MDRfragt zum Tag der Pressefreiheit Rund die Hälfte sorgt sich um Pressefreiheit in Deutschland
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03. Mai 2022, 05:00 Uhr
Die zunehmende Zahl von Angriffen auf Jorunalisten in Deutschland besorgt einen Großteil der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer: Zwei Drittel fürchten, die Entwicklung könnte sich negativ auf den freien Journalismus auswirken. Fast die Hälfte bewerten den Zustand der Pressefreiheit bei uns schlecht. Das ist das Ergebnis der aktuellen Befragung von MDRfragt mit knapp 29.000 Teilnehmenden. Aus der Befragung geht auch hervor, dass das Vertrauen in die Medien im letzten Jahr deutlich gesunken ist.
Die Situation der Pressefreiheit in Deutschland insgesamt betrachtet, bewerten sie 52 Prozent der Teilnehmenden – und damit etwas mehr als der Hälfte – zwar als gut. Allerdings geben auch 44 Prozent an, dass sie das Gefühl haben, es sei schlecht um die Pressefreiheit bestellt.
Angriffe auf Journalisten: Sorge um negative Auswirkungen auf Journalismus
Auch hierzulande nehmen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten zu, Teile der Bevölkerung sind immer weniger bereit, mit ihnen zu reden. Rund zwei Drittel (64 Prozent) der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, bereiten diese Entwicklungen Sorgen – sie befürchten, dass sie negative Auswirkungen auf den Journalismus in Deutschland haben könnten.
In den Kommentaren schreiben die Teilnehmenden, was sie über die Angriffe denken:
Freier und unabhängiger Journalismus ist wichtiger als je zuvor.
Eindeutige Unterstützung des freien Journalismus durch die Politik sowie schnelle und konsequente Verurteilung, wenn es sich um Straftaten handelt.
Es gibt zu viele schwarze Schafe, die diesen Beruf in ein böses Licht rücken. Zum Beispiel bei Demos werden, gefühlt, nur die sinnfreien Kommentare im TV gesendet.
Der Hälfte mangelt es an Vertrauen in deutsche Medien
Wenn es um das Vertrauen der MDRfragt-Mitglieder in die deutschen Medienanbieter geht – von Zeitungen bis zu TV- und Radiosendern inklusive Online- und Social-Media-Angeboten – dann ist die Meinung gespalten: Die Hälfte (50 Prozent) hat angegeben, wenig bis kein Vertrauen zu haben. 48 Prozent haben dagegen Vertrauen.
Vertrauen in Medien deutlich gesunken
Im vergangenen Jahr hatten wir im gleichen Zeitraum die Frage nach dem Vertrauen in die deutschen Medien gestellt. Damals war der Anteil derjenigen, die Vertrauen haben, mit 60 Prozent noch deutlich höher.
Bitte beachten Sie: MDRfragt ist ein Angebot des Mitteldeutschen Rundfunks mit selbstrekrutierten Mitgliedern. Es ist naheliegend, dass ein Großteil der Mitglieder auch die Programme des MDR nutzt und rezipiert, was Einfluss auf die Ergebnisse der Befragung haben könnte.
Mehr als die Hälfte empfindet Corona- und Ukraine-Berichterstattung in Deutschland unausgewogen
Mehr als die Hälfte (56 bzw. 55 Prozent) der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer empfindet die Berichterstattung der deutschen Medien über die Corona-Krise und den Krieg in der Ukraine als unausgewogen. Rund vier von zehn bewerten sie dagegen als ausgewogen (41 bzw. 40 Prozent).
Was die Teilnehmenden an den Medienberichten kritisieren, schreiben sie in den Kommentaren:
Wir vermissen häufig eine ergebnisoffene Diskussion mit allem Pro und Contra ohne Ideologie und Stigmatisierung.
Zum Thema Corona hätte ich mir mehr öffentliche Aufklärung / Erklärung gewünscht.
Zum Teil wurde die Kluft zwischen Gegnern und Befürwortern der Corona-Maßnahmen durch die Berichterstattung vergrößert. Auch wenn viele Positionen, z.B. der "Montagsspaziergänger", auch in meinen Augen mehr als fragwürdig sind, so halte ich es dennoch für wichtig, ein Mindestmaß an Respekt und Ratio einzuhalten.
