MDR INVESTIGATIV - HINTER DER RECHERCHE (FOLGE 63) Steuerrazzia – Warum Putins Krieg Oligarchen in Bedrängnis bringt
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21. Oktober 2022, 09:18 Uhr
Ende September wurde am Tegernsee das Anwesen des milliardenschweren Oligarchen Alisher Usmanow durchsucht. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung und Umgehung der EU-Sanktionen gegen Kreml-treue Personen. Usmanow selbst kann seine Nobel-Villa derzeit nicht nutzen. Wer ist Alisher Usmanow? Wie wurde er so reich, und welche Rolle spielt seine Beziehung zu Wladimir Putin? Inwiefern schaden die EU-Sanktionen russsichen Milliardären, und gibt es Auswirkungen auf ihr Verhältnis zum Kreml?
Steuerrazzia bei Usmanow - Razzia auf Oligarchen-Yacht - Razzia am Tegernsee - spektakuläre Funde in Usmanow-Villa... Meldungen wie die folgende vom Bayerischen Rundfunk am 21. September ließen aufhorchen
Rottach Egern am Tegernsee heute Morgen. Polizeikräfte durchsuchen mehrere Anwesen. Diese werden dem russischen Oligarchen Alisher Usmanow zugerechnet, der auf der Sanktionsliste der Europäischen Union steht. Konkret soll er, obwohl er auf der Sanktionsliste der EU steht, eingefrorene Gelder dazu verwendet haben, eine Sicherheitsfirma zur Überwachung von Immobilien zu bezahlen.Nach Informationen von MDR und BR gehen die Behörden einen weiteren Verdacht nach. Es geht um millionenschwere Steuerhinterziehung. Usmanows Sprecher weist die Vorwürfe in einer aktuellen Stellungnahme zurück.
Und damit herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche. In diesem Podcast sprechen wir mit unseren Autorinnen und Autoren über ihre Recherchen, die Dreharbeiten und Hintergründe. Mein Name ist Secilia Kloppmann. Ich arbeite für die politischen Magazine des Mitteldeutschen Rundfunks. Diesmal geht es, wie eingangs gehört, darum, welche Auswirkungen die EU-Sanktionen auf russische Oligarchen haben. Konkret am Beispiel der Razzia am Tegernsee beim Oligarchen Alisher Usmanow.
Mein Kollege Ludwig Kendzia war an der Recherche zu dieser Hausdurchsuchung gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom Bayerischen Rundfunk beteiligt. Schön, dass wir darüber jetzt sprechen können. Ich begrüße dich lieber Ludwig,
Ja, hallo. Ich begrüße dich.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir vorher schon mal betonen, dass alles, worüber wir hier sprechen, erst mal Erkenntnisse aus den Recherchen sind. Das heißt, da ist noch nichts gerichtsfest. Und auch vorab, dass die Person, um die es hier vor allem gehen wird in unserem Podcast, der Oligarch Alischer Usmanow, all diese Vorwürfe zurückweist. Oligarchen, das ist so ein Wort, das geistert immer so durch die Medienlandschaft. Was, was sind das überhaupt für Leute? Aus welchem Kreis kommen die? Und woher haben die ihr vieles Geld?
Ludwig Kendzia (LK)
Die Oligarchie umfasst eine Gruppe oder eine Clique, in der Regel Männer. Es gibt eigentlich nur männliche Oligarchen. Ich habe noch nie von einer russischen Oligarchin gehört. Aber es gibt eben erster Linie russische, also männliche Oligarchen und deren sagen wir mal, Ruhm und vor allem Reichtum und deren Karrieren begannen eigentlich mit mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Eigentlich schon in der Übergangsphase in der Ende 80er Anfang der 90er-Jahre begannen die Oligarchen in Russland ihre Macht auszubauen. Und es waren zum großen Teil Männer, die schon in der Zeit der UdSSR teilweise auch schon in bestimmten Positionen waren - entweder politische Positionen oder im volkseigenen Betriebssystem irgendwo in Positionen und denen es dann gelungen ist, im Zuge der Wendewirren auch in der Sowjetunion Stück für Stück Industriezweige zu übernehmen, also teilweise marode Betriebe. Aber eben Betriebe, die halt besonders Profit abwerfen konnten. Zum Beispiel die Ölindustrie, die Gasindustrie, die metallurgische Industrie, der Bergbau also alles Dinge gerade durch die massiven großen Bodenschätze der Sowjetunion und da gab es viel zu heben. Und da ist eine ganze Gruppe von Männern eben einfach über Nacht wirklich schwer schwer, reich geworden.
SK
Das heißt, die haben sich das Volkseigentum, wenn man es mal salopp sagt, unter den Nagel gerissen und sind damit milliardenschwer geworden?
LK
Ja, im Prinzip schon. Wobei ihnen auch natürlich der russische Staat auf eine bestimmte Art und Weise teilweise eben auch geholfen hat. Weil natürlich halt eben auch durch diese Reichtümer natürlich auch Devisen ins Land gekommen sind. Also harte Währung, neben dem russischen Rubel auch DM, Schweizer Franken, britisches Pfund, vor allem US-Dollars, womit man natürlich auch wiederum Beamte und Leute in der Politik, in den Beamtenapparaten und in den Behörden kaufen konnte. Und das hat natürlich auch dazu geführt, dass sie sozusagen ihren Einfluss auch politisch immer weiter vergrößert haben.
