MDRfragt Digitalisierung: Große Mehrheit befürchtet Überforderung im Arbeitsalltag
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01. Mai 2023, 05:00 Uhr
Die Digitalisierung und Automatisierung unserer Arbeitswelt schreitet immer weiter voran. Den MDRfragt-Teilnehmenden bereitet das Sorge. Sieben von zehn befürchten, dass sich die Menschen dadurch im Job überfordert fühlen könnten. Das zeigt die nicht repräsentative, aber gewichtete Befragung von MDRfragt. Mehr als 23.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben daran teilgenommen.
Die Automatisierung und Digitalisierung wird unsere Arbeitswelt stark beeinflussen, davon gehen die meisten MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer aus. So finden 73 Prozent, dass diese Prozesse nahezu alle Berufsbilder nachhaltig verändern werden. Dabei macht sich ein Großteil Sorgen, dass der technologische Fortschritt so schnell und einschneidend ist, dass viele Menschen im Arbeitsalltag davon überfordert sein könnten.
Was den Befragungsteilnehmenden auch zu denken gibt, ist der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen. Zwei Drittel gehen davon aus, dass durch die Digitalisierung und Automatisierung viele Berufsbilder abgeschafft und Jobs vernichtet werden könnten.
"Schaffen wir uns damit selbst ab?"
MDRfragt-Mitglied Annegret aus dem Landkreis Stendal, Jahrgang 1959, befürchtet zum Beispiel, dass Menschen mit geringerer Schulbildung oder Intelligenz sehr stark benachteiligt werden könnten: "Für sie wird es kaum Platz im normalen Arbeitsleben mehr geben. Sie werden dadurch abhängiger von Unterstützung." Die 23-jährige Marie aus dem Erzgebirgskreis treibt dagegen eine andere Sorge um: "Mit der Digitalisierung gehen aber auch traditionelle Dinge, vor allem im handwerklichen Bereich, wie Erfahrungen und Wissen, verloren."
Es gibt eine Frage, die viele MDRfragt-Mitglieder beschäftigt, und zwar die nach dem Kontrollverlust:
Wo ist die Grenze von Genie und Wahnsinn? Kann irgendjemand eine Garantie geben, dass der Mensch die Technik vollumfänglich beherrscht und nicht umgekehrt? Und wo führt die immer weiter entwickelte Technik noch hin? Schaffen wir uns damit selbst ab?
Bedarf an Arbeitskräften bleibt
Viele MDRfragt-Mitglieder haben uns aber auch geschrieben, dass sie den Fortschritt zwar wichtig finden - aber menschliches Handeln unersetzlich bleibt:
Wenn man genau ist, wird es immer Bedarf für Arbeitskräfte geben, selbst mit Künstlicher Intelligenz und allem. Gerade in kreativen Handwerken kann die Automatisierung nicht alles ersetzen. Das heißt, dass die Arbeit sich verändert, aber es wird auch Menschen geben müssen, die die Maschinen betreuen, die künstliche Intelligenz trainieren.
In der Pflege, Pädagogik, bei der Feuerwehr oder anderen sozialen Berufen ist der Mensch nicht zu digitalisieren.
Digitalisierung verschafft Zeit
Die Befragten sehen auch Positives durch den technischen Fortschritt. So sind 61 Prozent der Meinung, dass die Digitalisierung und Automatisierung dazu führen könnten, dass Menschen bei Standardaufgaben Zeit einsparen können und somit generell mehr Zeit zur Verfügung haben.
Zudem sind acht von zehn Befragungsteilnehmende der Ansicht, dass die Anforderungen der neuen Technologien für diejenigen gut zu bewältigen sein werden, die lernbereit sind und regelmäßig weitergebildet werden.
Die Politik ist gefordert
Bei der Neugestaltung des Arbeitsmarktes sehen die MDRfragt-Mitglieder die Politik in der Verantwortung:
Damit dieser Entwicklungsprozess in der Arbeitswelt die Zukunft bestimmt, müssen Menschen in der Schule und in der Ausbildung neue Wege beschreiten. Das erfordert von der Politik, eine deutlich höhere Verantwortung gegenüber der Bildungspolitik zu zeigen.
Große Mehrheit sieht Umbruch in der Arbeitswelt
Generell gehen die MDRfragt-Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, davon aus, dass die Arbeitswelt stark im Wandel ist, und zwar nicht nur in die Zukunft schauend, sondern auch rückblickend. So haben 85 Prozent angegeben, dass sich die Arbeitswelt in ihren Augen im letzten Jahrzehnt verändert hat. Und 88 Prozent nehmen das auch fürs nächste Jahrzehnt an.
Besonders Fachkräftemangel wird als Herausforderung gesehen
Vor allem den Fachkräftemangel sehen die Befragungsteilnehmenden als Faktor, der die Arbeitswelt in den nächsten zehn Jahren am meisten beeinflussen wird. Aber auch, dass Automatisierung und Digitalisierung sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Arbeitswelt am meisten Einfluss haben werden, glaubt knapp jeder Vierte.
Gutes Arbeitsklima und Freude sind das Wichtigste beim Job
Wir haben diejenigen MDRfragt-Mitglieder, die aktuell berufstätig sind, gefragt, was ihnen besonders wichtig ist, wenn es um ihre Arbeit geht. Für die deutliche Mehrheit sind es ein gutes Arbeitsklima, die Freude an der Arbeit und gute Bezahlung. Auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes und flexible Arbeitszeiten sind für die Mehrheit wichtig. Aufstiegschancen im Unternehmen spielen dagegen nur für knapp ein Viertel eine Rolle.
Was für die Befragten außerdem zählt, haben sie uns in den Kommentaren geschrieben:
Anerkennung für das geleistete und nicht nur Kritik, wenn mal was schief geht.
Nähe zum Wohnort ist ganz wichtig.
Auch die Kommunikation untereinander sollte auf freundlicher Basis fungieren.
Wenn es die Chefetage schafft, ihre Mitarbeiter so zu motivieren, dass jeder gern sein Bestes gibt, Kollegen sich gegenseitig wertschätzen und unterstützen, dann ist schon viel getan. Die Führungsetage sollte dabei immer als Vorbild vorangehen.
Über diese Befragung
Die Befragung vom 25.04. - 27.04.2023 stand unter der Überschrift:
Automatischer, schneller, flexibler - Wie wollen und werden wir künftig arbeiten?
Insgesamt sind bei MDRfragt 65.344 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 27.04.2023, 15.00 Uhr).
23.383 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen. 48 Prozent davon sind nach eigenen Angaben aktuell berufstätig.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 252 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.289 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 9.844 Teilnehmende
65+: 9.998 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 12.022 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 5.728 (24 Prozent)
Thüringen: 5.633 (24 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 10.411 (45 Prozent)
Männlich: 12.914 (55 Prozent)
Divers: 58 (0,2 Prozent)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR extra | 01. Mai 2023 | 17:50 Uhr