Kris Clyburn sitzt während der Podcast-Aufnahme auf seiner Couch. Fünfte Etage eines Plattenbaus, Zwei-Zimmer-Wohnung mit Balkon, gestellt vom Verein. Recht spartanisch eingerichtet, aber mit allem, was man zum Leben braucht.
Aber etwas Wichtiges, das Wichtigste für ihn fehlt: seine Familie. Freundin Karla und Tochter Kiyana sind zuhause in den USA. Ihren Besuch im März kann der 26-Jährige kaum abwarten – auch, wenn er sie in der Länderspielpause Mitte Februar ohnehin für ein paar Tage im heimischen Las Vegas besucht.
Mit 15,8 Punkten im Schnitt ist Kris Clyburn in dieser Saison der beste Werfer des Syntanics MBC, einer der besten Punktesammler in der gesamten Basketball-Bundesliga (BBL) überhaupt. Er ist zurück, vielleicht sogar so stark wie nie zuvor – und das nach einer Zeit, die er als härteste seines Lebens beschreibt.
Folge 13 von "Ostball" in der Übersicht:
Das Thema
Kris Clyburn weiß, wie das Geschäft läuft. Er weiß, dass Basketball-Profis aus den USA in Europa abliefern müssen. Und zwar immer. Ganz gleich, was sonst gerade so in ihrem Leben passiert. Sonst endet ihr Engagement ganz schnell – und sie werden ersetzt.
Deshalb zog Clyburn die vergangene Saison – er spielte in Israel und der Türkei – auch durch. Und das, obwohl der 26-Jährige privat gerade ein bitteres Schicksal durchlebte.
Bereits zehn Tage nach ihrer Geburt im Oktober 2021 vermuteten die Ärzte einen Hirntumor bei seiner Tochter Kiyana. Im Dezember dann die bittere Gewissheit: Kiyana hatte Krebs.
Clyburn hielt die Fassade des unverwundbaren Profisportlers bis zum Saisonende aufrecht. Er spielte, wie er selbst sagt, die schlechteste Saison seiner Karriere. Danach kehrte er in die USA zurück – und stand nicht mehr auf dem Parkett, sondern saß monatelang am Krankenbett.
Inzwischen geht es seiner Tochter besser. Die Chemotherapie schlug an. Kris Clyburn konnte seine Karriere fortsetzen, unterschrieb im Herbst 2022 beim Syntainics MBC – und will mit Weißenfels in dieser Bundesliga-Saison nun Geschichte schreiben.
Im Podcast spricht der US-Profi über Heimweh, seinen berühmten Bruder und seine zweite Familie.
Die Gäste
Diese Episode von "Ostball" ist anders als die bisherigen. Denn für gewöhnlich sprechen immer mehrere Gäste über das jeweilige Thema der Folge.
Doch die Geschichte von Kris Clyburn und seiner Familie ist so eindringlich, vor allem so persönlich, dass seine Worte für sich stehen – und er der einzige Gesprächspartner in Folge 13 von "Ostball" bleibt.
Die spannendsten Aussagen
Über die Krebserkrankung seiner Tochter sagt Kris Clyburn: "Jeden Tag während der Chemotherapie bei ihr im Krankenhaus zu sein und zu sehen, wie sie leidet, war das Schlimmste. Weil wir einfach nichts tun konnten. Weil wir ihr nicht helfen konnten. Das war definitiv die schwerste Zeit meines Lebens." (ab Minute 19:00)
Über das Leben als US-Profi in Europa sagt Kris Clyburn: "Von seiner Familie getrennt zu sein, wird auch im Laufe der Jahre nicht einfacher. Ehrlich gesagt wird es für mich persönlich von Saison zu Saison eher schwieriger, weil du einfach zehn Monate im Jahr weg bist und unheimlich viel verpasst. Aber das ist mein Job." (ab Minute 03:20)
Über Vergleiche mit seinem älteren Bruder sagt Kris Clyburn: "Egal, wo ich auch bin, es heißt immer: der kleine Bruder von Will Clyburn. Natürlich ist das eine Bürde, aber es spornt mich eher an. Mein Bruder hat eine großartige Karriere in Europa und auch mir den Weg geebnet." (ab Minute 05:15)
Über die Saison beim Syntainics MBC sagt Kris Clyburn: "Wir gehören nicht in den Abstiegskampf. Das wollen wir in der zweiten Saisonhälfte beweisen. Und wir wollen versuchen, etwas historisches für den Verein zu erreichen und es in die Play-offs schaffen." (ab Minute 28:50)
Produziert wird der Podcast von Daniel George und Julien Bremer. Ihr erreicht Daniel George über Twitter, Instagram oder per Mail an ostball@mdr.de. Die Facebook-Gruppe zum Podcast findet ihr hier.