SK
Ludwig, lass uns bitte noch einmal über die Rolle der Oligarchen und ihr Verhältnis zu Putin sprechen. Mehrfach habe ich das gelesen - ob es eine Legende ist oder nicht, das weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau – aber, es soll im Jahr 2000 ein Grillfest gegeben haben. Putin und die Oligarchen. Und dort soll es sinngemäß eine Vereinbarung gegeben haben, so nach dem Motto, ich, Putin lasse euch, Oligarchen in Ruhe Geld verdienen und ihr seid loyal und redet mir nicht in meine Politik rein. Jetzt kommen die Oligarchen durch Putins Politik ja unter Druck. Ihre Gelder im Ausland sind eingefroren. Die können nicht mehr dahin, wo sie sich schön gemacht haben, also zum Beispiel an den Tegernsee oder nach Italien. Die Frage ist könnte dieser Pakt jetzt wackeln?
LK
Also das war ja schon Gegenstand verschiedenster Analysen von verschiedensten hochrangigen Experten, von hochrangigen Geheimdiensten, ob das jetzt die CIA oder der MI6 oder auch der Bundesnachrichtendienst war. Alle haben sich ja faktisch mit genau mit dieser Analyse versucht, gegenseitig zu übertrumpfen: Rücken jetzt die Oligarchen von Putin ab? Lassen sie ihn fallen? Sind vielleicht die Oligarchen die eigentliche Macht in Russland? Die sozusagen die Macht hat, Putin auszubremsen? Ich will mal so sagen, ich bin kein Russland-Experte, aber aus meiner Perspektive würde ich mal sagen, scheint das nicht der Fall zu sein. Denn wenn es so gewesen wäre, hätten sie vielleicht schon längst gehandelt. Es sieht mir eher danach aus, dass eigentlich doch noch eine große Clique von sehr, sehr Putin treuen Oligarchen gibt. Man darf ja auch nie vergessen: Die meisten haben ihre Brücken nach Russland nie wirklich abgebrochen, sondern sind noch russische Staatsbürger. Sie haben in Russland viele Unternehmen, haben Investitionen in Russland getätigt oder investieren in Russland. Teile ihres Geldes liegen in Russland, also von daher, glaube ich, ist da schon noch eine hohe Verbindung da. Natürlich sind sie, durch das viele Geld, das sie haben, ein bisschen freier. Damit könnten die sich jetzt theoretisch auch zur Ruhe setzen. Aber die meisten sind auch sehr machtbesessene Menschen und wollen ihren Einfluss auch geltend machen. Und ich denke, was man auch nicht unterschätzen darf: Der russische Staat hat ja mehrfach - auch durch verschiedenste klandestine Geheimdienstoperationen - gezeigt, dass er imstande ist, unliebsame Personen im Ausland zumindest zu versuchen, sie umzubringen. Oder hat sie auch umgebracht. Und ich glaube, das ist auch etwas, was die Oligarchen niemals unterschätzen dürfen und wollen. Niemand ist wirklich sicher. Und das wissen die auch ganz genau. Deswegen werden die sich, glaube ich, sehr, sehr gut überlegen, ob sie gegen Putin vorgehen. Die Frage ist ja auch, was wollen sie machen? Also das ist ja der nächste Punkt. Es wäre höchstens möglich, dass sie vielleicht hinter seinem Rücken eine Palastrevolution anzetteln, einen Nachfolger aufbauen, der Putin vom Thron stürzt oder irgendwie so was. Aber das ist echte Spekulation. Ich denke, momentan sieht es so aus, dass eben die wirklich wichtigen Oligarchen Putin auf jeden Fall die Treue halten.
SK
Konkret in diesem Podcast wollen wir ja über die Hausdurchsuchung bei Alisher Usmanow, also einem der Oligarchen, sprechen. Wer ist das eigentlich? Wo kommt der her? Und wo hat der sein Geld gemacht? Ludwig..
LK
Alisher Usmanow ist gebürtig oder ethnisch gesehen Usbeke. Usbekistan gehörte ja vor der Wende zur Sowjetunion, war eine sowjetische Teilrepublik gewesen. Und er hatte auch bereits schon in den 80er-Jahren erste geschäftliche Erfolge gehabt. Er hat unter anderem angefangen im Bereich Plastiktüten sein Geld zu machen. Der hat erkannt, das Kunststoff nicht sehr viel Geld kostet und dass man aber mit diesen Plastiktüten einfach unfassbar viel Kohle machen kann. Und damit ist er ziemlich reich geworden. Interessanterweise hat Alisher Usmanow in den 80er-Jahren sogar tatsächlich mal für einige Jahre im Gefängnis gesessen, weil er offenbar an einem Betrug beteiligt gewesen ist. Was er immer bestritten hat, er ist dann auch freigelassen worden. Es gab auch so eine Art Rehabilitierung. Und später, so kurz vor der Wende, ist er dann in den Zigarettenhandel eingestiegen. Und damit hat Usmanow eigentlich sein Grundkapital gelegt, mit dem er dann nach der Wende, also als die Sowjetunion zusammenbrach und der russische Staat entstand. Da ist er in verschiedene Bereiche eingestiegen, vor allem in den Bergbau. Usmanow hat richtig großes Geld im Bergbau gemacht und hat angefangen, seinen Reichtum immer weiter zu vergrößern. Und er ist auch einer der Oligarchen, von dem man auch sagen kann, dass sie wirklich auch extrem strategisch denken. Also er hat im Laufe seiner Karriere, in den 2000er-Jahren und weitaus später dann, angefangen, sehr viel Geld in Technologieunternehmen zu stecken, vor allem Kommunikationstechnologie, später dann in die IT-Branche, im Bereich soziale Medien, Facebook zum Beispiel. Da hat er ein Haufen Geld reingesteckt und hat auch einen Haufen Geld wieder rausgeholt. Er ist Besitzer eines großen Telekommunikationskonzerns. Usmanow ist eigentlich international in ganz, ganz vielen Geschäftsfeldern unterwegs.
