Bolgar: Wie Katharina die Große eine Stadt rettete
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21. Juli 2017, 18:24 Uhr
Wer eine Fluss-Kreuzfahrt von der Hauptstadt der autonomen Republik Tatarstan Richtung Kaspisches Meer unternimmt, für den ist Bolgar ein Muss. Die Stadt liegt etwa 200 km südöstlich von Kasan, dort, wo sich Wolga und Kama im Kuibyschewer Stausee, dem größten Europas, vereinen. Die Ruinen dort haben etwas Magisches und erzählen von der großen Vergangenheit der Tataren.
Zwischen dem 7. und 14. Jahrhundert war Bolgar die Hauptstadt und das islamische Zentrum des Bulgaren-Reiches an der Wolga. Während dieser Epoche entwickelte sich der Ort zum wichtigsten Umschlagplatz für den Handel vorrangig mit arabischen Ländern. Nach der Annexion durch Zar Iwan den Schrecklichen wurden russische Bauern dort angesiedelt. Sie nutzten die Überreste der durch die Kämpfe zerstörten Stadt als Baumaterial für ihre Häuser und Kirchen. Wäre Peter der Große nicht gewesen, würde das historische Zentrum und die archäologischen Komplexe heute nicht UNESCO Weltkulturerbe und Wallfahrtsort muslimischer Tataren sein. Katharina die Große informierte den Zaren nach einem Besuch Bolgars 1722 über den Raubbau. Daraufhin erließ dieser ein Dekret zum Erhalt der Ruinen, historisch betrachtet das erste russische Denkmalschutzgesetz. Die Moscheen fielen dennoch dem damals übereifrigen russisch-orthodoxen Bischof von Kasan zum Opfer.
Bolgar – Kuibyschew - Bolgar
Bolgar verlor immer mehr an Bedeutung. Die einst mächtige Tatarenmetropole verwandelte sich in ein Provinznest, das zu kommunistischen Zeiten in Kuibyschew (der Name eines Revolutionärs) umgetauft wurde. Während dieser Periode konnten die Muslime aus Tatarstan und anderen sowjetischen Regionen nicht an der großen Pilgerreise nach Mekka teilnehmen. Bolgar, das nach 1991 seinen ursprünglichen Namen zurück erhielt, war ihr Trost.
Harmonisches Nebeneinander verschiedener Religionen
Heute leben etwa 8.650 Einwohner in der Stadt, die mittlerweile zu einer touristischen Attraktion geworden ist. Die Ruinen haben etwas Magisches und erzählen von der großen Vergangenheit der Tataren. An der Stelle, wo sich zur Blütezeit Bolgars eine riesige weiße Moschee befand, steht seit einigen Jahren eine neue, direkt neben der russisch-orthodoxen Kirche. Wie auch in Kasan, ist das harmonische Nebeneinander der verschiedenen Religionen Teil der Kultur im Wolgagebiet. Noch steckt der Tourismus in den Kinderschuhen, aber er entwickelt sich. Am Rande der Sehenswürdigkeiten warten schon jetzt Händler in kleinen Marktbuden mit regionalen Köstlichkeiten und Souvenirs. Sie strahlen und ziehen fast jeden Besucher mit ihrer legendären Gastfreundschaft in den Bann.
Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV: MDR | 22.07.2017 | 18:00 Uhr