Der Redakteur | 30.01.2025 Wie gut halten Plattenbauten?
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30. Januar 2025, 15:40 Uhr
Die Plattenbauten sind deutlich besser als ihr Ruf. Die monotone Gestaltung und die nicht sonderlich gut gelungene akustische Trennung zu den Nachbarwohnungen haben ihr Image beschädigt. Statisch ist aber alles gut. Auch nach 50 Jahren und mehr entsprechen die DDR-Bauten in Sachen Stabilität und Bauqualität sogar modernen Standards. Allerdings machen sie auch nicht so viel durch wie unsere Brücken.
Claus Asam vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung kam nach der Wende als junger Ingenieur aus dem Westen in die neuen Länder. Bedeutet: Er hatte am Anfang die mitunter hilfreiche kritische Distanz. Heute ist er in der Behörde der Plattenbauexperte mit der größten Erfahrung. Er hat alte Platten getestet, aus alten Platten Neues entstehen lassen und ein Dokumenten-Archiv aufgebaut, das noch nachfolgende Generationen nutzen können, um zu lernen oder zu bauen. Allerdings weiß auch er, dass die Platte bessere "Lebens"-Bedingungen hat als die Brücke.
Eine Brücke ist deutlich mehr belastet durch Verkehr und Klima. Sie ist im Winter ständig nass, oft mit Salzen belastet. Diese Art von Korrosionsbelastung hat der Wohnungsbau nicht.
Zwar wird natürlich auch ein Plattenbau nass, aber eben nicht dessen tragende Teile. Das sind nämlich die Innenwände und das würde den Bewohnern wohl auffallen. Brücken sind außerdem schwerer zu inspizieren, da wichtige Bauteile oft tief eingebettet sind. In Plattenbauten hingegen ist eine Kontrolle wesentlich einfacher und Schäden würden frühzeitig sichtbar werden.
Entscheidender Vorteil: Besserer Schutz vor Korrosion
Brückenbauwerke leiden oft unter Chloridkorrosion durch Streusalz, was dazu führt, dass Spannstähle ihre Festigkeit verlieren und geradezu zerschnitten werden. Die statische Sicherheit kann so unbemerkt sinken, bis es plötzlich zu einem Bruch kommt. Stichwort Carolabrücke in Dresden.
Die Plattenbauten der DDR sind diesbezüglich nicht gefährdet, erklärt auch Professor Angelika Mettke von der BTU Cottbus-Senftenberg, die hunderte Plattenelemente untersucht hat.
Chloride erwarte ich in einem Plattenbau überhaupt nicht. Wo sollten die herkommen? Im Wohnungsbau fehlen die chemischen Bedingungen, die zum unsichtbaren Zerfall der Stähle führen.
Und selbst wenn Wasser in eine Konstruktion eindringen würde, wäre ein Schaden schnell sichtbar. "Normal" rostende Stahlarmierungen, also ohne Chloride, dehnen sich nämlich aus. Weil die Betonüberdeckung bei Plattendicken von 20 Zentimetern nur wenige Zentimeter beträgt, würde der Rost zu sichtbaren Abplatzungen führen, was eine frühe Erkennung und Instandsetzung ermöglicht. Das ist bei Brücken anders.
Stiftung Plattentest - Prädikat: Sehr gut!
Untersuchungen in den 1990er-Jahren ergaben, dass Plattenbauten sogar besser gebaut waren als geplant und konstruiert. Damals hatte man ganze Blöcke abgerissen oder Stockwerke entfernt und wollte aus den Elementen neue Häuser bauen. Deshalb gab es Tests. Und auch die Investoren und Käufer der bestehenden Siedlungen wollten wissen, was sie da eigentlich kaufen.
Ich habe über 2.000 einzelne Platten untersucht. Die haben eher eine bessere Festigkeit, als das ursprünglich in den Projektierungsunterlagen ausgewiesen wurde.
Auch Claus Asam hat die Platten damals zum Testen zerstört, hat die Betonqualität untersucht und die Stähle freigelegt. Dabei hat er keine Schwachstellen gefunden, die statische Auswirkungen haben könnten.
Zum Beispiel wurde in den Außenbereichen bei den Verbindungsankern zwischen den statischen Innenwänden und den Waschbeton-Außenwänden Edelstahl verwendet. Man muss sich diese Konstruktion vorstellen wie eine Waffel mit Cremefüllung. Zwei Wände mit fünf Zentimetern Dämmung dazwischen. Und die beiden "Waffeln" sind eben verbunden mit nicht rostendem Stahl.
Ein außergewöhnlicher Belastungstest: das Flugzeugunglück von Cottbus
Auch wenn das Ereignis tragisch war und sieben Menschen ums Leben kamen: Ein beeindruckendes Beispiel für die Stabilität der DDR-Plattenbauten lieferte ein Ereignis am 14. Januar 1975 in Cottbus:
Eine MIG-21 der NVA mit Triebwerksausfall flog direkt in die Fassade, durchschlug das komplette Gebäude und schaute auf der anderen Seite wieder heraus. Weil sich das Kerosin schlagartig entzündete, entstand zudem ein Brand mit Temperaturen von rund 1.000 Grad Celsius.
Trotz dieser enormen Belastung blieb das Gebäude stabil und steht heute noch, die Löcher in der Fassade waren nach zwei Tagen wieder verschwunden, die DDR-Führung wollte den Vorfall auch nicht allzu bekannt werden lassen.
Das Gebäude ist nicht zusammengebrochen. Es hat gebrannt, aber die Konstruktion an sich blieb intakt. Die Plattenbauten sind wie ein stabiles Wabenmuster miteinander verbunden, was ihre enorme Tragfähigkeit erklärt.
MDR (ifl)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 30. Januar 2025 | 16:40 Uhr
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