Der Redakteur | 20.11.2024 Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung: Warum man gelbe Briefe immer beantworten sollte
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20. November 2024, 19:15 Uhr
Mahnverfahren können schnell zur Schuldenfalle werden. Und das besonders, wenn die gelben Briefe des Mahngerichts ignoriert werden. Die Fälle von Jana und Gisela zeigen exemplarisch, welche Fallstricke es gibt und wie man sich schützen kann.
Jana hat vor mehr als 15 Jahren einen Vertrag mit einer Freizeitpartner-Vermittlungsfirma aus dem Konsortium Julie GmbH, FSK und Kleeblatt abgeschlossen. Ihr abgeschlossener Vermittlungsvertrag kostete 2.000 Euro. Weil sich dieser jährlich verlängerte, kündigte Jana. Eine Bestätigung hat sie aber nie erhalten.
So verlängerte sich der Vertrag unbemerkt Jahr für Jahr, zu Kosten von jeweils 1.200 Euro und irgendwann kam Post vom Mahngericht. Der zum Konsortium gehörende Inkassodienst Cheminkasso GmbH trieb die Außenstände mit Hilfe des automatisierten Mahnverfahrens ein.
Für Mitteldeutschland ist das Mahngericht Aschersleben zuständig. Weil Jana auf die gelben Briefe des Mahngerichts nicht reagierte, wurden Vollstreckungsbescheide erwirkt. Mittlerweile hat sie für die ersten drei Verlängerungsjahre bereits 6.000 Euro gezahlt und aktuell läuft die Kontopfändung für die nächsten 6.000 Euro. Weitere Verfahren sind schon in Vorbereitung.
Was tun im Mahnungsfall?
1. Post sofort öffnen: Gelbe Briefe dürfen niemals ignoriert werden.
2. Widerspruch einlegen: Innerhalb von 14 Tagen muss dem Mahnbescheid widersprochen werden. So stoppt man das Verfahren. Dann ist die Gegenseite am Zug
3. Einspruch einlegen: Ist schon die nächste Stufe gezündet und der Vollstreckungsbescheid im Briefkasten: schriftlich und fristgerecht Einspruch einlegen.
4. Anwalt hinzuziehen: Besonders bei komplizierten Fällen kann rechtlicher Beistand sinnvoll sein.
Wenn Verstorbene angeblich Verträge abschließen
Auch Gisela aus Suhl hatte ein Problem mit Verträgen. Sechs Jahre nach dem Tod ihres Mannes erhielt sie Mahnungen für Bestellungen, die er angeblich getätigt haben soll. Schon das Bestelldatum offenbart: Das kann nur ein Irrtum sein - mit der vermutlichen Tendenz zum Betrug. Sie hat deshalb bei der Polizei Anzeige erstattet und befürchtet nun, dass die Firmen ebenfalls ein Mahnverfahren in Gang setzen.
Sie wird allerdings die gelben Briefe ernstnehmen und dem Gericht fristgerecht mitteilen, dass die Forderungen unberechtigt sind. Damit sollte die Angelegenheit erledigt sein. Leider zeigt die Erfahrung aber, dass die förmliche Zustellung des gelben Mahnbriefes viele Leute so sehr einschüchtert, dass sie einfach zahlen.
Das Problem ist bei vielen Leuten, wenn sie einen Mahnbescheid zugestellt bekommen, dass sie erst einmal Angst haben.
Wie funktioniert ein Mahnverfahren?
Ein Mahnverfahren ist ein vereinfachtes und automatisiertes Massenverfahren. Jeder seriöse Handwerker, dessen Rechnung nicht bezahlt wurde, kann ein solches Mahnverfahren starten. Aber auch unseriöse Firmen nutzen diese unbürokratische Möglichkeit, allerdings um schnelles Geld zu machen. Vor einigen Jahren waren es zum Beispiel Firmen aus Malta.
Um das Verfahren in Gang zu setzen, muss nur ein Internetformular ausgefüllt und an das Mahngericht geschickt werden. Das Gericht prüft dann nicht, ob die Forderung gerechtfertigt ist, sondern schaut lediglich, ob das Formular schlüssig ausgefüllt wurde. Dann geht der erste gelbe Brief an den vermeintlichen Schuldner raus. Widerspricht dieser nicht innerhalb der Frist von 14 Tagen, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen.
Auch dieser Bescheid kommt als gelber Brief und mit einer 14-tägigen Frist, innerhalb der man Einspruch einlegen kann. Tut man auch dies nicht, wird nach Ablauf dieser Frist die Forderung rechtskräftig und kann durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden. Das ist vergleichbar mit einem Säumnisurteil.
Warum man sich ganz einfach wehren kann
Die Mahnverfahren entlasten Gerichte enorm. Es muss nicht wegen ein paar hundert Euro ein aufwändiges Verfahren durchgeführt werden, auch mit Gerichtstermin, Verhandlung, Richter. Auch um Missbrauch zu verhindern, hat der Gesetzgeber die zwei Widerspruchs- und Einspruchsmöglichkeiten eingeschoben. Man muss sie eben nur nutzen.
Denn wenn der vermeintliche Schuldner dem Ansinnen widerspricht und das Gerichtsschreiben entsprechend beantwortet, ist der Gläubiger wieder am Zug. Er müsste dann tatsächlich ein "normales" Gerichtsverfahren beantragen, in dem auch Beweise vorgelegt werden müssen. Bedeutet: Spätestens hier machen sich Betrüger vom Acker. Sie leben aber recht gut von den Ängstlichen.
Wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, müssen die Antragsteller beweisen können, dass die Forderung gerechtfertigt ist. Unseriöse Firmen bauen darauf, dass die Empfänger der Mahnungen nicht reagieren.
Sofort zu handeln, das rät auch die Verbraucherzentrale und bietet Beratung an. Denn wenn ein Verfahren abgeschlossen ist – und sei es durch das Versäumen von Fristen – ist es rechtskräftig und in der Regel unumstößlich. Besonders ärgerlich: Die Verfahrens- und Inkassokosten trägt am Ende die unterlegene Seite. Die kommen nebst ordentlich Zinsen auf den Ursprungsbetrag obendrauf. Bei Jana verdoppelten sich die einzelnen Forderungen dadurch fast.
Dagegen hilft nur das rechtzeitige Wehren und Antworten auf die gelben Briefe, dann ist der Spuk vorbei. Denn dass eine Firma, die mit erfundenen Rechnungen oder belegbar unseriösen Methoden arbeitet, vor Gericht "ihr" Geld einklagt, wäre schon ein sehr optimistischer Versuch.
MDR (ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 20. November 2024 | 16:40 Uhr
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