MDRfragt - Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland Corona-Politik: Großes Unverständnis für Zickzack-Kurs der Regierung
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01. April 2021, 05:00 Uhr
Insbesondere in den letzten Wochen gab es viel Hin und Her bei den Regierungsentscheidungen zum Vorgehen in der Coronapandemie. Die MDRfragt-Gemeinschaft hat dafür überwiegend kein Verständnis. Das zeigt die aktuelle Befragung von MDRfragt, an der sich mehr als 25.000 Bewohnerinnen und Bewohner Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens beteiligt haben. Dass es über Ostern keine Lockerungen geben wird, findet die Mehrheit jedoch richtig.
Die Regierungsentscheidungen in der Corona-Krise glichen in einigen Punkten zuletzt einem Zickzack-Kurs: So wurde beispielsweise zunächst eine fünftägige Osterruhe beschlossen, wenig später jedoch wieder zurückgenommen. Der großen Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der aktuellen Befragung beteiligt haben, fehlt dafür das Verständnis (83 %). Lediglich 17 Prozent haben angegeben, dass sie für den Regierungskurs Verständnis haben.
Viele MDRfragt-Mitglieder haben uns zu diesem Thema in ihren Kommentaren geschrieben:
Warum ist es nicht möglich, für ganz Deutschland einheitliche Vorgaben zu verabschieden, ohne sich wochenlang zu streiten ohne erkennbares Ergebnis?
Die Regierung fährt auf Sicht. Langfristige Konzepte mit anpassbaren Stellschrauben fehlen.
Es ist vieles entweder zu langsam oder zu kurzfristig. (...) Grundsätzlich fehlt es an einer einheitlichen Linie, welche aber bei den vielen Mitwirkenden nicht möglich ist.
Einige haben aber auch geschrieben, weshalb sie den Regierungskurs nachvollziehen können:
Was viele Nörgler vergessen: Unsere Regierung besteht aus Menschen. Und Menschen machen Fehler. Ich finde nicht alles gut, was manchmal beschlossen wird, aber dazu haben wir eine Regierung gewählt, dass jemand Entscheidungen trifft. Und alle unter einen Hut zu bringen, war noch nie möglich.
Ehrlich gesagt möchte ich deren Job nicht machen. Jeder meckert. Viele wissen es anscheinend besser. Das nervt mich am meisten. Es ist sicher nicht alles richtig gemacht worden, aber ich bin sicher, die Bundesregierung tut ihr bestes, um die Bevölkerung zu schützen. Und das ist doch eigentlich das Hauptziel.
Ebenso groß wie das Unverständnis für das Hin und Her der Regierung ist auch die Unzufriedenheit mit dem Corona-Krisenmanagement von Bund und Ländern: 83 Prozent sind weniger zufrieden oder unzufrieden damit. Mehr als zwei Drittel (67 %) haben zudem angegeben, dass es der Regierung ihrer Meinung nach an einer erkennbaren Strategie fehlt.
"Ruhetage" zu Ostern hätte die Mehrheit nicht sinnvoll gefunden
Die zunächst beschlossene, dann wieder zurückgenommene Osterruhe hätte die Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder (58 %) nicht sinnvoll gefunden. 41 Prozent allerdings hätten sie begrüßt.
Viele haben uns geschrieben, dass sie den Nutzen einer solchen Ruhezeit anzweifeln. Anderen war die Entscheidung zu kurzfristig getroffen worden:
Als Verwaltungsmitarbeiterin in einer Klinik mit hohem Arbeitspensum seit einem Jahr durch zusätzliche coronabedingte Aufgaben, hätte ich mich persönlich sehr über das verlängerte Wochenende zum Ausruhen gefreut. Allgemein betrachtet war es für die Wirtschaft aber viel zu kurzfristig angeordnet.
Wahrscheinlich hätten auch fünf Ruhetage die dynamische Entwicklung der Fallzahlen nicht nachhaltig stoppen können.
Es war keine schlechte Idee, aber letztendlich nicht durchdacht. Es war völlig realitätsfern. Man hat an dieser Idee gemerkt, wie wenig die Politiker noch wissen, was bei den Menschen und in den Betrieben passiert. Kein Bezug mehr zur Basis.
Zustimmung für Ostern ohne Lockerungen
Generell befürwortet die Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder, dass es auch über Ostern keine Lockerungen der Corona-Maßnahmen geben wird. 60 Prozent finden dies richtig. 38 Prozent dagegen finden es falsch.
Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns in ihren Kommentaren auch geschrieben, dass sie sich sogar noch weitergreifende Verschärfungen wünschen würden und plädieren für einen kurzzeitigen, harten Lockdown:
Ein harter Lockdown wird in meinen Augen immer unumgänglicher. Dieser sollte jedoch mit etwas Vorlauf geplant und vorbereitet werden. Dann aber alles dicht machen, bis auf das allernötigste.
Eine knallharte Ruhezeit mal, ein überschaubarer Zeitraum von zwei Wochen bringt keinen um oder an den Rand des Ruins! Der Effekt wäre enorm wichtig und auch sichtbar in den Zahlen!