SK
... und bei Gazprom ist er auch mal gewesen...
LK
Ja genau. Da hatte er sich ganz am Anfang engagiert und hat auch dort investiert und natürlich auch viel Geld rausgeholt. Interessant ist vielleicht - und das ist vielen Zuhörerinnen und Zuhörern eventuell bekannt - er hat unter anderem auch Geld in den englischen Fußballclub Arsenal London investiert. Er hat ab 2006/2007 angefangen Anteile von diesem Club zu kaufen, ähnlich wie sein Oligarchenkollege Abramowitsch, dem ja Chelsea London gehört.
SK
.. gehörtE ..
LK
Du hast recht. Gehörte. Der aber ja auch sehr berühmt war dafür, dass er Besitzer eines wirklich traditionell großen englischen Fußballklubs war. Und Usmanow hat tatsächlich also auch versucht, so ein bisschen die Herrschaft bei Arsenal London zu übernehmen. Das ist ihm dann nicht gelungen, und er hat seine Anteile -ich glaube - er hat bis zum Schluss 30 Prozent des Klubs gehalten, seine Anteile dann verkauft. Für, ich glaube, fast über eine halbe Milliarde Euro. Also eine Menge Geld.
SK
Ich habe vor einigen Wochen mit dem Kollegen Frank Wolfgang Sonntag einen Podcast aufgenommen, der hieß „Putins Dresdner Seilschaften“. Da ging es vor allen Dingen um die KGB-Zeit von Putin. Auch da gibt es ja einige Leute, die sehr reich geworden sind, aus seinem Umfeld. Wie ist das eigentlich bei Alisher Usmanow? Kommt der auch aus dieser KGB- Clique?
LK
Nein, Alisher Usmanow hat mit mit dieser KGB-Clique von Putin in den 80er-Jahren in Dresden überhaupt nichts zu tun. Der ist erst tatsächlich an den Kreml herangerückt im Laufe der 90er Jahre, im Laufe der 2000 Jahre, als Putin vor, nun jetzt über 20 Jahren die Macht übernommen hat als russischer Präsident, da ist Herr Usmanow in diesen Kreis hereingekommen. Und es gibt halt den Verdacht oder die Vorwürfe der Ermittlungsbehörden, besonders auch der EU-Sanktionsbehörden, aber auch der amerikanischen Finanzbehörden, dass Alisher Usmanow sich sozusagen mit Geld in die russische Politik eingekauft hat. Das hat Usmanow immer zurückgewiesen, er hat gesagt, das stimmt nicht. Er ist ein Freund von Putin, das hat er nie abgestritten. Aber er hat immer gesagt, ich habe kein Geld reingesteckt oder habe mich irgendwie in die Politik eingekauft oder bin ein Handlanger von Putin. Das wiederum behaupten die Behörden, besonders eben jetzt auch die Europäische Union. Und deswegen hat sie ihn relativ zügig gleich am Anfang auf die Sanktionsliste gesetzt. Und eben auch sein gesamtes Vermögen im Bereich der EU eingefroren. Und auch die Amerikaner interessieren sich auch sehr stark für Usmanows Geld und Usmanows Geschäfte. Der ist also, wie viele andere Oligarchen auch, auf dieser EU-Sanktionsliste.
SK
Jetzt kommen wir endlich mal zu unserem eigentlichen Thema, nämlich zu der Razzia. Am 21. September ist die Villa von Alisher Usmanow durchsucht worden, am Tegernsee, in Rottach-Egern. Warum wurde die eigentlich durchsucht?
LK
Ja, da muss man vielleicht noch mal ein bisschen zurückgehen: Alisher Usmanow hat das Haus 2011 vermutlich über Strohleute und über verschiedene Briefkastenfirmen gekauft. Allerdings bestreitet er die Verwendung von Briefkastenfirmen. Diese Villa gehörte in den 30er-Jahren bis in die 40er Jahre bis zum Zweiten Weltkrieg einem SS-General. Karl Wolf war das gewesen, und das ist ein 4500 Quadratmeter großes Anwesen. Und als der Ukraine-Krieg ausbrach, hat ja die Bundesregierung dann angefangen - als dann noch die EU Sanktionsliste aufgestellt wurde - hat die Regierung angefangen, auch über das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Justizministerium, zu überlegen, kann es sein, dass dieses Vermögen von russischen Oligarchen in Deutschland möglicherweise mal überprüft werden muss. Ob da vielleicht auch Gelder eventuell illegal investiert worden sind oder ob man da Gelder festsetzen kann, weil sich zum Beispiel bestimmte Oligarchen in irgendeiner Form durch ihre Kontakte zum Kreml, durch ihre Kontakte zu Putin, an diesem Krieg möglicherweise mutmaßlich mitschuldig gemacht haben. Und da hat man relativ schnell unter anderem dieses Haus identifiziert und auch seine Yacht, die Dilbar. Die lag zum damaligen Zeitpunkt, Anfang des Krieges, in Hamburg an einem Trockendock und sollte dort auf Vordermann gebracht werden. Und vor drei, vier Monaten ungefähr, hat man bei den Ermittlungsbehörden, besonders bei der Staatsanwaltschaft in München, beim Bundeskriminalamt und verschiedenen Steuerfahndungsbehörden sich die Sache noch mal genau angeguckt und ist auf einen ermittlungstechnischen Dreher gekommen. Der