Nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident von Bayern war Stoiber in Brüssel ehrenamtlicher Leiter einer EU-Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau. Mit seinen über 80 Jahren Lebenserfahrung hat Edmund Stoiber nun die Rolle als Mahner übernommen. Und er nimmt nicht nur die EU, sondern auch alle anderen Gesetzgeber in die Pflicht, zum Bürokratieabbau beizutragen. "Der Staat regelt heute unendlich viel mehr, als er überhaupt verwalten kann. Die Leute gibt es gar nicht, die das alles vollziehen können", sagt er unter anderem.
Bedeutet: Wenn es die Polizisten oder andere Beamte nicht gibt, die die Einhaltung eines Gesetzes kontrollieren, wird das Gesetz wenig Wirkung zeigen. Sein Vorschlag: Die Parlamente, die ein Gesetz beschließen, müssen dessen Vollzug mitdenken und das Problem nicht den Verwaltungen vor Ort überlassen, wo sich bekanntlich die Regelungen von allen Gesetzgebern türmen, also die von EU, Bund, Land, Landkreis oder Stadtrat.Was machen EU-Parlament und EU-Kommission?
Aus 5.000 Regelungen im Baurecht zu seiner Zeit als Bayerischer Innenminister, seien heute 20.000 geworden, erzählt Edmund Stoiber im MDR THÜRINGEN-Interview. Das sind zu viele, auch wenn die Ansprüche zum Beispiel an den Umweltschutz gestiegen sind. Doch es brauche nicht nur weniger Regeln, sondern auch weniger Anträge und Genehmigungen. Wer etwas baut, muss die bestehenden Regeln einhalten, das wird kontrolliert und sanktioniert, vorherige Anträge und Einreichungen unterschiedlichster Art bei den Behörden, gehörten auf den Prüfstand.
Doch nicht alle sehen die Gesetzesflut kritisch. Als Edmund Stoiber im November 2007 in Brüssel zum ehrenamtlichen Leiter der Bürokratieabbau-Arbeitsgruppe wurde, hat er nicht gedacht, dass es darin auch Mitglieder geben wird, die noch mehr Regeln wollten. Das war sicher mit guten Absichten verbunden, zum Schutz von Umwelt oder Arbeitnehmerrechten und trotzdem: Edmund Stoiber wünscht uns den Mut, auch einmal etwas ungeregelt zu lassen, wohlwissend als Jurist, dass da gerade in Deutschland die Angst mitschwingt, sich angreifbar zu machen. Und da sind wir wieder direkt bei den von uns gewählten Abgeordneten.