Ein Teilnehmer gibt jedoch zu bedenken:
Was nutzt ein erneuter, harter Lockdown, wenn sich keiner mehr daran hält?
Bereitschaft, sich an Regeln zu halten, weiter leicht gesunken
Die Bereitschaft, sich an die geltenden Corona-Regeln zu halten, ist in der MDRfragt-Gemeinschaft in den letzten Monaten tatsächlich gesunken. Seit Mai 2020 fragen wir immer wieder danach und seit Dezember ist zu beobachten, dass die Bereitschaft zurück geht. Auch diesmal sind wieder leichte Veränderungen sichtbar: So liegt erstmals seit Beginn der Befragungen zu diesem Thema der Anteil derjenigen, deren Bereitschaft ungebrochen hoch ist, bei weniger als der Hälfte (47 %). Zudem ist im Vergleich zur letzten Befragung Anfang März der Anteil derjenigen, deren Bereitschaft nach eigenen Angaben seit Längerem zurück gegangen ist, um 3 Prozentpunkte gestiegen (derzeit: 19 %).
Beim Blick auf die Altersgruppen fällt auf, dass bei den Jüngeren der Anteil derjenigen, die nach wie vor hoch motiviert sind, sich an die geltenden Regeln zu halten, besonders gering ist: Bei den 16- bis 29-Jährigen liegt sie bei einem Drittel, bei den 30- bis 49-Jährigen nur knapp darüber. Dagegen sind die ältesten Befragten am deutlichsten bereit, sich nach wie vor an die Corona-Maßnahmen zu halten.
Gut die Hälfte findet Osterurlaubs-Verbot falsch
Der Großteil der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, will über die Osterfeiertage zuhause bleiben (60 %). Mehr als die Hälfte (53 %) wollen jedoch jemanden besuchen oder Besuch empfangen. Für rund ein Fünftel fällt der ursprünglich geplante Osterurlaub aus. Viele hätten sich die Reisemöglichkeit, zumindest innerhalb Deutschlands, gewünscht: Die knappe Mehrheit (53 %) findet die Entscheidung falsch, dass jeglicher Urlaub innerhalb Deutschlands zunächst verboten bleibt. Richtig finden sie dagegen 41 Prozent.
Deutliche Mehrheit findet Urlaubsflüge derzeit nicht in Ordnung
Urlaub in Deutschland bleibt verboten – Flugreisen ins Ausland, beispielsweise nach Mallorca, sind dagegen erlaubt. Die überwiegende Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmenden (81 %) findet es nicht in Ordnung, dass derzeit Deutsche in den Urlaub fliegen. 14 Prozent finden es dagegen in Ordnung.
Auch zu diesem Thema haben uns einige MDRfragt-Mitglieder ihre Meinung geschrieben:
Ich finde es skandalös, dass Reisen in die Welt möglich sind, ohne eine 14-tägige Quarantäne für jeden Einreisenden, und Reisen in Deutschland verhindert werden. Das geht nicht unter einen Hut.
Die Mallorcaurlauber handeln egoistisch und unüberlegt. Die Folgen sind absehbar und wir rudern mit großen Schritten dem harten Lockdown entgegen.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum Urlaub auf Mallorca, in der Türkei, Ägypten oder Dubai möglich ist, aber nicht im eigenen Land. Ich bin Reiseverkehrskauffrau und kann das den Kunden wirklich nicht erklären. Im Reisebüro fühlt man sich wie am Sorgentelefon und oft als Prellbock.
Über diese Befragung
Die Befragung mit dem Titel "Zweites Ostern im Lockdown – unverhältnismäßig oder unumgänglich?" lief vom 26.-29.03.2021.
An der Befragung haben 25.143 Menschen teilgenommen. Aktuell sind bei MDRfragt 42.164 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen angemeldet.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 30 Jahre: 442 Teilnehmende
31 bis 50 Jahre: 4.393 Teilnehmende
51 bis 64 Jahre: 10.606 Teilnehmende
65+: 9.702 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 13.086 (52 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 5.878 (23 Prozent)
Thüringen: 6.179 (25 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Männlich: 52 Prozent
Weiblich: 48 Prozent
Die Befragungen sind nicht repräsentativ, aber sie werden nach statistischen Merkmalen wie Geschlecht, Bildung und Alter gewichtet. Die Gewichtung ist eine Methode aus der Wissenschaft bei der es darum geht, die Befragungsergebnisse an die real existierenden Bedingungen anzupassen. Konkret heißt das, dass wir die Daten der Befragungsteilnehmer mit den statistischen Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgleichen.
Wenn also beispielsweise mehr Männer als Frauen abstimmen, werden die Antworten der Männer weniger stark, die Antworten der Frauen stärker gewichtet. Die Antworten verteilen sich dann am Ende so, wie es der tatsächlichen Verteilung von Männern und Frauen in der Bevölkerung Mitteldeutschlands entspricht.
Dabei unterstützt ein wissenschaftlicher Beirat das Team von "MDRfragt". Mit dem MDR Meinungsbarometer soll ein möglichst breites Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen werden – mit möglichst vielen Teilnehmenden.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um zwei | 01. April 2021 | 14:00 Uhr