ist eigentlich ziemlich genial. Man hat nämlich gesagt, Usmanow bewohnt dieses Haus am Tegernsee relativ regelmäßig und hat sich da wohl bei den Ermittlungen, wie wir hörten, große Mühe gegeben, auch diesen Nachweis zu bringen. Und dann greift das Einkommenssteuergesetz in Deutschland. Das besagt, wer in Deutschland über einen bestimmten Zeitraum aufhältig ist und vor allem, eine Wohnung hat, die er nutzen kann, also dort ein und ausgehen kann, wo er schlafen kann, wo er eine Küche hat, wo sich was zu Essen machen kann und so weiter. Selbst wenn er hier in Deutschland quasi keine Geschäfte macht, aber dort wohnt, muss er vom Finanzamt eine Erklärung abgeben, nämlich eine Steuererklärung. Ob er dann Steuern zahlen muss ist erst mal zweitrangig. Aber man muss eine Erklärung abgeben. Und diese Steuererklärung hat nach jetzigen Ermittlungen der Behörden, Alisher Usmanow, offenbar nicht abgegeben. Er bestreitet das. Er sagt, er hätte überall immer seine Steuern bezahlt, aber laut den Durchsuchungsbeschlüssen hat er eben all diese diese Steuererklärungen hier in Deutschland nicht abgegeben. Und das seit 2014. Und deswegen haben die Behörden gesagt, weil sie auch noch dem Verdacht hegen, dass Usmanow auch noch Gelder vielleicht im Ausland gewaschen hat, auch vielleicht deutsches Kapital. Was er hier irgendwo angelegt hatte, hat man eben gesagt. Wir müssen erst mal eine Durchsuchung machen in diesen ganzen Gebäuden, die ihn zugerechnet werden, inklusive der Yacht. Um zu schauen, ob man dort Beweise findet, die auf diesen Aufenthalt in Deutschland hinweisen und Informationen finden, die Aufschluss geben über sein Vermögen, damit die Behörden ihn veranschlagen können, und veranlagen können, - damit klar wird, wie viel Steuern er schuldet - wenn sich der Verdacht bestätigt. Das war der Grund dieser Durchsuchung.
SK
Und was ist mit diesem Vorwurf das Alisher Usmanow auch die Sanktionen umgangen haben soll?
LK
Da geht es im Prinzip um folgendes: Usmanow soll für die Bewachung dieser Villa und auch für seine eigene Sicherheit in Deutschland einen Sicherheitsdienst eingesetzt haben und hat diesen Sicherheitsdienst natürlich bezahlt. Er war wohl offenbar noch im Zuge des Krieges bzw. am Anfang noch hier. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft ist, dass er diese Gelder, die durch die EU-Sanktionsliste eingefroren worden sind, benutzt hat, um diese Dienstleistung zu finanzieren. Und das wäre laut Lesart der Staatsanwaltschaft eben ein Verstoß gegen die Sanktionen, die gegen ihn auferlegt worden sind. Und deswegen ermitteln sie eben auch wegen des Verstoßes gegen EU-Sanktionen
SK
Zur Geldwäsche - interessant fand ich, dass es da ja eigentlich auch schon über viele Jahre immer mal wieder auch Anzeigen gegeben hat. Von der Commerzbank zum Beispiel, von der Deutschen Bank, von der Bayerischen Landesbank … da gab es immer mal wieder bei den Behörden Anzeigen gegen Usmanow wegen Geldwäsche.
LK
Mit Ausbruch des Krieges müssen wohl dann die Banken noch mal genauer geguckt haben und offenbar auch ihre Datenbanken noch einmal durchforstet haben. Und es gab wohl so um die 90 bis 100 Geldwäsche-Verdachtsanzeigen gegen Usmanow. Dass heißt, da ist nicht ganz klar, wo bestimmtes Geld aus welchen Quellen gekommen ist und wo es hingegangen ist. Das ist ja sozusagen der Grundtatbestand bei Geldwäsche. Dass die Herkunft des Geldes möglicherweise kriminell gewesen sein könnte oder völlig unklar ist und für irgendetwas eingesetzt wird und durch ein legales Geschäft sozusagen legalisiert wird. Das ist das Waschen von Geld. Scheinbar hegen die Ermittler den Verdacht, dass Usmanow Gelder aus unklaren Quellen und wo unklar ist, wo es eigentlich herkommt, möglicherweise versucht hat, durch legale Geschäfte zu legalisieren. Und die Frage ist sozusagen, kann er dann im Nachgang oder im Fortgang der Ermittlungen beweisen, dass diese Gelder alle legal verdient worden sind? Dass das alles legales, legal verdientes Geld gewesen ist. Und dafür ziehen die Ermittler sämtliche soweit ihnen bekannte geschäftlichen Unternehmungen heran, die in den Zeiträumen stattgefunden haben. Dann können sie sagen, dort und dort hast du überall Geld verdient und damit sind soundsoviele Einnahmen gemacht worden. Und die musst Du uns alle offenlegen, damit wir taxieren können, wie viel Steuern du uns schuldest. Und das könnte - vorausgesetzt, das Verfahren wird erfolgreich beendet - könnte dann zu einer erheblich großen Summe kommen. Also da ist die Rede von einem hohen dreistelligen Millionenbetrag.
