Krankenhäuser und Apotheken Fehlende Krebsmedikamente: "Lage angespannt, aber nicht bedrohlich"
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17. Februar 2023, 04:56 Uhr
Neben Fiebersäften und Antibiotika sind aktuell auch einige Krebsmedikamente von Lieferengpässen betroffen. In Sachsen-Anhalt können zwar noch alle Patienten versorgt werden, Krankenhäuser und Apotheken sprechen sich aber dennoch für grundlegende Veränderungen aus. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant ein neues Gesetz, das künftigen Engpässen entgegenwirken soll.
- Krankenhäuser und Apotheken können Krebspatienten weiter mit Medikamenten versorgen.
- Der Landesapothekerverband und die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt fordern Veränderungen.
- Wegen der Lieferengpässe will Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Preisregeln für Medikamente anpassen.
Trotz Medikamentenengpässen können Krebspatienten in Sachsen-Anhalt weiter versorgt werden. Das teilte die Krankenhausgesellschaft des Landes auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit. Die Lage sei zwar angespannt, aber nicht bedrohlich. Das bestätigt auch ein Sprecher des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara in Halle. Die Krebspatienten erhielten weiter alle nötigen Medikamente. In der dazugehörigen Waisenhausapotheke gebe es noch ausreichend Vorräte.
Auch in den Helios-Kliniken in Mansfeld-Südharz und am SRH Klinikum in Naumburg ist die Versorgung der Krebspatienten sichergestellt. Das teilten die Krankenhäuser auf Anfrage mit. Demnach konnten Engpässe bislang gut ausgeglichen werden. Es gebe eine gute Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apotheken. Das Basedow-Klinikum im Saalekreis verfügt nach eigener Aussage ebenfalls über genügend Krebsmedikamente.
Apotheken: Weniger Bürokratie bei den Krankenkassen
In den Apotheken im Land zeichnet sich ein ähnliches Bild wie in den Krankenhäusern ab. Nach Aussage von Ursula Gütle vom Apothekerverband Sachsen-Anhalt hat man zwar immer mal wieder mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen, der Mangel sei aber noch einigermaßen zu managen. Es fehlten vor allem Medikamente, die bei einer Chemotherapie ergänzend eingenommen würden. Das sind zum Beispiel Mittel, die gegen Übelkeit wirken oder bestimmte Bakterien hemmen. Gütle zufolge haben die Apotheken in diesen Fällen aber einen gewissen Spielraum und können den Patienten Alternativen anbieten.
Weil die Hersteller ihre Lieferungen mittlerweile rationiert hätten, sei es jedoch nicht möglich, langfristige Vorräte anzulegen. Außerdem müssten sich Apotheken und Ärzte immer wieder darüber abstimmen, was gerade verschrieben werden könne. Diese Absprachen kosten nach Aussage von Gütle viel Zeit und die sollte besser bezahlt werden, findet sie.
Die Apothekerin wünscht sich außerdem weniger Bürokratie seitens der Krankenkassen: "Es kann doch nicht sein, dass wir für jedes Arzneimittel, das wir mühsam aus dem Ausland ordern, wenn es nicht verfügbar ist, eine Genehmigung der Krankenkassen einholen müssen." Für diese Genehmigungen ließen sich die Krankenkassen dann auch noch zwei bis drei Wochen Zeit, kritisiert Gütle.
Krankenhausgesellschaft: Firmen müssen auf Vorrat produzieren
Ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt fordert: Es braucht ein Gesetz, das Pharmaunternehmen vorschreibt, auf Vorrat zu produzieren. Außerdem müsse eine sogenannte Lieferpflicht eingeführt werden, um die Versorgung dauerhaft sicherzustellen. Im zweiten Schritt sei zu überlegen, ob auch Krankenhäuser künftig mehr Medikamente lagern sollten. Aktuell gebe es bereits die Pflicht, Medikamente für zwei Wochen zurückzulegen.
Gleichzeitig fordert der Sprecher, dass Medikamentenhersteller künftig jeden Engpass melden müssen. Dazu gebe es beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArm) bereits die Möglichkeit. Momentan sei das aber noch freiwillig und werde deshalb kaum genutzt. Generell kommunizierten die Hersteller Probleme oft nicht so transparent wie nötig.
Zu wenig Unternehmen in Europa
Der Sprecher kritisiert zudem, dass die meisten Medikamente nicht in der EU hergestellt werden. Die wenigen Produzenten, die in Europa ansässig seien, verkauften ihre Medikamente in erster Linie in die Länder, die den höchsten Preis bezahlten. Das müsse sich unbedingt ändern.
Auch Oberarzt Florian Prims vom SRH Klinikum Naumburg ist für Reformen. Er fordert, dass sich die Herstellung von Medikamenten wieder auf mehr Firmen verteilt. Das Risiko für mögliche Ausfälle sei sonst einfach zu hoch. Deshalb müsse die Politik entsprechende Anreize schaffen. Darüber hinaus ist es nach Aussage des Arztes wichtig, dass den Apotheken künftig ermöglicht wird, größere Bestände zu lagern. So könnten Lieferengpässe in Zukunft besser abgefedert werden.
Lauterbach plant Gesetz gegen Medikamentenengpässe
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im November 2022 ein neues Gesetz angekündigt, das Lieferengpässen bei Medikamenten entgegenwirken soll. Er will die Krankenkassen künftig dazu verpflichten, auch bei Firmen einzukaufen, deren Medikamente teurere Wirkstoffe enthalten.
Dafür muss das sogenannte Vergaberecht geändert werden, das den Kassen bislang vorschreibt, Wirkstoffe und Medikamente beim billigsten Produzenten zu bestellen. Das hat wiederum zur Folge, dass viele Pharmaunternehmen ihre Wirkstoffe aus Ländern wie China beziehen. Gibt es dort Probleme, hat das auch Folgen für Abnehmerländer wie Deutschland.
MDR (Annekathrin Queck)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio so wie wir | 17. Februar 2023 | 12:00 Uhr
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