MDRfragt UN-Klimakonferenz: Mehrheit wünscht sich Zurückhaltung Deutschlands
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07. November 2022, 05:00 Uhr
Vom 6. bis 12. November werden auf der UN-Klimakonferenz in Scharm El-Scheich die Weichen für die künftigen weltweiten Klimaschutzanstrengungen gestellt. Doch angesichts von Energiekrise, Inflation und Ukraine-Krieg sollten diese abgeschwächt werden, findet die Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder. Von Deutschland wünschen sich die meisten Befragungsteilnehmenden eine zurückhaltende Rolle auf der diesjährigen Konferenz. Das sind die Ergebnisse der aktuellen Befragung von MDRfragt, an der sich knapp 24.000 Menschen aus Mitteldeutschland beteiligt haben.
Zwar wollen 43 Prozent der Befragungsteilnehmenden, dass Deutschland in diesem Jahr eine starke Vorreiterrolle auf der UN-Klimakonferenz einnimmt und auf möglichst weitreichende Klimaschutzziele drängt. Die Mehrheit – 53 Prozent – wünscht sich das jedoch nicht.
Warum sie eine Vorreiterrolle Deutschlands und die Forderung nach umfassenden Klimaschutzanstrengungen nicht für sinnvoll halten, begründen die MDRfragt-Teilnehmenden in den Kommentaren:
Was nützt die Vorreiterrolle Deutschlands, wenn in anderen Teilen der Welt kaum auf Klimaschutz geachtet wird?
Die größte Volkswirtschaft ist die USA, diese sollte die Vorreiterrolle ausfüllen.
Klimaschutz geht langfristig. In der derzeitigen Situation sollten Maßnahmen ergriffen werden, die die Versorgung absichern. Und dann so schnell wie möglich verstärkt die erneuerbaren Energien fördern. Ein kollabierter Wirtschaftsstandort Deutschland hilft niemandem.
Die Leute kämpfen ums Überleben. Ihnen ist das Klima herzlich egal.
Andere Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wünschen sich aber auch eine starke Rolle Deutschlands und weitreichende Klimaschutzmaßnahmen:
Deutschland ist in der Welt ein wichtiger Partner. Auf der Klimakonferenz müsste allen Ländern klar gemacht werden, dass wir nur eine Erde haben und alle dazu beitragen müssen, alle Klimaziele zu erreichen.
Der Um- und Ausbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist ja nicht nur mit Risiken verbunden, sondern sorgt ja vor allem dafür, dass wir auch wirtschaftlich den Anschluss nicht verlieren. Wenn wir jetzt nichts ändern, kommt uns das später teuer zu stehen.
Mehrheit fordert Abschwächung der Klimaschutzziele
Die deutliche Mehrheit (61 Prozent) der Befragungsteilnehmenden ist der Meinung, dass die Klimaschutzziele auf der diesjährigen Klimakonferenz angesichts der aktuellen Situation – Energiekrise, Inflation, Krieg – angepasst werden sollten. Ein Drittel denkt hingegen nicht, dass die Ziele niedriger angesetzt werden sollten.
Acht von zehn für Aufweichen der Klimaschutzziele zugunsten der Energiesicherheit
Konkret nach den einzelnen derzeitigen Problemen befragt, ist die Zustimmung zum Aufweichen der Klimaschutzziele noch größer.
- 81 Prozent der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer sind der Ansicht, dass die Klimaschutzziele für die Sicherung der Energieversorgung aufgeweicht werden sollten.
- 77 Prozent finden, dass Klimaschutzziele zugunsten des Inflationsausgleichs zurückgeschraubt werden sollten.
- Und 60 Prozent sind der Meinung, dass die Klimaschutzziele für den Erhalt unserer aktuellen Lebensweise zurückstecken sollten.
Dennoch wünscht sich Mehrheit auch ein Festhalten an bisherigen Klimaschutzvereinbarungen
Obwohl sich die Mehrheit aktuell fürs Aufweichen der Klimaschutzziele ausspricht, ist den meisten Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmern der Klimaschutz offenbar prinzipiell wichtig. Denn die Mehrheit ist ebenfalls dafür, dass an den in vorangegangenen Klimakonferenzen getroffenen Vereinbarungen festgehalten werden soll. Eine Abkehr von den Vereinbarungen fordern hingegen 41 Prozent.
UN-Klimakonferenz gilt zwar als wichtig, aber als erfolglos
Insgesamt betrachtet halten die MDRfragt-Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, die UN-Klimakonferenz zwar für wichtig. Rund zwei Drittel sind dieser Ansicht. Die überwiegende Mehrheit findet aber auch, dass sie keine Erfolge bringt. Nur 15 Prozent gehen davon aus, dass sie erfolgreich ist.
Warum sie der Klimakonferenz nichts abgewinnen können, schreiben die MDRfragt-Teilnehmenden in den Kommentaren:
Auf dieser Konferenz wird sicher wieder – wie bei vielen dieser Art von Konferenzen – viel geredet und heraus kommt heiße Luft!
Wie viel kostet diese Klimakonferenz mit den vielen Teilnehmern und wieviel Schaden werden der Umwelt durch die Anreise und Unterkunft zugefügt?
Was sollen die sinnlosen Konferenzen ständig. Die Erde braucht mehr Bäume. Das sind die wahren Kraftwerke der Natur und CO2-Killer sowie Luftkühler.
Andere Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer befürworten die Klimakonferenz aber auch:
Diese Konferenz ist wichtig, da die Einflüsse der Länder (positive und negative) sehr unterschiedlich sind. Aber alle haben Auswirkungen auf das Klima. Das gibt es nicht länderbezogen, sondern nur global.
Wir wissen doch genau, dass bei Verlassen des Konferenzsaales schon einige wissen, dass sie vieles nicht erfüllen werden. Dennoch halte ich es für richtig, immer wieder miteinander zu reden.
Akzeptanz für weltweit beschlossene Klimaschutzziele ist größer
Beim Thema Klimaschutz wird häufig kritisiert, dass es nicht zielführend sei, wenn lediglich einzelne Länder, etwa Deutschland, strenge Maßnahmen beschließen. Weltweite Formate wie die UN-Klimakonferenzen sollen daher einen global gültigen, einheitlichen Rahmen schaffen. 84 Prozent der Befragungsteilnehmenden haben angegeben, dass ihre Akzeptanz für Klimaschutzziele größer ist, wenn diese weltweit beschlossen werden und für alle Länder gleichermaßen gelten.
Über diese Befragung
Die Befragung vom 28.10.- 01.11.2022 stand unter der Überschrift:
Vollgas oder Sparflamme - wie weiter mit dem Klimaschutz in der Energiekrise?
Insgesamt sind bei MDRfragt 62.759 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 01.11.2022, 14 Uhr).
23.805 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 259 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.263 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 10.085 Teilnehmende
65+: 10.198 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 12.353 (52 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 5.798 (24 Prozent)
Thüringen: 5.654 (24 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 9.936 (42 Prozent)
Männlich: 13.816 (58 Prozent)
Divers: 53 (0,02 Prozent)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 07. November 2022 | 21:45 Uhr