Medien Zensur in Polen? Rekordstrafe für Nachrichtensender TVN 24
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12. Dezember 2017, 17:07 Uhr
Der polnische Nachrichtensender TVN 24 soll ein Rekordbußgeld von mehr als 350.000 Euro zahlen. Der Grund: Berichte über Proteste gegen die Regierung vor einem Jahr. Nach Ansicht der Regulierungsbehörde wurden darin rechtswidrige Handlungen propagiert. Für weite Teile der polnischen Öffentlichkeit ist das ein klarer Fall von Zensur.
Stein des Anstoßes ist die Berichterstattung zur polnischen Parlamentskrise Mitte Dezember 2016. Aus Protest gegen die Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatten Demonstranten damals unter anderem die Ausgänge des polnischen Parlaments versperrt und so den PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski stundenlang am Verlassen des Gebäudes gehindert.
Die Art und Weise, wie TVN 24 darüber berichtete, hat nach Ansicht des Nationalen Rundfunkrats "rechtswidrige und die sicherheitsgefährdende Handlungen propagiert" und damit gegen das Rundfunkgesetz verstoßen. Dem Bußgeldbescheid läge die genaue Analyse von "einigen Hundert Stunden" Programm zugrunde, teile die Regulierungsbehörde mit. Worin die Verstöße konkret bestanden haben sollen, führte sie jedoch nicht aus.
Kritiker: Strafe als Zensurversuch
Kritiker betrachten das Bußgeld als Zensurversuch, da der Rundfunkrat überwiegend mit Anhängern der regierenden PiS-Partei besetzt ist. Medienexperte Wieslaw Godzic sprach im Portal "Wirtualne Media" von einem Einschüchterungsversuch: "Wenn der über die Pressefreiheit wachende Rundfunkrat zum Zensor wird, ist das für Journalisten das Signal: Berichtet so, dass wir zufrieden sind."
Die Strafe ist ein Skandal. Medien werden mundtot gemacht.
Für Aufsehen sorgt auch die Höhe der Geldbuße. Nach Darstellung des Rundfunkrats sei diese jedoch moderat, da die fragliche Summe von umgerechnet rund 352.000 Euro lediglich ein Prozent der höchstmöglichen Strafe beträgt, die laut Gesetz vom Jahresumsatz des zu bestrafenden Senders abhängig ist.
"Repolonisierung" der Medienlandschaft
Die PiS-Regierung erhöht seit einiger Zeit den Druck auf unabhängige Medien und plant eine "Repolonisierung" der Medienlandschaft. Nach Ansicht der PiS sind die größten Medienhäuser des Landes zu stark von ausländischem Kapital geprägt. Dies wird in PiS-nahen Kreisen oft als Grund für deren angeblich übertriebene, kritische Berichterstattung angesehen. In den Augen der PiS-Gegner sind hingegen private Medienunternehmen wie TVN 24 der letzte Garant für Pressefreiheit, nachdem die öffentlich-rechtlichen Medien zu einem Propaganda-Instrument der Regierung geworden seien.
TVN: Haltlose Vorwürfe
Der bestrafte Sender TVN 24 kündigte unterdessen an, gegen das Bußgeld gerichtlich vorzugehen. Die Vorwürfe seien haltlos. Die bloße Berichterstattung über Proteste, egal ob sie legal oder rechtswidrig seien, könne nicht als Anstiftung zu derartigen Handlungen interpretiert werden, teilte der Sender mit. Nach der gleichen Logik müssten auch Berichte über Verkehrsunfälle verboten sein, da sie zur Missachtung der Straßenverkehrsordnung anstiften könnten, argumentiert TVN 24.
(baz / DPA)
Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL im: TV | 17.12.2016 | 19:30 Uhr