Bezüglich der Ukraine-Krise hat man manchmal den Eindruck, dass alles glänzt, was die Ukraine sagt und die Medien zu unkritisch sind.
Andere Teilnehmende zeigen sich mit der Berichterstattung aber auch im Großen und Ganzen zufrieden:
Teilweise wird zu viel, zum Beispiel beim Ukraine-Krieg, berichtet. Umfangreiche Berichterstattung geht sicherlich auch kurz und knapp. Ansonsten bin ich mit der Berichterstattung zum Ukraine-Krieg zufrieden. Meine Hochachtung gilt dabei den Reportern vor Ort, die sicherlich keinen leichten Job haben.
Ich lese eine überregionale Zeitung und informiere mich über Politik bei den öffentlich-rechtlichen Medien. Ich habe schon den Eindruck, dass die Journalisten sehr verantwortungsvoll mit ihrer Aufgabe umgehen.
Mehr als die Hälfte findet öffentlich-rechtliche Medien glaubwürdig
Wenn es um die Information über aktuelle politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Themen in Deutschland geht, dann stuft mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragungsteilnehmenden die öffentlich-rechtlichen Medien als glaubwürdig ein. Rund ein Drittel bewertet Gespräche im privaten Umfeld (34) sowie Verlagsprodukte (31 Prozent) als glaubwürdig.
Auch Vertrauen in Öffentlich-Rechtliche ist gesunken
Auch hier gibt es Veränderungen im Vergleich zur Befragung vom Vorjahr: So ist der Anteil derer, die die öffentlich-rechtlichen Medien glaubwürdig finden, gesunken (von 64 auf 55 Prozent). Zudem hat das Ansehen von Verlagsprodukten im letzten Jahr bei der MDRfragt-Gemeinschaft gelitten (von 37 auf 31 Prozent).
Fake News haben in den Augen der Teilnehmenden zugenommen
Bei der Frage nach dem Aufkommen und der Verbreitung von Fake News – also falschen Informationen, die hauptsächlich über das Internet verbreitet werden – sind 86 Prozent der Befragungsteilnehmenden der Meinung, dass diese in den letzten zehn Jahren zugenommen haben.
Drei Viertel fordern mehr Einsatz der Politik gegen Fake News
77 Prozent finden, die Politik sollte stärker gegen das bewusste Verbreiten von falschen Nachrichten vorgehen. 12 Prozent sehen dagegen keinen Handlungsbedarf.
Hier einige Beispiele, was sich die MDRfragt-Mitglieder darunter vorstellen:
Einen gesetzlichen Rahmen schaffen, der den Handelnden die Möglichkeiten gibt, diese Instrumente zu entlarven und zu reglementieren.
Rigoroser löschen. Das Verbreiten von Fake News hat nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun.
Einige Mitglieder bezweifeln aber auch, dass die Politik tatsächlich etwas gegen Falschnachrichten tun kann:
In einer globalisierten Welt wird es schwierig werden, im nationalen oder europäischen Kontext wirksame Regelungen zu finden. Außerdem ist der Grat zwischen Meinungsfreiheit und Zensur recht schmal. Das Thema wird ja auch seit Jahren intensiv diskutiert.
Die Politik kann gegen Fake News nichts tun. Hier ist die sorgfältige Aufbereitung der Medienhäuser gefragt.
Über diese Befragung
Die Befragung vom 22.04.- 25.04.2022 stand unter der Überschrift:
Medien und Arbeitswelt im Wandel: Welche Rolle spielen Corona-Krise und Ukraine-Krieg?
Insgesamt sind bei MDRfragt 61.264 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 25.04., 16 Uhr).
28.812 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 398 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 4.568 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 12.181 Teilnehmende
65+: 11.665 Teilnehmende
Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 14.868 (52 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.981 (24 Prozent)
Thüringen: 6.963 (24 Prozent)
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 12.735 (44 Prozent)
Männlich: 16.011 (56 Prozent)
Divers: 66 (0,2 Prozent)
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! Wie frei ist unsere Presse? | 02. Mai 2022 | 22:10 Uhr