SK
Ludwig, du hast das ja am Anfang gesagt, dass diese Villa am Tegernsee vermutlich über eine Strohfirma gekauft worden sein könnte. Ist das denn eines der Grundprobleme bei Usmanow, dass er ja dann alle Vorwürfe zurückweist und sagt er das gehört mir alles gar nicht?
LK
Genau. Also das ist ja auch einer der wichtigen Punkte bei der ganzen Sache. Es besteht der Verdacht, dass durch solche Strohfirmen und auch durch im Ausland in Steuerparadiesen gegründete Offshore-Firmen, Vermögen vielleicht einfach verschoben worden ist und er dann sagen kann, also mir gehört das gar nicht. Ich weiß gar nicht, was ihr wollt. Ich zahle dort eine Miete. Und das ist zum Beispiel ein Vorwurf, der auch von den Ermittlern gemacht wird im Zusammenhang mit den Steuerermittlungen. Das Haus gehört zum Beispiel irgendeiner Firma X und Herr Usmanow zahlt als Mieter dieser Firma X eine Miete. Und die Frage ist, ist die Miete ein angemessenes Entgelt. Wenn er das nämlich nicht macht, wenn es kein angemessenes Entgelt ist, dann macht er ja im Prinzip eigentlich ein Gewinn. Und da der Verdacht besteht, dass ihm das Haus am Ende, wenn man die ganze Kette durchgeht, sowieso gehört, dann könnte es sein, das ist eine - man nennt das in der juristischen Fachsprache eine sogenannte verdeckte Gewinnausschüttung. Dass heißt, er kriegt also quasi, indem er einfach zu wenig Miete bezahlt, also faktisch nur so eine Art symbolisches Entgelt zahlt, macht er sozusagen einen Gewinn, und diesen Gewinn müsste er ja auch versteuern. Oder ein anderes Beispiel: Er hat zum Beispiel größere Firmen-Beteiligungen scheinbar an andere Manager verschenkt, also an Partner verschenkt. Das bestreitet er alles, und sagt, das wäre alles legal. Da sagen die Steuerfahnder und auch das BKA und die Ermittlungsbehörden, wenn er das verschenkt haben sollte, dann hätte er Schenkungssteuer zahlen müssen. Und offenbar hat er das nicht. Und wir reden hier nicht von von drei Euro 50, sondern wir reden hier von Firmenanteilen im Wert von mehreren Millionen, teilweise sogar Milliarden Dollar. Dass heißt, es ist also ein relativ großes und sehr, sehr komplexes Finanzkonstrukt, dass hier gerade untersucht wird, wo auf verschiedenen Ebenen gearbeitet wird und auf verschiedenen Ebenen ermittelt wird. Aber natürlich besteht noch der Verdacht, dass es eben auch über dieses ganze riesige Konstrukt von verschiedenen Firmen auch Vermögensverschiebungen gegeben hat, um das Geld auch möglicherweise vor dem deutschen Staat zu verstecken.
SK
Wenn man sich damit beschäftigt, mit diesem ganzen Firmengeflecht, das ist alles sehr, sehr undurchsichtig. Kleines Bonmot am Rande - habe ich gelesen - er hat seine Gesellschaften auch gerne mal nach Weinen beziehungsweise Spitzenweinen benannt. „Bordeaux Ltd“ oder „Pauillac Property“ oder „Pomerol Capital SA“ - Da sieht man ja auch so ein bisschen, wie diese Leute ticken. Aber ich will eigentlich auf etwas anderes hinaus … Also gerade diese „Bordeaux Ltd“ oder „Pauillac Property“ oder „Pomerol Capital SA“, die sitzen oft zum Beispiel in Zypern oder auf den Kaimaninseln oder auf den Jungferninseln. Und es gibt auf Tagesschau.de habe ich das gefunden, da gibt es eine Liste, in welchen Bundesländern Immobilien sind, wo die Eigentümer zum Beispiel dort sitzen. In Zypern und auf den Kaimaninseln, den Jungferninseln. Da steht ganz oben Berlin. Dann kommt Bayern. Unsere drei mitteldeutschen Bundesländer sind, so eher im einstelligen Bereich. In Sachsen waren es, glaube ich, sieben Immobilien .. Du bist Investigativjournalist in Thüringen, beim Mitteldeutschen Rundfunk. Wie bist du eigentlich auf Herrn Usmanow gekommen? Hat der Immobilien in Thüringen?
