Der Redakteur | 22.01.2024 Nach Panne im "Tatort": Wie komplex ist der Ton beim Fernsehen?
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22. Januar 2024, 19:07 Uhr
Wie Sie hören, hören Sie nichts: Der neueste ARD-Tatort startete im Fernsehen für viele Zuschauer ohne Dialog-Tonspur. Was war da passiert und wie komplex ist eigentlich der Ton beim Fernsehen?
Wir sind bei Dolby Digital, einem Heimkino-Tonsystem, das mehrere einzeln abgespeicherte Kanäle verarbeitet. Und die sollten alle ankommen. Die berühmten "5.1-Anlagen" haben vier Lautsprecher in allen Ecken, einen vorn in der Mitte ("Center") und einen Subwoofer irgendwo versteckt, der für die Bässe zuständig ist. Im Ergebnis haben wir im besten Falle einen Raumklang und das Gefühl, mittendrin zu sitzen.
Das Gefühl war beim SWR-Tatort auch da, was fehlte, war laut ARD-Mitteilung die Center-Box, die in der Regel für die Dialoge zuständig ist. Stumm gelaufen. Die Kommissare waren deshalb in den ersten Minuten ziemlich schweigsam. Ein nicht näher bezeichnetes Problem beim Ausspiel des Mehrkanaltons war die Ursache, hieß es.
Das kann passieren, wenn das Häkchen einer Spur nicht gesetzt ist oder beim Pult nicht die korrekten Einstellungen geladen wurden. Das "normale" Stereosignal war davon nicht betroffen. Das erklärt auch, warum einige Zuschauer von der Panne gar nichts mitbekommen haben, auch nicht diejenigen, die den Film in der Mediathek geschaut haben.
Die Sache mit dem Speicherplatz
Einzeln abgespeicherte Tonspuren sind sehr platzintensiv. Bei einem Zwei-Stunden-Film wäre eine normale DVD fast schon mit dem Tonsignal voll. Hier kommt die Datenkompression "Audio Coding 3 (AC-3)" zum Einsatz, die aus den Tonspuren die Signale oder Frequenzen entfernt, die das menschliche Ohr ohnehin kaum oder gar nicht hört. Damit kommen wir in einen speicherfähigen Bereich. Trotzdem gilt: Die Tonqualität leidet natürlich mit jeder Reduktion - wenn man es übertreibt, wird es hörbar.
Was haben wir vom Tatort verpasst?
Zum Glück waren die Protagonisten in den ersten Minuten ohnehin geplanterweise recht schweigsam. Die Bilder wirkten für sich, weshalb auch schon Internet-Nutzer auf Twitter witzelten, das könnte ein neuer künstlerischer Ansatz sein.
In den ersten fünf Minuten wohnten wir bildstark einem Überfall bei, verpassten anschließend nur ein "Hallo" und zwei "'n Ahmd" der Tatortermittler, sowie eine Erklärung der Spurensicherung, was dem Mordopfer widerfahren ist. Es folgen zwei "Tschüss" im Fitnessstudio und die Information der großen Cousins des inneren Täterkreises an ihren jüngsten Cousin David, dass die Oma morgen Geburtstag habe.
Das folgende nächtliche Hundebellen im halben Dorf haben wir ohnehin gehört, das kam nämlich aus allen Ecken und nicht aus der Center-Box. Dann verpassten wir noch die Fragen der Betreuerin der Kindereinrichtung an David, wo er denn mal wieder gewesen sei und die Lagebesprechung bei der Kripo, die bereits nach knapp neun Filmminuten bei der Erkenntnis angelangt war, dass der Überfall auf den Juwelier von der gleichen Truppe begangen wurde, die schon einmal auffällig war.
Im Gegensatz zu den Ermittlern hatten wir die Tätergruppe zu diesem Zeitpunkt sogar schon ziemlich sicher identifiziert, der Datenverlust bei der Center-Box war also letztlich zu verschmerzen und dann ging es auch schon mit voller Kapelle auf allen Spuren weiter.
In der Hauptrolle: Jungschauspieler Louis Guillaume aus Thüringen
Und mittendrin: Louis Guillaume. Er geht in Eisenach in die elfte Klasse und spielte jenen 13-jährigen David. In echt ist Louis bereits 16. Nach ein paar kleinen Auftritten auch bei Dr. Kleist, der Hauptrolle einer KiKa-Kinderserie und einer Romanverfilmung für das ZDF, war der Tatort die erste richtig große Hauptrolle.
Und dann gleich eine Tonpanne zum Karrierestart? Unbedeutend! Louis sah den Film beim großen "Private Viewing" am Sonntagabend mit Familie und Freunden in einem kleinen extra angemieteten Kinosaal mit knapp 50 Sitzen. Und der Saal hatte zum Glück Stereoton. Von der Panne bekamen sie somit erst später etwas mit - weil Lehrer nachgefragt hatten.
Die sind mit Louis übrigens sehr zufrieden, der ja einen innerlich ziemlich zerrissenen Jungen spielen musste. Zerrissen zwischen seiner kriminellen Familie und dem eigenen Anspruch an ein normales Leben voller Liebe, Anerkennung und Zukunft. Wie schwierig ist das Umschalten, wenn man selbst gut behütetet aufwächst, dazu cool und entspannt ist und dann einen unsicheren Charakter spielen muss aus einem kriminellen Familienumfeld? Auch um angespannt zu werden, gibt es Atemübungen, erklärt Louis: "Man macht ein paar Liegestütze, nimmt die Atmung auf, hält die Luft an und dann kommt das Angespannte vom Körper her alleine."
Anders als sein Film-David kennt Louis keine Schulprobleme, will vielleicht sogar Lehrer werden als solide Basis für das, was schauspielerisch noch kommen könnte. Ein Tatort ist dafür ganz sicher nicht das allerschlechteste Bewerbungsvideo.
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 22. Januar 2024 | 16:40 Uhr
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