Nationalpark Böhmische Schweiz Nach Brand am Prebischtor: Kommt das Verkaufsverbot für Böller?
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22. Mai 2023, 18:00 Uhr
Nachdem am Vatertag ein Waldstück am Prebischtor brannte, denkt man nun auf tschechischer Seite über Konsequenzen nach. So soll in den umliegenden Orten des Nationalparks Böhmische Schweiz der Verkauf von Feuerwerkskörpern eingeschränkt oder verboten werden. Darüber berät am Montagabend der Gemeinderat von Hřensko. Verantwortlich für das Feuer soll ein deutscher Tourist sein, der betrunken mit Pyrotechnik hantiert haben soll. Die Nationalparkverwaltung hat eine klare Botschaft.
- Alkohol-Tourismus ist in der Böhmischen Schweiz unerwünscht.
- Der Bürgermeister der Gemeinde Hřensko hält ein Verkaufsverbot von Böllern in der Grenzregion noch in diesem Jahr für denkbar.
- Der mutmaßliche Brandverursacher ist nach seiner vorläufigen Festnahme inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Obwohl Pyrotechnik im Nationalpark Böhmische Schweiz verboten ist, kommt es immer wieder zu Bränden im Zusammenhang mit Feuerwerkskörpern. Zu diesem Ergebnis kommt Tomáš Salov, Sprecher des Nationalparks Böhmische Schweiz, im Interview mit MDR SACHSEN. Auch der jüngste Brand am Vatertag soll durch Böller verursacht worden sein: "Da das Verbot alleine nicht reicht, müssen wir nun überlegen, was wir vorbeugend tun können."
Verkauf von Feuerwerkskörpern das ganze Jahr
Das Problem aus Salovs Sicht: In der Gemeinde Hřensko werden in Verkaufsständen Feuerwerkskörper direkt neben Alkohol und Zigaretten zum Verkauf angeboten. Die Leute würden gedankenlos zugreifen. Anders als in Deutschland, dürfe Pyrotechnik in Tschechien das ganze Jahr über verkauft werden. Nun wünscht sich Salov, dass der Verkauf von Böllern in den nahegelegenen Ortschaften eingeschränkt oder bestenfalls ganz verboten wird. "Es gibt eigentlich keinen Grund, außerhalb von Silvester Pyrotechnik zu verkaufen," so Salov. In der Gemeinde Hřensko scheint sein Anliegen Gehör zu finden.
Bürgermeister der Gemeinde Hřensko setzt sich für Böllerverkaufsverbot ein
Der Bürgermeister der tschechischen Gemeinde Hřensko, Zdeněk Pánek, steht dem Vorschlag, den Verkauf von Pyrotechnik künftig stärker zu regulieren, offen gegenüber. Zu MDR SACHSEN sagte er: "Wir möchten ein allgemeinverbindliches Dekret verabschieden, das den Verkauf von Pyrotechnik verbietet - entweder pauschal oder in einem bestimmten Zeitraum." Bereits am Montagabend soll im Gemeinderat das weitere Vorgehen besprochen werden. Das Ziel des Bürgermeisters: ein völlständiges Verkaufsverbot von Böllern. Sollte das nicht gehen, dann zumindest ein jahreszeitlich beschränktes Verbot. "Wenn wir ein solches Dekret erlassen, werden wir es permanent und mit großem Nachdruck überwachen", sagte Pánek. Die Folge wären massive Kontrollen von Ständen und Geldstrafen für Verkäufer. Der Erlass könnte Pánek zufolge voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten. Anders als in Deutschland können im Nachbarland Tschechien die Gemeinden selbst festlegen, wann, wo und wieviel geböllert werden darf.
Nationalparksprecher Salov betonte am Montag: "Die Rolle von Pyrotechnik ist im Zusammenhang mit Bränden nachgewiesen und signifikant. Mehrere Zeugenhinweise deuten darauf hin, dass auch der Brand am vergangenen Donnerstag vermutlich durch einen deutschen Touristen verursacht wurde, der mit Pyrotechnik hantiert hat." Beschädigt wurde dabei den Angaben zufolge eine Waldfläche von etwa 2.000 Quadratmetern zwischen Prebischtor und deutscher Grenze.