LK
Nein, hat er nicht. Das ist ganz interessant, was du da ansprichst, diese Geschichte bei tagesschau.de. Das war eine Recherche, an der ich auch mit Kollegen beteiligt war. Wir sind in einer Kooperation zur Recherche gewesen mit den Kollegen vom Bayerischen Rundfunk, dem RBB und dem SWR. Und wir haben Daten einer Datenbank, die wir bekommen haben, ausgewertet. Mit der Frage, wie viele Immobilienunternehmen in Deutschland, die im Immobiliengeschäft unterwegs sind, ihren eigentlichen Sitz und ihre Muttergesellschaft oder ihre Gesellschafter in Steuerparadiesen haben. Und wir haben versucht, das mit der Frage zu verknüpfen, hängen da russische Oligarchen mit drin? Haben die Vermögensgesellschaften oder Immobiliengesellschaften, die in diesen Steuerparadiesen zuhause gleichzeitig hier in Deutschland Geld in den Immobilienmarkt investiert? Das war eigentlich eine ziemlich spannende Recherche und war auch ein erster Anfangspunkt unserer Recherche, was Alisher Usmanow betrifft. Aber vielleicht noch ein Wort dazu. Bekannt geworden ist das ja eigentlich dadurch, dass die Süddeutsche Zeitung mit anderen Partnern 2016, die sogenannten berühmt-berüchtigten Panama-Papers veröffentlicht hat. Da geht es um diese Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die über Jahrzehnte reichen Menschen den Service angeboten hat, in Steuerparadiesen, wie den British Virgin Islands, den Cayman Islands oder auch in Panama selbst Briefkastenfirmen zu gründen und dort letztendlich Geld abzuparken, um es vor dem Fiskus in Europa oder in Nordamerika oder sonst wo eben zu verschieben und zu verstecken. Und dabei hat man unter anderem eben auch ein riesiges Geflecht von Offshore-Firmen oder Briefkastenfirmen gefunden, die eben auch von russischen Oligarchen, unter anderem eben auch von Herrn Usmanow mit betrieben worden sind. Usmanow weist das immer alles zurück und sagt, nein, er hatte nie Briefkastenfirmen und so weiter sehr. Er bestreitet das. Warum ich oder beziehungsweise auch mein Kollege Axel Hemmerling an dieser Recherche beteiligt sind: Wir können nicht alle Details hier öffentlich sagen, weil wir dann unsere Quellen gefährden würden. Aber soviel können wir sagen, wir waren mit dem Bayerischen Rundfunk an der Geschichte dran, bei wir aufgrund unserer Recherchen von diesen Ermittlungen erfahren haben. Und haben dann selbst recherchiert, haben das sukzessive Stück für Stück verdichtet für diesen Tag, an dem dann diese Razzia stattgefunden hat. Aber wir waren ja auch nicht die einzigen haben. Auch die Kollegen vom Spiegel hatten ja auch eine relativ umfangreiche Berichterstattung. Die Kollegen von der Süddeutschen Zeitung hatten da eine umfangreiche Berichterstattung. Also, wir waren sozusagen alle am selben Thema dran.
SK
Weil, das kann man ja auch noch mal sagen, ihr in Thüringen die Spezialisten für die Mafia seid. Da haben wir ja auch schon gesprochen, wir beide zur Mafia-Kolonie Ostdeutschland. Vor ein paar Wochen gab es auch noch mal einen Podcast-Update, mit Axel Hemmerling. Da geht es ja auch um Geldwäsche und um Steuern und so weiter … und da habt ihr ja auch mit den entsprechenden Behörden zu tun...
LK
Genau. Wir befassen uns schon eine ganze Weile mit der Thematik. Das hängt damit zusammen, dass wir innerhalb des MDR , auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt zum Thema organisierte Kriminalität recherchieren. Hinzu kommt auch noch, dass wir vor längerer Zeit eine größere Recherche gemacht haben zum Thema Panama-Papers. Wir haben hier in Thüringen einen Panamapapers Fall, der eigentlich ziemlich spannend ist. Und da hat es auch diverse Durchsuchungen gegeben. Sodass wir eigentlich uns schon eine ganze Weile mit dieser ganzen Grundthematik Briefkastenfirmen, Finanzkriminalität und Ähnliches beschäftigen.
SK
In dem gleichen Ort, wo die Usmanow-Villa durchsucht worden ist, in Rottach-Egern, gibt es noch einen anderen Oligarchen, sozusagen einen Nachbarn, . Ivan Shabalov. Ist Bayern ist beliebt bei Oligarchen, Ludwig?
LK
Ach, ich glaube, man sollte das, glaube ich, nicht nur auf russische Oligarchen münzen. Ich denke, der süddeutsche Raum also gerade die Region um den Tegernsee ist sowieso eine Region wo sich sehr, sehr viele vermögende und sehr reiche Menschen tummeln. Da sind auch arabische Scheichs dabei. Da ist ist viel Geld, da ist viel Reichtum. Ich denke, das ist so ein bisschen wie bestimmte andere Orte, Monaco oder oder Sankt Moritz in der Schweiz. Ich glaube, das sind so Reichen-Sehnsuchtsorte. Und dazu gehört auch der Tegernsee.
SK
Worauf ich hinaus will, ist: Guckt man da vielleicht auch nicht so genau hin, wenn das Geld stimmt?
LK
Diese Frage müssen sich die bayerischen Finanzbehörden, die übrigens an dieser Ermittlungen gegen Herrn Usmanow nicht beteiligt waren, schon gefallen lassen. Ich habe mich ehrlich gesagt auch ein bisschen gewundert, dass besonders aus der bayrischen Oppositionspolitik, da keine Frage an die bayr. Landesregierung gekommen oder an das bayerische Finanzministerium. Warum das zuständige Finanzamt für Rottach-Egern, nicht selber mal auf die Idee gekommen ist, zu sagen, Herr Usmanow, wann wollen Sie uns denn eigentlich mal eine Einkommensteuererklärung vorlegen? Sie sind ja ständig hier. Sondern da mussten erst Spezial-Behörden Steuern und Finanzbehörden aus Nordrhein-Westfalen und auch vom Bundeskriminalamt, Spezialisten und Fachleute von von der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main, kommen und sagen das gucken wir uns jetzt mal genauer an. Und das ist eigentlich schon eine Frage, die ist meiner Meinung nach tatsächlich noch offen. Warum das eigentlich niemand in den Jahren gemacht hat? Wenn man die Zeitungs-Landschaft verfolgt und die Presseberichterstattung, ist ja seit mindestens 2014 bekannt, dass Usmanow dort wohnt und dort auch regelmäßig auftaucht. Das Auto, das ist ja mehrfach mit seiner Entourage unterwegs ist.
