuch in Dresden mit vielen Stationen
Im Laufe des Tages hat Oleksii Makeiev in Dresden ein umfangreiches Programm absolviert. Am Vormittag hatte er sich im Sächsischen Landtag zunächst mit Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) getroffen. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Hausherrn trug sich der Botschafter ins Gästebuch des Landtages ein. Danach zog er sich mit Rößler zu einem nichtöffentlichen Gespräch zurück. Anschließend ging es weiter zu Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).
Gespräch mit Wirtschaftsvertretern
Neben den Treffen mit der politischen Führung des Freistaats nahm Oleksii Makeiev auch Kontakt mit Vertretern der Wirtschaft auf. Am frühen Nachmittag sprach er mit Verantwortlichen der sächsischen Industrie- und Handelskammern sowie sächsischen Firmeninhabern, die in der Ukraine Produkte produzieren. Vor Ort war unter anderem Mirko Wölfel, Geschäftsführer und Inhaber der TuP GmbH aus Markneukirchen im Vogtland. Der Textilverarbeitungs- und Polstereibetrieb hat eine ukrainische Produktionsstätte in Oblast Zakarpatska im Westen der Ukraine.
MDR (sth/das)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 09. Februar 2023 | 19:00 Uhr