MDRfragt Knapp 60 Prozent haben sich in Putin getäuscht
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13. April 2022, 05:00 Uhr
Das Ansehen von Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich seit Beginn des Kriegs in der Ukraine bei vielen MDRfragt-Mitgliedern deutlich verschlechtert. Mehr als die Hälfte gibt an, dass sie sich in ihm getäuscht hat. Dennoch legt die große Mehrheit generell Wert auf gute Beziehungen zu Russland. Das zeigt die aktuelle Befragung von MDRfragt mit knapp 32.000 Teilnehmenden aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
58 Prozent der MDRfragt-Teilnehmenden haben angegeben, dass sie sich in Putin getäuscht haben. Ein gutes Drittel (35 Prozent) meint dagegen, den russischen Präsidenten richtig eingeschätzt zu haben.
Beim Vergleich der Altersgruppen wird deutlich: Es sind vor allem die Älteren, bei denen sich das Bild von Putin gewandelt hat. Je älter die Teilnehmenden, umso eher stimmen sie der Aussage zu.
In den Kommentaren verleihen die MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer ihrer Enttäuschung und ihren Sorgen Ausdruck:
Ich hatte immer gedacht, dass die ehemalige Sowjetunion zu den Guten zählt. Gerade der Zweite Weltkrieg müßte doch noch in lebhafter Erinnerung sein. Leider sind Putin und seine Leute im damaligen Großmachtdenken verhaftet geblieben. Das ist eindeutig ein Angriffskrieg und nicht zu rechtfertigen.
Ich bin total irritiert, was dieser Mensch, Putin, dort in der Ukraine anstellt. Bin hilflos und wütend zugleich.
Russland betrachtet uns als Feind und will uns schädigen. Wir können die Augen vor dieser Tatsache nicht länger verschließen und müssen der Wahrheit ins Auge blicken. Die Zeit der Putinversteher ist vorbei!
Andere drücken aber auch Verständnis für Putin aus:
Der einzige Weg aus diesem Dilemma sind ordentliche diplomatische Verhandlungen. Stellen Sie sich doch mal selbst vor: Sie haben einen Nachbarn, der Ihnen ständig verbietet, diese und jene Dinge zu tun, er verbreitet Lügen und vergisst dabei, vor seiner eigenen Haustür zu kehren. Irgendwann haben Sie die Nase davon so voll, dass Sie zurückschlagen. In der ersten Wahlperiode von Putin schlug er in seiner Rede vor dem Bundestag vor, daß man gemeinsam in Europa arbeiten müsse. Doch interessiert hat das die wenigsten.
Putins Ansehen hat sich deutlich verschlechtert
Mehr als zwei Drittel der MDRfragt-Teilnehmenden (69 Prozent) haben zudem angegeben, dass ihr Bild von Putin heute schlechter ist als noch vor ein paar Wochen. Ein gutes Viertel sagt, dass es vor dem Krieg in der Ukraine dasselbe über Putin dachte wie jetzt. Lediglich zwei Prozent haben heute ein besseres Bild von Putin.
Beziehungen zu Russland seien langfristig gestört
96 Prozent der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer – also so gut wie alle – gehen davon aus, dass die Beziehungen zu Russland aufgrund des Kriegs in der Ukraine auf lange Zeit gestört sind. Dass der Krieg die Beziehungen nicht langfristig beeinträchtigt, glauben nur vier Prozent.
In den Kommentaren schreiben die Teilnehmenden, weshalb die Beziehungen in ihren Augen gestört sind:
Das Vertrauen ist weg. Solange Putin und sein innerer Kreis an der Macht sind, können die Beziehungen zu Russland nicht gut, höchstens vorsichtig sein.
Die Beziehungen zu Russland können sich erst wieder normalisieren, wenn Putin vor Gericht steht und verurteilt wird. Aber es wird wahrscheinlich nicht mehr so wie vor dem Krieg.
Rund 80 Prozent sind gute Beziehungen zu Russland wichtig
Und dennoch halten es 79 Prozent der MDRfragt-Teilnehmenden für wichtig, dass Deutschland gute Beziehungen zu Russland pflegt. Allerdings hat dieser Wert abgenommen. Als wir im Februar, kurz vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine, schon einmal danach gefragt hatten, hielten mit 93 Prozent noch so gut wie alle Teilnehmenden gute Beziehungen zu Russland für wichtig.
In den Kommentaren berichten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, warum ihnen gute Beziehungen zu Russland wichtig sind und welche Wünsche sie für die Zukunft haben:
Deutschland und Russland waren viele Jahre eng verbunden. Es leben dort viele tolle Menschen. Man sollte die Bevölkerung nicht mit Putin gleichsetzen.
Wenn Putin und seine Getreuen weg sind, kann und wird es einen regen Austausch in den Bereichen Bildung und Forschung, Kultur und Tourismus sowie natürlich auch in der Wirtschaft und Industrie geben.
Russland gehört zu Europa. Man sollte nicht alle Handelsbeziehungen kappen. Das müsste man dann noch mit vielen anderen Staaten machen. Es gibt genug, die keine Demokratien sind. Es wird auch eine Zeit nach Putin geben.
Über diese Befragung
Die Befragung vom 08.04.- 11.04.2022 stand unter der Überschrift:
Krieg in der Ukraine – wie sollen wir mit Russland umgehen?
Insgesamt sind bei MDRfragt 60.463 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 60.948 Menschen, 14 Uhr).
31.691 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 411 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 4.854 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 13.294 Teilnehmende
65+: 13.132 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 16.284 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 7.731 (24 Prozent)
Thüringen: 7.676 (24 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 13.865 (44 Prozent)
Männlich: 17.755 (56 Prozent)
Divers: 71 (0,2 Prozent)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 12. April 2022 | 16:30 Uhr