SK
Ich habe mich auch gefragt, zahlt er ja schon seit Jahren da keine Steuern. Warum setzt ausgerechnet jetzt genau hingeschaut wird?
LK
Richtig. Das ist die Frage. Die Frage müsste eigentlich mal die bayerischen Finanzbehörden respektive auch das bayerische Finanzministerium beantworten, warum man das quasi über Jahre nicht gemacht hat.
SK
Lass uns nochmal zur Razzia zurückgehen. Die war am 21. September. Jetzt, vor ein paar Tagen, ist auch die Yacht, die du schon angesprochen hast, von ihm durchsucht worden. Was hat man denn jetzt eigentlich gefunden?
LK
Da muss ich ganz ehrlich sagen, da wissen wir noch nicht sehr viel. Der Spiegel hatte ja berichtet das da vier dieser berühmten Fabergé-Eier gefunden wurden. Diese aus dem 19.Jahrhundert stammenden Kunstwerke, reichlich verziert und millionenschwer teuer. Ich glaube, da ist eins mal 2007, für 12,5 Millionen Euro in London bei Christie's versteigert worden. Wobei man sagen muss es ist, glaube ich, auch noch völlig ungeklärt, ob die echt sind. Also das muss jetzt, glaube ich, noch geklärt werden. Usmanow hat inzwischen die Rückgabe dieser Eier gefordert. Das wäre irgendwie ein Privatbesitz und so weiter .. Ansonsten wissen wir eigentlich momentan noch recht wenig darüber. Ich habe nur gehört, dass man zumindest auch bei der Frage seines Aufenthalts und auch bei der Frage der Hinweise auf diverses Vermögen und Geschäfte und so weiter, schon ganz gut fündig geworden ist. Was da jetzt so an Dokumenten, Unterlagen oder ähnlichen Hinweisen, vielleicht auch elektronische Datenträger und so weiter gefunden worden ist, das werden sicherlich erst die Ermittlungen zeigen.
SK
Wo ist Herr Usmanow eigentlich im Moment?
LK
Es wird vermutet, dass er sich momentan in Usbekistan aufhält. Er hat wohl noch einen Touristenvisa für die Europäische Union. Das hatten die Kollegen vom Spiegel vor Kurzem geschrieben, das gilt glaube ich, noch bis 2025. Aber er wäre natürlich ziemlich verrückt, jetzt hier einzureisen.
SK
Der darf, glaube ich gar nicht... oder?
SK
Doch, also rein theoretisch. Mit dem Visa könnte er das noch. Der Verdacht, der im Raum steht, ist ja, dass er dem deutschen Staat Millionen an Schulden schuldet. Und für diese Höhe würde man normalerweise auf jeden Fall erst mal in Untersuchungshaft gehen. Da der Tatbestand der Fluchtgefahr bestehen würde. Da man sich aus dem Staub machen könnte und sagt, ich entziehe mich dem Ermittlungsverfahren der Behörden. Ich habe zwar noch nichts gehört davon, dass gegen Usmanow ein Haftbefehl vorliegt. Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass er sich sehr, sehr gut überlegen würde nach Europa einzureisen. Weil ja die Gefahr besteht, dass möglicherweise tatsächlich dann die Behörden einen Haftbefehl gegen ihn erwirken. Und das, glaube ich, ist das letzte, was der will, in irgendeinem europäischen oder einem deutschen Gefängnis zu sitzen. Deswegen heißt es, er wären Usbekistan.
SK
Wenn du sagst, Millionen Schulden, der Mann ist milliardenschwer. Ich habe gelesen, irgendwas zwischen 15 und 17 Milliarden Euro... Er soll zwar auch schon durchaus erheblich Vermögen verloren haben, aber eigentlich könnte der doch einfach diese Millionen bezahlen und gut ist?
LK
Also „verlieren“ ist ja in diesem Fall vielleicht nicht der richtige Begriff. Momentan ist es so, das ihm gehörende Vermögen, was in Europa gefunden wurde oder worauf quasi europäischer Institutionen Zugriff haben, Bankkonten, Vermögenswerte im Sinne von Immobilien, anderen Dingen, das ist eingefroren. Das heißt, er kann dieses Vermögen de facto nicht veräußern. Er kann es zwar in gewisser Weise nutzen, aber er kann es nicht verkaufen. Also er kann es nicht zu Geld machen. Das heißt, dieses Vermögen nutzt ihm einfach überhaupt gar nichts, momentan jedenfalls. Natürlich hat er auch verloren, weil möglicherweise bestimmte Investitionen nicht getätigt worden sind. Oder weil vielleicht, er irgendwelche Verluste bei irgendwelchen Investitionen Unternehmen gemacht hat, aufgrund des Krieges oder aufgrund der der öffentlichen Wahrnehmung. Die meisten Oligarchen, sind über all die Jahre sehr bemüht gewesen, in der öffentlichen Wahrnehmung als seriöse Geschäftsleute, als bekannte Philantrophen wahrgenommen zu werden, als große Geldgeber und Spender in Kunst, Sport und ähnliches. Natürlich wäre das sicherlich möglich, diese Steuerschulden, von denen wir momentan noch nicht wissen. A.) Fallen Sie wirklich an, weil das Verfahren läuft ja noch. Und B.) Wie hoch werden Sie am Ende werden? Aber ich denke schon, dass ihn das empfindlich trifft und vor allem, was noch schlimmer wäre, wenn er verurteilt wird. Also wenn es sozusagen ein Steuerstrafverfahren gibt und am Ende des Steuerstrafverfahrens gesagt wird , Herr Usmaonow schuldet dem deutschen Steuerzahler ich sage jetzt mal 1 Milliarde Euro, und gleichzeitig müsste er eigentlich auch noch ins Gefängnis gehen. Dann könnte ebenfalls ein internationaler Haftbefehl ausgestellt werden. Und das würde für ihn bedeuten, dass seine Reisetätigkeit arg eingeschränkt ist. Und das ist, glaube ich, auch schon ganz schön hart also, weil dann ist nichts mehr mit Monaco. Und dann ist auch nichts mehr irgendwo mit irgendeiner Ferieninseln Italien oder auch mit dem Tegernsee. Das ist dann vorbei. Das funktioniert nicht, weil sobald er die die europäische Grenze übertritt, klicken die Handschellen.
