Hintergrundinformationen zur interaktiven Karte

05. Januar 2016, 09:32 Uhr

Wie hoch ist das Durchschnittseinkommen eines Ukrainers? Wie viele ethnische Russen leben in der Ukraine? Über welche Bodenschätze gibt es dort?

Flugrouten: Land am Rand von Europa

Die Krisendiplomatie läuft seit vielen Wochen auf Hochtouren. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier benötigt lediglich drei Flugstunden, um nach Kiew zu kommen. Ein Blick auf die Karte und schon wird klar: Die Ukraine ist nah und liegt im Spannungsfeld russischer und europäischer Interessen. Bemerkenswert dabei ist, dass es allerdings innerhalb Europas unterschiedliche Meinungen darüber gibt, wie mit der Krise umgegangen werden soll. Dass deutsche Bürger in dem Zusammenhang Verständnis für das russische Verhalten haben, löst in osteuropäischen Ländern wie Polen nur Kopfschütteln aus.

Bevölkerung: Reizthema russische Sprache

In den Bezirken Charkiw, Donezk, Luhansk und Saporischschja sind mehr als ein Viertel der Einwohner ethnische Russen, auf der Krim sogar mehr als die Hälfte. Sie haben Einfluss darauf, wie die Menschen im Land über eine Bindung der Ukraine an Russland denken. Dabei ist  nicht jeder dort lebende Russe für einen Anschluss an den großen Nachbarn. 31,8 Prozent von ihnen sind für die Vereinigung mit Russland, doch nur 8,7 Prozent der Ukrainer wünschen sich das. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Fonds demokratischer Initiativen und des Kiewer Internationalen Instituts vom Februar 2014.

Der Status der russischen Sprache in der Ukraine ist seit langem ein Reizthema. Unter Präsident Janukowitsch war sie 2012 als Regionalsprache freigegeben worden. Was die russische Minderheit als Segen empfand, bezeichneten Kritiker wie der frühere Präsident Kutschma als kontraproduktiv für die Ausprägung einer ukrainischen Nationalität und die Unabhängigkeit des Landes. In diesem Jahr verkündete die Übergangsregierung in Kiew sehr schnell, Russisch als zweite Amtssprache abschaffen zu wollen. Ein fatales Signal an die östlichen und südlichen Teile der Ukraine. Das Kabinett von Übergangspremier Jazenjuk nahm die Ankündigung kurze Zeit später wieder zurück.

Wirtschaft: Durchschnittverdienst unter 200 Euro

Mag die Ukraine uns geografisch auch recht nah sein, bezogen auf den Wohlstand trennen uns von den Menschen dort Welten. Ihr durchschnittlicher Verdienst liegt aktuell bei unter 200 Euro im Monat liegt. In Kiew, der Hauptstadt, sind es mit 300 Euro etwas mehr. Bei Mietpreisen, die nicht weit vom deutschen Niveau entfernt liegen, sind das absolute Niedriglöhne. Wohl dem, der Wohneigentum besitzt, und das sind allerdings nicht wenige. Eine Mietwohnung in Kiew kann sich ein Durchschnittsverdiener in Kiew jedenfalls nicht leisten.

Fast ein Fünftel der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, die den Westen der Ukraine prägt. Die Produktivität ist aber niedrig. Es gibt vor allem Kleinbauern, die die Landwirtschaft lediglich zur Selbstversorgung betreiben. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation könnte die Ukraine die Erträge dank ihrer fruchtbaren Schwarzerde und durch eine effektivere Bewirtschaftung mehr als verdoppeln.

Der Osten des Landes ist das Industriezentrum. Bergwerke und Stahlfabriken prägen dort das Bild. Doch sie sind alt und heruntergewirtschaftet. Der Modernisierungsbedarf ist gewaltig.

Pipelines: Gas aus Europa in die Ukraine

Die Ukraine ist mit ihren 39.800 Kilometer Erdgasleitungen und 13 unterirdischen Gasspeichern ein wichtiger Faktor für die Versorgung Europas mit Gas aus Russland. Doch nun in der Krise wächst die Gefahr eines Lieferstopps. Russland droht, den Gashahn zuzudrehen. Die Ukraine wäre das erste Opfer. Zur notwendigen Vorsorge soll Gas nun aus Europa Richtung Osten fließen. "Reverse Flow" heißt solch ein Fluss in Gegenrichtung. Über Leitungen aus Polen und der Slowakei wären Gaslieferungen in die Ukraine möglich. Damit könnte Russland ein gewichtiges politisches Druckmittel verlieren. Und schon kommen Geschäftsinteressen ins Spiel. Der deutsche Energie-Konzern RWE, der einen Großteil seines Gases aus Russland bezieht, will einiges von diesem Rohstoff nun gewinnbringend an die Ukraine verkaufen. Welche sonderbare Entwicklungen Krisen zur Folge haben können.

Bodenschätze: teurer Verlust der Krim

Die Erschließung reicher eigener Gas- und Ölvorkommen könnten die Ukraine in Zukunft vom russischen Gas unabhängig machen. Die Annexion der Krim durch Russland hat die Möglichkeiten dafür aber beschränkt. Fast 500 Öl- und Gasfelder - nutzbare und erkundete - sind durch die Abspaltung der Halbinsel erst einmal abhandengekommen. Nach russischen Schätzungen lagern auf der Krim 47 Millionen Tonnen Erdöl- und 165,3 Milliarden Kubikmeter Erdgasreserven. Unabhängig vom Verlust der Halbinsel ist die Ukraine insgesamt ein Land mit vielen Bodenschätzen. Im Osten, wo das derzeit hart umkämpfte Donezkbecken liegt, lagern Kohle, Eisenerz, Graphit und Mangan, im westlichen Gebiet Ivano-Frankivsk Erdöl, Erdgas, Braunkohle, Kalium, Sale und Kalkstein. Neben Tschechien baut nur die Ukraine in Europa Uran ab. Und was die so fruchtbare Schwarzerde betrifft, so verfügt das Land über 30 Prozent der weltweiten Vorkommen.

Karte der Ukraine
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