Alkohol-Tourismus und Böller im Nationalpark unerwünscht
"Für uns ist das Verhalten nicht verständlich. Wieso geht man in den Wald und macht Krawall?", fragt Tomáš Salov verärgert. Seit der Entstehung des Nationalparks vor 23 Jahren war das Feuer zu Christi Himmelfahrt bereits der 77. Brand. Die meisten entstehen den Angaben zufolge durch das Verschulden von Menschen. Häufige Ursachen seien ein unsachgemäßer Gebrauch von Feuer: weggeworfene Zigarettenkippen, unerlaubte Lagerfeuer oder eben Pyrotechnik. Ein weiteres Problem: Alkoholtourismus. Der Bürgermeister der Gemeinde Hřensko, Zdeněk Pánek, sagte am Montag zu MDR SACHSEN, dass der mutmaßliche Brandverursacher einen Alkoholpegel von 1,6 Promille gehabt haben soll. Die tschechische Polizei machte dazu aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angabe.
Bestimmte Besuchergruppen sind hier nicht willkommen. Alkoholtourismus ist unerwünscht.
Müll und Vandalismus im Nationalpark
"Wir fordern von den Besuchern, dass sie sich an die allgemein bekannten Regeln halten. Mittelfristig wünschen wir uns, dass die Region klare Signale sendet: Bestimmte Besuchergruppen sind hier nicht willkommen. Alkoholtourismus ist unerwünscht", stellt Nationalparksprecher Salov am Montag mit Nachdruck fest.
Jedes Jahr zu Christi Himmelfahrt, ein Feiertag der in Tschechien übrigens nicht begangen wird, kämen mittelgroße bis große Männergruppen, die stark angetrunken durch die Gegen wandern würden, beklagt Salov. Sie würden Müll und leere Alkoholflaschen hinterlassen, mit Feuerwerkskörpern hantieren und auch Vandalismus sei ein Problem. "Es gibt Leute, die die Natur genießen, und Leute, die kommen, um Dampf abzulassen. Auf die letzte Gruppe können wir verzichten!"
Salov wünscht sich eine breite Koalition aus Unternehmern, Gemeinden und Touristikern, denn unter einem Brand im Nationalpark leiden neben der Natur auch alle anderen in der Region. Außerdem wünscht sich der Nationalparksprecher, dass die Touristen die Naturphänomene in Ruhe genießen können und sich an die Regeln halten. "Die Situation ist zu einem Punkt gelangt, an dem wir gemeinsam mit dem Bürgermeister handeln müssen!", ist er überzeugt.
Tatverdächtiger deutscher Tourist inzwischen wieder frei
Wie Polizeisprecherin Eliška Kubíčková aus der Region Ústí mitteilte, hatten tschechische Polizeibeamte am Donnerstag vor Ort einen alkoholisierten Deutschen festgenommen. Gegen ihn wurde am Freitag ein Strafverfahren wegen der fahrlässigen Gefährdung der Allgemeinheit eingeleitet. Angesichts der laufenden Ermittlungen sei eine Prognose über die Höhe der Strafe zurzeit noch nicht möglich. Seit Freitag ist der Mann der Polizei zufolge wieder auf freiem Fuß.
Rettungskräfte hielten Nachtwache
Am Donnerstag hatten sich wegen des Feiertags in Deutschland nach Angaben der Nationalparkverwaltung Böhmische Schweiz ungewöhnlich viele Gäste im Park aufgehalten. Sie wurden gebeten, nicht zum Prebischtor hinaufzusteigen. Die Feuerwehr rief die zweithöchste Alarmstufe aus. Neun Löscheinheiten brachten die Flammen nach mehreren Stunden unter Kontrolle, wie ein Sprecher der Feuerwehr in Usti nad Labem mitteilte. Ein Teil der Einsatzkräfte blieb über Nacht vor Ort, um zu verhindern, dass Glutnester wieder aufflammen.
MDR (kav/tho)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 19. Mai 2023 | 19:00 Uhr