SK
Und da ist es ja auch besonders schön. Also, man hat ja auch Immobilien in Sardinien. .. Heißt, dass durch die EU-Sanktionen geraten die Oligarchen unter Druck?
LK
Man macht es ihnen schon schwer. Die Frage ist jetzt eigentlich, macht man es ihnen möglicherweise jetzt noch schwerer? Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sozusagen diese Vorgehensweise der deutschen Steuerbehörden und auch des Bundeskriminalamtes in dieser ganzen Angelegenheit vielleicht auch jetzt wie so ein Präzedenzfall ist mit Usmanow. Dass man sozusagen weitere Verfahren anschiebt und sagt, es gibt den und den und den ... der hat hier und dort über diese Jahre gewohnt und hat nie eine Steuererklärung abgegeben – zack, gegen den leiten wir auch so was ein. Deutschland tut sich halt bei der Vermögensabschöpfung immer noch schwer. Das ist im deutschen Gesetz nicht so ganz einfach. Das ist zum Beispiel in Italien, die ja über die vielen Jahrzehnte große Erfahrung mit diesen Dingen gemacht haben, weil sie eben Opfer, auch die italienische Bevölkerung, die italienische Gesellschaft und natürlich auch der Staat immer wieder mit der italienischen Mafia und in ihren Machenschaften über Jahrzehnte konfrontiert sind, haben die natürlich irgendwann angefangen und haben festgestellt, was den Gangstern am meisten wehtut ist, wenn man ans Geld geht. Und deswegen hat man in Italien zum Beispiel eben diese Vermögensabschöpfung bei Straftaten viel krasser, viel härter gefasst. So dass dort sehr, sehr schnell Vermögen erst einmal beschlagnahmt werden kann und auch zum Teil veräußert werden kann. Aber eins ist klar, wenn jetzt zum Beispiel das Steuerverfahren gegen Usmanow durch geht und Usmanow wird verurteilt, dann werden alle Vermögenswerte, die er in Deutschland hat, zu Geld gemacht. Dann wird das alles beschlagnahmt. Und dann wird das alles verkauft.
SK
.. dass heißt, das kommt dann dem deutschen Staat zugute?
LK
Ja klar, der deutsche Staat holt sich das wieder zurück. Wenn Usmanow nicht kommt und sagt, ich überweise jetzt das Geld. Wenn er sich entzeoiht und im Ausland bleibt .. das Verfahren läuft und das geht auch irgendwann zu Ende. Und er wird verurteilt, er soll das und das bezahlen. Und er tut es nicht, weil man ihm auch nicht habhaft werden kann. Dann werden werden die Fahnder oder die Staatsanwaltschaft oder die Finanzbehörden sich das Geld auf anderem Wege holen. Und deswegen sind ja auch all diese ganzen Dinge momentan auch eingefroren und beschlagnahmt. Und dann wird das eben auch alles verkauft.
SK
Na da schauen wir doch mal, wie viel Oligarchen-Vermögen sich in Deutschland noch so finden lässt...
LK
Da bin ich gespannt. Aber das dürfte sicherlich noch einiges sein. Klar, ich meine, Deutschland ist halt eben einfach auch einen Platz, wo es sich lohnt, zu investieren, ob du in München Immobilien hast, ob du am Tegernsee Immobilien hast, ob du Berlin Immobilien hast, was ja auch der Hotspot ist, ob du in Frankfurt investiert hast und so weiter. Also man sollte das nicht unterschätzen.
SK
Ja. Wie gesagt, hoffen wir mal, dass noch ein bisschen was gefunden wird. Wir können es gerade gut gebrauchen. In diesem Sinne lieber Ludwig, hab ganz herzlichen Dank.
LK
Gerne Secilia, dann bis demnächst wieder.
SK
Das war MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche. Herzlichen Dank fürs Zuhören. Unseren Podcast können Sie überall da hören, wo Sie Ihre Podcast am liebsten hören. Zum Beispiel in der ARD Audiothek bei Apple, bei Spotify oder auch auf YouTube. Wir freuen uns, wenn Sie uns regelmäßig hören. Alle zwei Wochen, immer freitags gibt es eine neue Folge. Und um die nicht zu verpassen, ist es am besten, wenn sie uns abonnieren. Und ich möchte auch noch mal sagen, wir freuen uns auch über Bewertungssternchen oder geschriebene Bewertungen in den entsprechenden Portalen. Weiterführende Links, Informationen und auch Kontakt Möglichkeiten für Feedback zum Beispiel gibt es immer in unseren Shownotes. Und auch in unserem Transkript ist alles noch mal verlinkt. Zu finden ist das alles unter www.mdr.de/investigativ-podcast. Die nächste Folge von MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche erscheint am 4. November. Dann wieder mit meiner Kollegin Esther Stephan. Machen Sie es gut.
MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche